Christian Hofmann ist gerade einmal neun Jahre alt, als das Haus seiner Eltern komplett abbrennt. Das Feuer greift schnell auf die nebenstehenden Gebäude des Aussiedlerhofes bei Hof in Oberfranken über – alles wird ein Raub der Flammen. Daran konnten die Feuerwehrleute, Nachbarn und Freunde nichts mehr ändern.
Aber "die schnelle und spontane Hilfe hat mich damals so beeindruckt, dass ich wusste: Ich will Feuerwehrmann werden", sagt der heute 39-Jährige über dieses schlimme Kindheitserlebnis. Mittlerweile ist er stellvertretender Kommandant der Feuerwehr in Höchberg.
Eine solch einschneidende Lebenserfahrung müssen zum Glück nur die wenigsten machen. Doch Hofmann und Kommandant Achim Roos würden sich wünschen, dass es wieder mehr in das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger rückt, dass ein solches Schicksal jeden treffen kann.
Werden Einsätze in Zukunft zum Problem?
Wie auch ein anderes alltägliches Szenario, zu dem die Freiwilligen Wehren mehrmals im Jahr ausrücken müssen: Öl in der Pfanne entzündet sich, die Küche steht Sekunden später in Flammen, die Wehr vor Ort muss schnell löschen. Was heute durch den raschen Einsatz vieler Ehrenamtlicher noch reibungslos funktioniert, könnte aber schon in naher Zukunft ein Problem werden. Denn vielen fehlt es an Nachwuchs.
So auch den Höchbergern. "Wenn die Entwicklung so anhält, ist bald niemand mehr zum Löschen vor Ort", sagt der Erste Kommandant Achim Roos. Ihm bereitet vor allem die Jugendmannschaft Sorge.
Aktuell sind es gerade einmal zehn Jugendliche und 54 Erwachsene, die in Höchberg aktiv sind. "Jeweils das Doppelte an Mitgliedern wäre mir tausendmal lieber", beschreibt Roos die missliche Lage, in der die Wehr schon länger steckt. Ganz abgesehen von der Corona-Pandemie, die vielen Vereinen zu Schaffen mache, habe Höchberg mit über 60 Vereinen so viele Möglichkeiten, sich zu engagieren, dass die Feuerwehr nicht automatisch die erste Adresse sei.
Ein weiterer Aspekt: "Wir sind einfach zu stadtnah", erklärt Roos. Ihm sei klar, dass die Jugendlichen nicht in allen Vereinen sein könnten und die Stadt mit ihren Freizeitangeboten lockt, doch "irgendetwas müssen wir tun, um die Feuerwehr als Verein wieder attraktiver zu machen und in den Fokus der Bürgerschaft zu rücken."
Es sei weniger das Problem, die Jugend zu gewinnen als vielmehr zu halten, so Roos. "Viele gehen zum Studieren irgendwann weg und es kommt niemand nach." Und Hofmann fügt hinzu, dass es stets positiv ist, wenn Zugezogene bereits woanders in der Feuerwehr waren und sich in Höchberg wieder anmelden. "Das ist jedes Mal ein Glücksgriff" – der allerdings zu selten vorkomme. Deshalb sei es von Vorteil, der Willkommensmappe, die jeder Neubürger von der Gemeinde erhält, einen Flyer der Feuerwehr beizulegen.
Eine Idee, der Bürgermeister Alexander Knahn aufgeschlossen gegenüber steht. Außerdem möchte er die neuen Dienstausweise der Kameraden bewerben. "Wir haben viele Firmen vor Ort, die die Feuerwehr sicherlich mit Rabattaktionen oder Gutscheinen unterstützen können", setzt Knahn auf die Solidarität der Höchbergerinnen und Höchberger. Außerdem soll der Ausweis künftig zu einem kostenfreien Eintritt ins Mainlandbad verhelfen.
Darüber hinaus sollen Schnuppertage während des Ferienprogramms und wieder Tage der offenen Tür stattfinden, um die Bevölkerung einerseits für die Brisanz zu sensibilisieren und andererseits die Tätigkeiten der Feuerwehr vorzustellen. Und diese sind vielfältig: Von durchschnittlich 100 Einsätzen im Jahr (78 waren es 2020) wird die Höchberger Wehr gut 20 Mal zu Brandeinsätzen gerufen, ansonsten zu technischen Hilfeleistungen wie beispielsweise Öl abzubinden oder Türen zu öffnen.
Und noch etwas treibt die Höchberger bei diesen Einsätzen um: "Gerade in diesen Situationen, in denen uns Polizei oder Rettungsdienste anfordern, damit wir Kranke oder Senioren aus einer misslichen Lage befreien, könnten wir viel mehr Frauen in der Wehr brauchen. Sie gehen psychologisch ganz anders an eine Sache heran und finden oft besser als Männer beruhigende Worte für die Betroffenen", erklärt Christian Hofmann.
Dies gelte auch bei Verkehrsunfällen, bei denen Verletzte betreut werden müssten. "In Höchberg haben wir zurzeit gerade mal vier aktive Frauen. Das ist fast schon beschämend", so Hofmann.
Viele Ideen für den Einstieg in die Feuerwehr
Ein Grund mehr für den 39-Jährigen, explizit die Partnerinnen der Kameraden anzusprechen. "Das muss natürlich alles vereinbar sein, weshalb wir uns auch über die Kinderbetreuung für die Zeit eines Einsatzes Gedanken machen." Es fällt ihm aber noch mehr ein: ein "Girls Day" wäre von Vorteil, Bewerbung über Social Media und Themenabende, über die man speziell Mädchen und Frauen anspricht.
Außerdem könne man personalisierte Flyer dem gemeindlichen Mitteilungsblatt beilegen, um Bürgerinnen und Bürgern dieses besondere Ehrenamt schmackhaft zu machen. Ideen gibt es reichlich – doch vieles kann erst umgesetzt werden, wenn Corona es zulässt. "Und das ist hoffentlich bald", hoffen Roos und Hofmann, die für ihre Feuerwehr brennen.
Beim jüngsten Kreisfeuerwehrtag bezifferte Kreisbrandrat Michael Reitzenstein den durchschnittlichen Rückgang der aktiven Einsatzkräfte bei den Freiwilligen Feuerwehren auf rund fünf Prozent jährlich. In den 113 Feuerwehren im Landkreis Würzburg waren 2019 zum Jahresende 4066 Einsatzkräfte aktiv, darunter 497 Frauen. Zum Vorjahr ging die Gesamtzahl um 241 zurück.
Grund: es mangelt an Wertschätzung. Bei Feuerwehr und Rettungsdienst erlebt man da ja mittlerweile haarsträubende Dinge.
Du lässt alles stehen und liegen um jemandem in Not zu helfen und wirst dafür bespuckt oder mit Steinen beworfen. Wenn das noch die vielzitierten Einzelfälle wären....
Aber auch innerhalb von Vereinen ist das zu beobachten. Über 300 Mitglieder und an den immergleichen Acht bleibt alles hängen, egal was ist. Jeder Aufruf nach Unterstützung verpufft. Da wird rumgeheult wenn das Vereinsfest ausfallen muss. Aber mithelfen will keiner. Man zahlt doch Beitrag.
Für so eine Einstellung ist mir dann meine Lebenszeit auch zu Schade!