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Bad Brückenau
Bad Brückenau: Mit dem Rücken zur Wand
Finanziell geht es der Stadt schlecht. Der Willen zum Sparen muss ersichtlich sein, sonst bricht die Stabilisierungshilfe weg. Was das genau heißt.
Die Stabilisierungshilfen nutzt die Stadt zur Tilgung von Darlehen. Kommen nun noch mehr Schulden dazu, wird die Unterstützung entzogen.       -  Die Stabilisierungshilfen nutzt die Stadt zur Tilgung von Darlehen. Kommen nun noch mehr Schulden dazu, wird die Unterstützung entzogen.
Foto: Tobias Hase, dpa | Die Stabilisierungshilfen nutzt die Stadt zur Tilgung von Darlehen. Kommen nun noch mehr Schulden dazu, wird die Unterstützung entzogen.
Julia Raab
 |  aktualisiert: 14.06.2024 11:00 Uhr

Die Lage ist ernst. Das betont Kämmerer Markus Popp. Denn: Ist der Wille zu Einsparungen der Kommune nicht erkennbar, so ist die Stabilisierungshilfe in Gefahr. Die Finanzspritze bekommt die Stadt seit 2014 und ist an ganz strenge Vorgaben gekoppelt. „So wie der Haushalt im Moment aufgestellt ist, gibt es ab 2024 keine Stabilisierungshilfen mehr“, betont der Kämmerer .

Ende Mai soll nun eine neuer Haushalt auf den Weg gebracht werden. Das bedeutet, dass alle Ausgaben der Stadt, insbesondere die freiwilligen Leistungen, ganz genau auf den Prüfstand kommen. Die Stadt, sagt der Kämmerer weiter, verfüge über keine Rücklagen und kann nur auf Förderungen und Darlehen hoffen.

Investitionen zu hoch

Die Haushaltslage zum aktuellen Zeitpunkt weist einen Fehlbetrag im Ergebnishaushalt von über sechs Millionen Euro auf. Der Finanzhaushalt steht mit einem Fehlbetrag von über sieben Millionen Euro da. Die Ursachen liegen auf der Hand: „Massiver Investitionsstau, hohe freiwillige Leistungen, die Planung für den Ersatzneubau der Sinnflut sowie die allgemeinen Preissteigerungen beim Personal und der Energie“, fasst Popp zusammen.

Insbesondere die Kostenrechnung für die Sinnflut bereitet dem Kämmerer Bauchschmerzen. „Die Ausgaben bis 2026 sind exorbitant hoch.“ Nach aktuellem Stand liegt der Ersatzneubau bei mehr als 30 Millionen Euro . In der aktuellen Planung muss derzeit mit fünf Prozent Zinsen bei der Zwischenfinanzierung gerechnet werden.

Genehmigungsbehörden warnen

Hierdurch müssen im Jahr 2026 60 Prozent aller Erträge für Tilgung, Zinsen und Personalkosten aufgebracht werden. Dazu kommt noch ein hundertprozentiger Defizitausgleich ab der Wiedereröffnung. Das sind 1,5 Millionen Euro pro Jahr.

Eine Genehmigung der vergangenen Haushalte, sagt Popp weiter, „ist bezüglich der Therme deshalb immer warnend ausgefallen“. Im schlimmsten Fall würden keine weiteren Kredite genehmigt. Dies schätzt der Kämmerer als „sehr groß“ ein. Die Folge wäre die Handlungsunfähigkeit der Stadt.

Aus diesem Grund drängt der Kämmerer für den neuen Haushalt darauf, „bei den hohen freiwilligen Leistungen der Stadt mindestens 100.000 Euro einzusparen“. Bürgermeister Jochen Vogel ( CSU ) schiebt bei einer Leistung gleich den Riegel vor: Die Jugendarbeit als freiwillige Leistung soll auch weiterhin bestehen bleiben. Der Ansatz wird auf 5000 Euro gekürzt, da im Vorjahr nur 3000 Euro benötigt wurden. Auch die Vereine bekommen für ihren Nachwuchs weiterhin einen Zuschuss.

Kein Geld für Fahrradmuseum

Hingegen sei der Betrag für Schülerlotsen verhandelbar und die Arbeit könne beispielsweise von Eltern übernommen werden. Starke Abstriche muss das Fahrradmuseum machen. Hier soll der jährliche Zuschuss von bisher 26.100 Euro ab 2024 gestrichen werden. Die Musikschule hingegen soll weiterhin mit 30.000 Euro jährlich bezuschusst werden. Allerdings: Die Verwaltungskosten soll die finanzklamme Musikschule ab dem Haushaltsjahr 2024 selbst tragen.

Der Rotstift wird auch beim Bayerischen Kammerorchester angelegt: Dort wird die Finanzspritze auf 15.000 Euro reduziert. Der Zuschuss für die Bad Brückenauer Gitarrentage wird auf 1000 Euro gekürzt.

Ausschank selbst zahlen

Die Bad Brückenauer Vereine dürfen zukünftig nicht mehr mit einem Zuschuss für die Anmeldung von Veranstaltungen rechnen. Das seien laut Verwaltung aber sehr geringe Beträge pro Anmeldung und Ausschankgebühr. Auch müssen Vereine für Bauhofleistungen zukünftig selbst in die Tasche greifen. Popp konkretisiert: „Bauhofleistungen sind weiterhin möglich. Diese Kosten werden bei den Jahresabschlussarbeiten in der Kämmerei verrechnet. Gestrichen ist dieser Punkt aber nicht.“

Der neue Antrag auf Stabilisierungshilfen hat Popp bereits gestellt. „Es muss ein Wille zum Einsparen und Schulden abbauen sichtbar sein“, bekräftigt er. Bei der Neuverschuldung der kommenden Jahre geht er allerdings nicht davon aus, dass ab dem Haushalt 2024 der Antrag gewährt wird.

Spaßbad ist freiwillig

Dieter Seban ( CSU ), dritter Bürgermeister, ist hingegen der Meinung, dass die Stadt auch weiterhin die Stabilisierungshilfen erhält. Er verweist allerdings darauf, dass die Hilfen ein Auslaufmodell seien und deshalb die Stadt sich nicht ausschließlich darauf berufen dürfe.

Die Finanzlage sei „wie noch nie angespannt“, betont Dirk Stumpe (PWG). Ein Schwimmbad gehöre zu den Pflichtausgaben der Stadt, nicht aber ein Spaßbad. Deshalb sei Transparenz gegenüber der Bevölkerung wichtiger denn je. 

Nicht nur deshalb sollen im kommenden Haushalt mehr Einnahmen generiert werden , unter anderem über eine Erhöhung des Grundsteuersatzes von 350 auf 400 Prozent. Für die Kommune bedeutet das eine Mehreinnahme von 400.000 Euro mehr pro Jahr. 

Die Grundsteuer bleibt wegen der Neuberechnung auf dem aktuellen Niveau bei 350 Prozent. Auch in der Verwaltung kommen zukünftig mehr Kosten auf die Bürger zu. „Wir sind verpflichtet kostendeckend arbeiten“, betont Geschäftsleiter Michael Worschech. Das werde sich zukünftig in den Gebühren widerspiegeln. Konkrete Zahlen werden derzeit erarbeitet. 

Stabilisierungshilfen


Höhe Bad Brückenau erhält die Sonderform der Bedarfszuweisung vom Freistaat  seit 2014.  2022 durfte sich die Stadt über 1 Million Euro freuen. 2021 waren es 1,1 Millionen Euro und 2020 1,4 Millionen Euro. Hohe Förderquoten gibt es nur für Kommunen, die Stabilisierungshilfe erhalten. Diese sind wichtig für zukünftige Investitionen. 

Termin:

Das Thema Sinnflut und die nächsten Schritte in der Planung stehen am Donnerstag, 11. Mai um 19 Uhr auf der Tagesordnung im Stadtrat.

 

 

 

 

 
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