Seinen 50. Geburtstag hatte sich Jochen Vogel sicher anders vorgestellt. Aufgrund einer Corona-Erkrankung mit anschließendem Long Covid muss sich der Bürgermeister in Leben und Arbeit zurückkämpfen. Im Interview berichtet er, ob und wie ihm das gelingt, wie er sein Leben bisher bewertet und was er sich für die Zeit nach dem Jubiläum vorgenommen hat.
Herr Vogel, kürzlich haben Sie nach längerer Abwesenheit wegen Long Covid eine öffentliche Stadtratssitzung geleitet, waren auch sonst bei Terminen in der Öffentlichkeit präsenter. Wie hat sich das angefühlt?
Jochen Vogel : Es hat mir richtig gutgetan, wieder eine Sitzung leiten zu können und auch andere Termine "draußen" wahrnehmen zu können. Auch den nichtöffentlichen Teil hab ich noch unfallfrei zu Ende bringen können. Für eine Sitzung am Abend muss ich allerdings schon tagsüber genau hinschauen, was ich mache, damit ich abends noch ausreichend Energie dafür habe. Dazu gehört auch ein ausgedehntes Mittagsschläfchen...
In einem früheren Interview beschrieben Sie insbesondere die Erschöpfung, die Long Covid Ihnen bereitet. Kehren Ihre Kräfte - auch nach einer Reha - wieder zurück?
Die Reha hat leider nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Aber die Kurve zeigt nach oben. Es geht zwar langsam voran, aber es geht wenigstens voran. Ich denke, dass ich aktuell bei wieder gut 60 Prozent angekommen bin. Einige meiner Mitarbeiter erkennen es dann schon, wenn wir eine Besprechung erstmal beenden oder unterbrechen sollten.
Wie stark können Sie sich - zeitlich - in die Stadtpolitik einbringen? Geht da mehr als noch vor ein paar Wochen?
Mein Hausarzt hat mir drei Stunden täglich empfohlen. Das ist nicht allzu viel... Je nach Terminen und Programm sind es zwischen vier und sechs Stunden täglich. Dazwischen braucht es durchaus die ein oder andere Pause, wie das oben erwähnte Mittagsschläfchen, oder auch mal nichts tun und nur in die Natur schauen. Abends liege ich dann allerdings häufig mit den Kindern im Bett.
Und inhaltlich?
Inhaltlich stand ich ja, bis auf die Zeit der Reha, immer wieder mit einem Teil der Verwaltung sowie meinen beiden Stellvertretern in Verbindung und wir haben uns abgestimmt und beraten.
Zum 50. Geburtstag zieht man gerne Bilanz über die erste Lebenshälfte beziehungsweise blickt auf die zweite voraus.
Naja, das war schon 'ne harte Bremsung für mich. Das Resümee überlasse ich gerne andern. Ich bin grundsätzlich zufrieden. Daran ändern auch die letzten sieben Monate nichts. Ich hoffe natürlich, dass ich mich in der 2. Halbzeit möglichst bald wieder steigern kann und die vorherige Form wieder annähernd erreiche. Das ist halt die große Unbekannte dabei. Niemand kann mir sagen, ob's wieder so wird und wann es so weit ist. Mein persönliches Unwort des Jahres 2022, Geduld, ist hier nämlich weiter gefragt...
Hat sich Ihre Einstellung zum Leben mit der Covid-Erkrankung verändert?
Nein! Ich habe zu Aus- und Fortbildungszeiten, also vor ein paar wenigen Jahren (lacht), gerne mal flapsig gesagt, dass ich der Chef der Optimisten bin. Mein Blick geht klar nach vorne. Die letzten Monate haben mir zwar gezeigt, dass es schnell mal anders laufen kann. Aber nach jedem Tief kommt bekanntlich auch wieder ein Hoch.
Wie werden Sie Ihren 50. Geburtstag verbringen, im Rathaus oder daheim mit der Familie?
Ich bin den ganzen Tag daheim. Neben der Familie kommen auch Freunde zum Gratulieren vorbei. Eine große Party wird es allerdings keine geben. Als Gastgeber müsste ich vermutlich als erster diese Feier verlassen. Beim nächsten Geburtstag klappt das dann auch wieder besser.
Bedeutet Ihnen Ihr Jubiläum etwas oder ist es eine unbedeutende Wegmarke?
Wenn es der Herrgott gut mir mit meint, dann ist jetzt tatsächlich Halbzeit. Ich freue mich auf eine grandiose zweite Hälfte, in der ich hoffentlich bis zum Ende oben und unten dicht bleibe (lacht).
Was sind Ihre Ziele für die Zeit nach dem runden Geburtstag ?
Persönlich freue ich mich, wenn ich wieder Wandern gehen und Sport machen kann. Meine Kinder schaffen es momentan leicht weiter, als ich komme. Als Bürgermeister möchte ich dann die Dinge endlich wieder mit dem mir gewohnten Elan angehen können.
Das Gespräch führte Steffen Standke.