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Würzburg/Schweinfurt
Werbung für Mainfranken seit 25 Jahren: Was das gebracht hat – und worauf es jetzt ankommt
Die Region Mainfranken GmbH wirkt unscheinbar. Doch Chefin Åsa Petersson zeigt, warum Werbung für den Wirtschaftsstandort überlebenswichtig sein kann – seit 25 Jahren.
'Es ist eine Aufgabe, die Jobs und Firmen in der Region sichtbar zu machen': Geschäftsführerin Åsa Petersson von der Region Mainfranken GmbH.
Foto: Patty Varasano | "Es ist eine Aufgabe, die Jobs und Firmen in der Region sichtbar zu machen": Geschäftsführerin Åsa Petersson von der Region Mainfranken GmbH.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:33 Uhr

In Mainfranken lässt es sich gut leben und arbeiten – und das muss der Rest der Welt wissen: Mit diesem Ansatz gründeten Kommunen, Wirtschaftskammern und Hochschulen vor fast genau 25 Jahren die Marketing-Initiative "Chancenregion Mainfranken", die 2011 in die "Region Mainfranken GmbH" mündete.

Die Gesellschaft agiert eher im Stillen, sieht man von einigen öffentlichen Veranstaltungen ab. Geschäftsführerin Åsa Petersson indes gibt sich selbstbewusst: Wer nicht für seine Sache trommelt, werde nicht gehört. Die 58-Jährige zeigt im Interview, was 25 Jahre Regionalmarketing für Mainfranken gebracht haben und auf was es heute ankommt.

Frage: Frau Petersson, wenn Sie jemand fragt, was Sie den ganzen Tag in der Region Mainfranken GmbH machen, was antworten Sie dann?

Åsa Petersson: Wir sorgen dafür, dass die Region innovativ bleibt und dass wir genügend Fachkräfte haben.

Warum braucht Mainfranken das?

Petersson: Das braucht jede Region, weil der Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen, Investoren, Fördermittel und Fachkräfte nicht nur national, sondern international ist.

Über den Fachkräftemangel wird in der Region schon seit vielen Jahren geklagt. In den Griff bekommen hat ihn noch niemand, auch nicht die Region Mainfranken GmbH.

Petersson: Wir machen seit 2016 mit Arbeitgebern in der Region eine große Fachkräfteoffensive. Wir gehen gemeinsam auf Zielgruppen innerhalb und außerhalb von Mainfranken zu. In Mainfranken sind das hauptsächlich Studierende. Da gibt es bei 38.000 Studierenden ein Riesenpotenzial. Einen besonderen Fokus legen wir auf die internationalen Studierenden in Schweinfurt. Wir bieten diesen jungen Leuten Touren an, gehen zu Unternehmen. So lernen sie Mittelständler in der Region kennen. Die Zielgruppen außerhalb von Mainfranken erreichen wir nicht nur über Social Media und Internet-Werbung, sondern wir gehen auch auf Jobmessen in Deutschland.

"Mainfranken ist kein Kunstbegriff."
Åsa Petersson, Geschäftsführerin der Region Mainfranken GmbH
Von zehn Studierenden, die Sie auf die genannte Weise an die Hand nehmen: Wie viele beißen letztendlich an und steigen in mainfränkische Unternehmen ein?

Petersson: Das ist leider schwer messbar. Wenn wir diese Touren zu den Unternehmen machen, fragen wir gleich auf dem Heimweg, wer es sich vorstellen könnte, zu bleiben. Da liegt der Schnitt bei neun von zehn. Bei der letztendlichen Entscheidung spielen dann natürlich noch sehr persönliche Faktoren mit rein. Wenn man die internationalen Studierenden an der Technischen Hochschule in Schweinfurt fragt, dann wollen 85 Prozent hierbleiben. Man muss bedenken: Das ist ja für sie noch ein fremdes Land. Wir haben im Dezember außerdem eine große Umfrage an der Technischen Hochschule in Würzburg gemacht unter 1000 Studierenden. Da lag die Bereitschaft zum Bleiben bei 80 Prozent. Es ist also eine Aufgabe, die Jobs und Firmen in der Region sichtbar zu machen. Auch und gerade im ländlichen Raum.

Das klingt für die Wirtschaft gut. In der Öffentlichkeit ist aber selten zu hören, dass Unternehmen die Region Mainfranken GmbH loben.

Petersson: Wir haben jetzt eine Umfrage unter kleinen und mittelständischen Unternehmen gemacht und wollten wissen: Mit welchen Netzwerkpartnern arbeiten sie im Bereich Technologietransfer und Fachkräftesicherung am ehesten zusammen? An erster Stelle landete die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt, an zweiter Stelle schon die Region Mainfranken GmbH.

Was ist aus Ihrer Sicht die größte Errungenschaft von Chancenregion und Region Mainfranken GmbH in den vergangenen 25 Jahren?

Petersson: Es ist schwer, hier ein Thema zu nennen. Ich finde, dass gerade die Bindung der Unternehmen an uns und die Inanspruchnahme unserer Dienstleistungen vielleicht die größten Errungenschaften sind. Weil wir da ziemlich von null angefangen haben. Die Netzwerke, die wir aufgebaut haben, bestehen aus jeweils 30 bis 40 Unternehmen. Das Ziel muss sein, dass diese Netzwerke weiterhin wachsen.

"Der Begriff Regiopolregion ist ein wichtiges Signal: Wir stehen zusammen."
Åsa Petersson, Geschäftsführerin der Region Mainfranken GmbH
Es gibt Menschen in der Region und außerhalb, die können Mainfranken nicht von Unterfranken unterscheiden. Hinzu kommt, dass gleich nebenan die Wirtschaftsmetropolen Frankfurt und Nürnberg liegen. Wer Ihnen nicht wohlgesonnen ist, könnte sagen: Dieses Trommeln für Mainfranken ist doch Wichtigtuerei.

Petersson: Nein, ich finde das herrlich selbstbewusst zu sagen: Wir sind ein eigenständiger Wirtschaftsraum. Ich sehe natürlich den Bedarf, sich weiterhin mit den beiden Metropolregionen und den Entscheidungsträgern in München zu vernetzen. Wir werden immer wieder gefragt, warum wir nicht in den Metropolregionen Frankfurt oder Nürnberg aufgehen wollen.

Was antworten Sie?

Petersson: Anders als Aschaffenburg, das sehr nah an Frankfurt liegt, sind wir weit genug weg, um einen eigenen Wirtschaftsraum rechtfertigen zu können. Außerdem gibt es den Main, das Bistum, das Mainfranken Theater als Theater für die gesamte Region oder Traditionen wie den heiligen Berg der Franken in der Rhön – das alles schafft eine eigene Verbundenheit. Wenn man bei Google das Wort Mainfranken eingibt, bekommt man über eine Million Treffer. Mainfranken ist kein Kunstbegriff.

Was brauchen Mainfranken und seine Wirtschaft am meisten? Und was ist damit für Sie die größte Hausaufgabe?

Petersson: Aktuell ist die Sicherung der Energieversorgung das dominierende Thema neben der Fachkräftesicherung. Deshalb fände ich es toll, wenn man auf regionaler Ebene schaut, wo man zusammenarbeiten kann. Es gibt erste Ansätze – zum Beispiel beim Thema Wasserstoff. Hinzu kommt, dass vor einem gewaltigen Strukturwandel stehen. Die Digitalisierung wird dafür sorgen, dass Arbeitsplätze wegfallen und neue dazukommen. Es geht bei der Fachkräftesicherung nicht nur darum, Leute von außen zu holen. Vielmehr müssen auch die bestehenden Fachkräfte zu Experten und Spezialisten in den sich ändernden Berufen ausgebildet werden.

Unter anderem mit Veranstaltungen wie dem 'Wirtschaftsforum' (Archivbild von 2019) will die Region Mainfranken GmbH auf die Vorzüge des Standortes aufmerksam machen.
Foto: Christoph Weiß | Unter anderem mit Veranstaltungen wie dem "Wirtschaftsforum" (Archivbild von 2019) will die Region Mainfranken GmbH auf die Vorzüge des Standortes aufmerksam machen.
Seit einiger Zeit geistert auch der Begriff Regiopolregion Mainfranken durch die Medien. Um was geht es da?

Petersson: Es gibt in Deutschland acht solcher Regiopolregionen. Sie zeichnen sich aus durch eine gewisse Konzentration an Versorgungsangeboten fürs Umland, an Messewesen, an Hochschulen. Es gibt in Bayern drei Regionalzentren: Regensburg, Ingolstadt und Würzburg. Würzburg hat sich dann dazu entschieden, nicht allein ein Regionalzentrum sein zu wollen, sondern im Tandem mit Schweinfurt und mit allen sieben Landkreisen in Mainfranken eine Regiopolregion zu bilden. Weil wir meinen, dass es dafür eine höhere Förderquote geben muss.

Regiopolregion heißt also, dass man mehr Fördergelder bekommt?

Petersson: Ja.

Und was hat der berühmte Otto Normalverbraucher davon?

Petersson: Ich bin mir sicher, dass zum Beispiel deswegen das Mainfranken Theater in Würzburg ein Staatstheater geworden ist. Als Regiopolregion spielen wir in einer anderen Liga. Regensburg und Ingolstadt sind vergleichbare Städte, die eine sehr hohe Verflechtung mit dem Umland haben – wie Würzburg. Die Besonderheit hier ist aber die Kombination Würzburg-Schweinfurt. Wir haben in der Region Mainfranken GmbH den Rat der Regionen als eine Art Regionalparlament. Wenn wir da Resolutionen verabschieden oder Unterstützungsschreiben verschicken, verwenden wir den Begriff Regiopolregion. Der Begriff Regiopolregion ist ein wichtiges Signal: Wir stehen zusammen.

Wie lange wird es oder wie lange muss es die Region Mainfranken GmbH geben?

Petersson: Im Wettbewerb der Regionen müssen wir immer stattfinden. Wer nicht stattfindet, wird nicht berücksichtigt. Es geht um Sichtbarkeit. Wir sind eine regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft geworden. Das waren wir nicht von Anfang an. Damals war der Gesellschaftervertrag recht offen formuliert. Es hieß mal: Wir können auch ein bisschen Tourismus machen, oder ein bisschen Kultur. Es war schwierig, allen Wünschen gerecht zu werden. Nach dem 2020 abgeschlossenen Strategieprozess wissen wir genau, was von uns erwartet wird.

Sie sind gebürtige Schwedin und waren früher viel im Ausland unterwegs. Dann kamen Sie in den 1990er Jahren nach Mainfranken und mussten diese Region erst einmal kennenlernen. Ihr Urteil heute: Was ist so toll an Mainfranken?

Petersson: Die Lebensfreude. Es ist für mich eine Ehre, die Region zu repräsentieren.

Region Mainfranken GmbH

Die Stärkung der Region als Wirtschaftsstandort ist die Aufgabe der 2011 ins Leben gerufenen Region Mainfranken GmbH mit ihren sieben Beschäftigten in Würzburg. Gesellschafter sind die Städte Würzburg und Schweinfurt, die Landkreise Bad Kissingen, Haßberge, Kitzingen, Main-Spessart, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt und Würzburg. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Handwerkskammer für Unterfranken (beide Würzburg) gehören ebenfalls dazu. Die Universität und die Technische Hochschule in Würzburg unterstützen die GmbH projektbezogen. Sie ist direkte Nachfolgerin der 1998 gegründeten Organisation "Chancenregion Mainfranken" und macht nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 903.000 Euro, wovon etwa die Hälfte Zuschüsse der Gesellschafter sind.
Der Regierungsbezirk Unterfranken minus die Stadt- und Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg, das ist Mainfranken. Diese Region hat keinen rechtlichen Status, gilt aber als eigener Wirtschaftsraum mit fast einer Million Einwohner. Schon deshalb versteht sich zum Beispiel die IHK Würzburg-Schweinfurt als mainfränkische Kammer. Auch die für vier Kreise zuständige Sparkasse in Würzburg trägt Mainfranken in ihrem Namen, das kommunale Theater in Würzburg ebenfalls.
aug
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