Meißner: Wir wissen aus Erfahrung, dass solche Erlebnisse wie der Amoklauf von Erfurt Jahrzehnte nachwirken. Man muss davon ausgehen, dass die Gefühle, die damals da waren – der Schmerz, die Wut und die Ängste – wieder hochkommen.
Meißner: Vielen wird wichtig sein, gemeinsam mit anderen Betroffenen der Toten zu gedenken. Es ist eine Stärkung, nicht allein zu sein. Andere wollen keine Gedenkfeier und nur ihre Ruhe. Dann gibt es die Extreme: Manche können das Erlebte nie ruhen lassen. Andere vermeiden jede Erinnerung daran. Als Psychologe halte ich beides für wenig hilfreich.
Meißner: Es ist wichtig, nicht nur auf den Schmerz und das Entsetzliche zu blicken, sondern sich zu fragen: Was hat sich seither entwickelt? Und so verrückt es auch klingt: Was habe ich davon gewonnen? Was hat sich in meinem Leben relativiert, weil ich damals erfahren habe, was mir entrissen worden ist? Was ist jetzt wichtig in meinem Leben? Und auch: Was hat sich insgesamt getan?