
Mit Reclam-Bändchen, sagt Georg Ewald, lässt sich Lesersoziologie betreiben: „Was habe ich nicht gefunden an von Schülern geschundenen, von Theaterleuten heftig bearbeiteten, von Künstlern gestalteten, von Bibliotheken bestempelten und in sonstigen Lebenssituationen benutzten Bänden!“ Der Frankfurter Antiquar brachte eine Sammlung zusammen, die weder im Dietzinger Verlag selbst noch in irgendeiner Bibliothek der Welt zu finden ist. Bände mit Kulikringeln oder Bleistiftskizzen auf dem Titel. Hefte, die zeigen, wie sich Schüler seit Generationen mit den Werken der Dichter und Denker plagen: „So ein Blödsinn. Was sich Schiller dabei gedacht hat, du meine Güte!“, ist säuberlich notiert auf der Rückseite eines „Wilhelm Tell“.
Den Wettstreit der Verlage gewann: Reclam
Mindestens so wie die Gebrauchsspuren faszinieren den 66-jährigen Sammler die Produktion, die Marketingstrategien und der Vertrieb der Universal-Bibliothek. Als 1867 die Rechte an den Klassikern freigeworden waren, „lieferten sich die Verleger ein Wettrennen um billige Ausgaben“, erzählt Ewald. Reclam gewann: Durch seine moderne Drucktechnik konnte der Verlag die taschengroßen Bücher stets zum erschwinglichen Silbergroschenpreis verkaufen.