Seinen Spind hat Richard Ullrich noch nicht geräumt. Warum auch? Er ist jederzeit willkommen bei der Freiwilligen Feuerwehr in Zeitlofs (Landkreis Bad Kissingen). Auch, wenn Ullrich seit dem 8. Dezember 2022 kein aktiver Feuerwehrmann mehr ist. Denn mit seinem 65. Geburtstag hat er die in Bayern geltende Altersgrenze für Feuerwehrleute erreicht und darf deshalb nicht mehr das tun, was er voller Leidenschaft 47 Jahre lang getan hat - Menschen in Not helfen.
Richard Ullrich ist in Form. Der schlanke, groß gewachsene Mann hält sich mit Ausdauersport fit. Er fährt gerne und viel Fahrrad. Beim Zeiler Waldmarathon lief er vor gut einem Monat mehr als 42 Kilometer in einer Zeit von unter vier Stunden. Und seit er 50 Jahre alt wurde, musste sich Ullrich jährlich ärztlich untersuchen lassen, um für die Feuerwehr weiterhin als Atemschutzgeräteträger im Einsatz sein zu dürfen. Jahr für Jahr bestand er die Tests. Mit 64 Jahren war er bayern-, vielleicht auch deutschlandweit eine der ältesten Einsatzkräfte mit dieser wichtigen Zusatzqualifikation.
Der Freiwilligen Feuerwehr fehlt es sehr oft am Nachwuchs
Das ist Vergangenheit. Denn aktiven Dienst darf er nun nicht mehr leisten. Obwohl er es gerne tun würde: "An mir liegt es nicht", sagt er achselzuckend, "aber das Gesetz ist eben so". Ullrich hat sich damit abgefunden, er spricht ohne jeden Groll. Wünschen würde er sich trotzdem eine andere Lösung: "Es ist ja wie beim Autofahren. Manche haben mit 50 Jahren schon Probleme, andere fahren mit 90 noch sehr gut. Wenn man die Tauglichkeit der Feuerwehrleute jährlich untersucht, könnte man die Altersgrenze schon etwas nach oben verschieben, finde ich."
In Zeitlofs, nahe der bayerisch-hessischen Grenze bei Bad Brückenau gelegen, zählt die Freiwillige Feuerwehr momentan 39 aktive Mitglieder. Es waren schon einmal mehr, erinnert sich Ullrich. Aber auch schon weniger. "Wir können ganz zufrieden sein, bei uns nimmt es über die letzten Jahre ein wenig zu", sagt er. Damit bilden die Floriansjünger in Zeitlofs eine Ausnahme. Denn bundesweit klagen die Freiwilligen Feuerwehren über fehlende Mitglieder, insbesondere über Nachwuchssorgen.
Alexander Marx, Kreisbrandmeister im Landkreis Bad Kissingen und beim unterfränkischen Bezirksfeuerwehrverband zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, sagt: "Wie viele in der Vereinslandschaft haben wir auch bei den Feuerwehren ein Nachwuchsproblem. Die Frage ist, ob man das mit der Anhebung der Altersgrenze nur aufschiebt. Der Fokus sollte schon darauf liegen, noch mehr junge Leute für die Feuerwehr zu begeistern." Dafür gebe es trotz etlicher Werbungsinitiativen jedoch kein Patentrezept.
Laut Marx wird aber auch die Altersgrenze immer wieder diskutiert. "Einzelfälle wie der von Richard Ullrich sind natürlich schwer erklärbar. Das Austrittsalter ist im Bayerischen Feuerwehrgesetz so verankert. Wenn es eine Änderung geben soll, muss die der Gesetzgeber vornehmen. Wir als Verband haben einen gewissen Einfluss und es gab auch schon gewisse Vorstöße." Tatsächlich hat die Altersgrenze für Aktive bei der Feuerwehr sich über die letzten Jahre bereits von 60 Jahren auf zunächst 63 und später 65 erhöht. Das sei schon ein Erfolg gewesen, so Marx.
Im Fall von Richard Ullrich, sagt Marx, sei die Grenze freilich eine deutliche Zäsur. "Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass das Risiko für die Menschen mit dem Alter steigt. Ein Feuerwehrarzt würde wohl eher sagen, dass für verdiente Männer und Frauen halt irgendwann auch mal Schluss ist."
Der Nürnberger Klaus Friedrich ist Bundesfeuerwehrarzt des Deutsches Feuerwehrverbandes. Über dessen Pressestelle lässt Friedrich auf Anfrage der Redaktion nur mitteilen, dass aktuell keine medizinische Diskussion zur Altersgrenze im Feuerwehrdienst geführt werde. Die Altersgrenze sei unter den Aspekten der Prävention und der Effektivität der Wehr nicht nur im Feuerwehrwesen, sondern auch für die gesetzliche Unfallversicherung relevant.
Passive Mitglieder können die Feuerwehr in verschiedenen Funktionen unterstützen
Der Verband weist vielmehr auf die Einsatzmöglichkeiten verdienter Feuerwehrleute nach Erreichen der Altersgrenze hin. So sei es grundsätzlich möglich, dass Betroffene sich mit Versorgungsfahrten, Fuhrparkbetreuung, Gerätewartung, Öffentlichkeitsarbeit, Nachwuchswerbung, Jugendarbeit, Brandschutzerziehung oder -aufklärung einbringen.
Richard Ullrich wird der Zeitlofser Feuerwehr auf jeden Fall als passives Mitglied erhalten bleiben, sagt er. Wie genau das dann aussehen wird, da ist der Rentner, der früher als Kraftfahrer gearbeitet hat, sich noch nicht ganz sicher. Schließlich will er die zusätzlich gewonnene Freizeit auch nutzen, um sich noch mehr um seine vier Enkelkinder zu kümmern. "Die haben sich die Feuerwehrautos natürlich auch schon mit dem Opa angeschaut", erzählt Ullrich stolz. Mit der Nachwuchswerbung und der Jugendarbeit hat er also im passiven Dienst schon begonnen.
Genau so schaut es aus - wo ist das Problem? Es wird sich nur um wenige Fälle handeln, aber mancherorts sind vielleicht genau diese Personen sehr wichtig. Ob man einer Aufgabe gewachsen ist muss an der Fitness und geistigen Fähigkeit festgemacht werden, nicht allein am Alter.
Wenn man sieht in welcher Kürze und wie überhastet und unbeholfen in den letzten Pandemiejahren Gesetze geändert und erfunden wurden dürfte die Änderungs des Feuerwehrgesetzes ein Klacks sein.
Wenn ich das außerdem richtig verstanden hab, darf der 65jährige als fitter Feuerwehrler nicht mehr aktiv im Einsatz helfen trotz seiner Ausbildung und seines Wissens. Ein Laie hingegen ist verpflichtet bei einem Unfall als Ersthelfer Hilfe etc. zu leisten egal wie alt er ist und wie fähig er ist.
Eine Altersbeschränkung ist dort nicht verankert. Somit könnte er also auch ehemalige Aktive bzw. "Feuerwehrrentner" heranziehen.