Jochen Vogel ist Verwaltungsbetriebswirt und arbeitete seit 1988 bei der Gemeinde Motten, bevor er in seiner Heimatgemeinde 2002 ins Bürgermeisteramt gewählt wurde. Vogel war dort 18 Jahre Bürgermeister und zählte zu Beginn seiner Amtszeit mit 29 Jahren zu den jüngsten Gemeindechefs Bayerns. 2019 gab er bekannt, er werde 2020 in Motten nicht mehr kandidieren, da er sich beruflich verändern wolle. Dann kam alles anders. Man fragte ihn im September 2019, ob er für das Bürgermeisteramt in Bad Brückenau kandidieren wolle. Der damals 46-Jährige sagte zu.
Jochen Vogel: Natürlich bin ich mit Herzblut ins Amt gegangen. Dieses Amt kann man gar nicht anders machen. Es war schon immer so: Wenn ich sagte, dass ich mich irgendwo engagiere, dann richtig.
Vogel: Es hat mich irritiert, denn wer sich für die Stadtpolitik interessiert, die Haushaltsdebatten verfolgt oder das Stadtblatt liest, müsste wissen, was gespielt wird und wo es Sinn macht, schnell politisch einzugreifen und wo nicht. Bekannt dürfte auch sein, dass wir gerade an einem städtebaulichen Entwicklungskonzept für die nächsten 15 bis 20 Jahre arbeiten.
Vogel: Zunächst war es für mich wichtig, dass ich mich mit den Mitarbeitern in der Verwaltung ausgetauscht und in verschiedene Projekte eingearbeitet habe. Viel zu kurz kam die Öffentlichkeitsarbeit, das heißt, der Kontakt zu den Bürgern blieb auf der Strecke, weil die Leute während der Pandemie zu Hause bleiben mussten. Wir haben sogar hausintern Videokonferenzen gemacht. Nur die Stadtratssitzungen fanden in Präsenz statt.
Vogel: Wir haben schon damals versucht, das Thema Sinnflut voranzutreiben. Es gab Vorgespräche mit Architekten und Fachplanern. Die Frage war, ob ein Investor die Sinnflut übernehmen und dann auch von Fördergeldern profitieren könnte? Zudem war Mitte 2021 klar, dass die Plätze im städtischen Kindergarten nicht mehr ausreichen würden und der Brandschutz in der Wernarzer Kita im Ernstfall problematisch wäre. Nach einigem Hin und Her entschlossen wir uns als Übergangslösung für den Container-Kindergarten auf dem Bahnhofsgelände. In Volkers wurde in der Zeit der Bau des neuen Feuerwehrhauses in Angriff genommen, das demnächst eingeweiht wird. Wir haben auch einen Rahmenplan für das Bahnhofsgelände entwickelt. Inzwischen ist das Projekt aber zurückgestellt, weil uns woanders der Schuh deutlich mehr drückt.
Vogel: Uns sind in den vergangenen ein- bis eineinhalb Jahren immer mehr drängende Themen auf die Füße gefallen. Wir haben im Stadtgebiet 38 Brückenbauwerke, die alle sechs Jahre überprüft werden müssten. Es gab aber in den letzten 15 Jahren keine Überprüfung mehr. Im Alten Rathaus wurde plötzlich Schimmel im Keller entdeckt und die Dacheindeckung ist nicht mehr sicher, der Putz bröckelt. Deshalb haben wir die Touristinfo zur Sicherheit in die Georgi-Halle umquartiert. Und im aktuellen Rathaus reicht der Brandschutz nicht aus. Ein Gutachten liegt vor, aber es müsste kostenintensiv saniert werden. Die Frage ist für den Stadtrat, ob da nicht ein Neubau sinnvoller wäre.
Vogel: Meine körperliche Schwäche zu spüren und für den Moment zu akzeptieren. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war immer klar gewesen: Wenn ich etwas vom Kopf her will, dann geht das auch körperlich.
Vogel: Sie haben das super bewältigt. Beide stehen hinter mir, vielleicht sogar noch einen Zacken enger als früher.
Vogel: Ja natürlich. Als ich im Februar und März 2023 erst zwei, dann vier Stunden arbeitete, hab ich mich schon gefragt, wie das weitergehen soll. Inzwischen geht es mir deutlich besser. Manches ist aber schon wieder sehr intensiv, wie zum Beispiel die Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke Ende April, wo es auch um die Sinnflut ging. Oder die beiden Klausurtage des Stadtrats am vergangenen Wochenende. Da merke ich schon noch, dass ich an meine Grenzen komme.
Vogel: Ich arbeite sechs bis sieben Stunden täglich. Mit Jürgen Pfister und Dieter Seban habe ich darüber gesprochen, dass ich bis zum Sommer klar sehen möchte, ob ich mein gewohntes Arbeitspensum künftig wieder schaffen werde.
Vogel: Nein, es gab keine Kontroverse. Ich weiß, wer die beiden sind. Aber man kann nicht sagen, dass wir uns gut kennen. Ob es ein persönlicher Feldzug ist? (schmunzelt) Da müsste man die beiden mal fragen.
Vogel: Beides. Wir müssen sparsam bleiben und Pläne schmieden sowie kreativ sein. Es ist für den Stadtrat schwierig, weil es etliche Aufgaben zu bewältigen gibt. Wir müssen in mehreren Bereichen aktiv werden und versuchen, Fördergelder abzugreifen. Ich sehe das auch als Chance, etwas für die Stadt zu entwickeln.
Vogel: Zuerst der Ersatzneubau für die Sinnflut. Vier Förderprogramme kämen zur Finanzierung in Frage. Bei zweien sind wir in der Diskussion schon sehr weit und haben vieles mit den Planern abgestimmt. Ausdiskutiert werden muss auch die Frage, ob das Bad nach der Fertigstellung bei den Stadtwerken bleibt oder ein städtischer Eigenbetrieb wird. Priorität muss auch das Thema Rathaus-Neubau haben. Drei bis vier Standorte sind bereits in der Diskussion. Und wir müssen die Brücken-Sanierungen angehen. Dabei steht eigentlich die Wernarzer Brücke ganz oben auf der Liste.
Vogel: Die Komplettsanierung des Alten Rathauses und, wie gesagt, die Neugestaltung des Bahnhofsgeländes. Denn wer pflegt daheim im Garten die Blumen, wenn im Rücken das Haus brennt?