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WÜRZBURG
Axt-Attentatsopfer melden sich erstmals zu Wort
Germanistikstudentin Tingyao Lu (links) übergab Anfang August 500 Euro an die Schwester und die Mutter des 31-jährigen Opfers, das zu dieser Zeit noch im Koma lag.
Foto: Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft Würzburg E.V. | Germanistikstudentin Tingyao Lu (links) übergab Anfang August 500 Euro an die Schwester und die Mutter des 31-jährigen Opfers, das zu dieser Zeit noch im Koma lag.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:05 Uhr

Monatelang sahen sich die Opfer und ihre Angehörigen für ein Gespräch mit unserer Redaktion nicht imstande. Kurz vor ihrem Rückflug nach Hongkong willigten drei der Asiaten schließlich doch ein. Im Speisesaal eines Würzburger Hotels sprechen die 27-Jährige, ihr Verlobter und seine 26-jährige Schwester erstmals über die vergangenen Monate hier in Würzburg, die schlimmen Erinnerungen an die Nacht des 18. Juli und die vielen hilfsbereiten Menschen in Mainfranken.

Der 31-Jährige lag wochenlang im künstlichen Koma. Ob und wie er das Attentat überleben würde, wusste niemand. Lange kämpften die Ärzte des Universitätsklinikums Würzburg um sein Leben. „Ich habe das Foto gesehen, auf dem ich noch auf der Intensivstation lag“, sagt der 31-Jährige jetzt. Sein Tonfall ist leise. Belegt. Die Stimme wackelt. Er ringt sich ein Lächeln ab. „Es war ziemlich gruselig, weil ich nicht erkannt habe, dass die Person, die da auf dem Bett lag, ich selbst war.“
 

„Ein weiter Weg zurück zu meinem normalen Leben“

Der schlanke Asiate mit den Turnschuhen sieht viel jünger aus als 31. Sein grüner Kapuzenpulli wirkt etwas zu weit. Auch die schwarz umrandete Brille etwas zu groß. Schmal ist er und blass. Physisch habe er keine Probleme mehr, erklärt er. Langsam ringt er nach Worten. „Ich kann ihm mit ein paar Sätzen aushelfen“, sagt seine Schwester und legt beschützend den Arm um ihn. Neben ihm wirkt die 26-Jährige mit dem schwarzen Pferdeschwanz sehr lebhaft. „Mein Bruder lag wochenlang im Koma. Körperlich geht es ihm wieder gut. Er kann ganz normal laufen, essen, und so weiter. Aber seine Gehirnfunktionen sind noch nicht völlig wiederhergestellt.“ Reaktion und vor allem Konzentration fielen ihm schwer. „Es liegt noch ein langer Weg vor mir“, sagt der 31-Jährige. Er stockt, macht eine Pause. „Ein weiter Weg zurück zu meinem normalen Leben“. In seinem normalen Leben war er der Hauptverdiener der Familie. Ein Ingenieur. Seine Firma will auf ihn warten, hat man ihm gesagt. Wie lange, ist ungewiss.

In Hongkong werden weitere medizinische Behandlungen folgen. Solange will die Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft den zwei Familien finanziell unter die Arme greifen.

Fotoserie

„Ich möchte meine Dankbarkeit ausdrücken bei all den vielen Menschen (...), die für uns gebetet haben“

„Ich möchte meine Dankbarkeit ausdrücken bei all den vielen Menschen hier aus dem Raum Würzburg, die für uns gebetet haben, in der Kirche oder zuhause, bei allen, die uns auf diesem schweren Weg seit dem Vorfall im Zug geholfen haben, bei allen, die uns unterstützt haben, sei es auch nur mit einer Umarmung“, sagt die 27-jährige Verlobte des Mannes. Ihre Stimme ist hell, klar, fest. Ihr Händedruck entschlossen. „Ich möchte mich bedanken bei allen, die etwas Nettes zu mir gesagt haben, um es mir leichter zu machen“, fährt sie fort. Unter einer dunklen Wollmütze glänzen lange schwarze Haare. Die Mütze nimmt sie in der Öffentlichkeit nicht ab. Auch dann nicht, wenn es warm ist. Sie war bei dem Attentat ebenfalls schwer verletzt worden.

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