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Schweinfurt
Forschung aus Schweinfurt: Wie Betriebe Wasserstoff als Energiequelle nutzen können
Wasserstoff gilt als umweltfreundliche Top-Energiequelle, die auch für Firmen interessant ist. Die Hochschule für angewandte Wissenschaft leistet dafür beachtliche Forschungsarbeit.
Alle Kraft dem Wasserstoff: Die Professoren Winfried Wilke (links) und Johannes Paulus forschen in Schweinfurt am Einsatz des energiereichen Gases. Das Interesse der regionalen Wirtschaft an 'grünem' Wasserstoff sei im Zuge der Energiewende groß, sagen beide Experten, die hier tragbare Brennstoffzellen zeigen.
Foto: Anand Anders | Alle Kraft dem Wasserstoff: Die Professoren Winfried Wilke (links) und Johannes Paulus forschen in Schweinfurt am Einsatz des energiereichen Gases.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:00 Uhr

Wasserstoff ist so etwas wie eine Trumpfkarte geworden: Die Bundesregierung sieht das Gas als "Schlüsselelement für die Energiewende" in Deutschland. Schweinfurt kommt dabei eine besondere Rolle zu, denn dort wird viel mit Wasserstoff ausprobiert – zum Nutzen von Unternehmen in der Region.

Seit Oktober gibt es an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) den Bachelor-Studiengang Wasserstofftechnik mit fünf Professoren und derzeit 20 Studierenden. Er sei der einzige seiner Art in Deutschland, betont FHWS-Professor Winfried Wilke.

Neben diesem Studiengang laufen in der FHWS-Niederlassung in Schweinfurt neuerdings auch die Fäden zusammen, wenn es um Infos über Einsatz von Wasserstoff in Unternehmen geht. Denn laut Wilke wurden mit Fördergeldern des EU-Aufbaufonds "React" an der Hochschule eine Beratungsstelle eingerichtet, die vor allem kleine und mittelständische Betriebe in Nordbayern kostenlos beraten soll.

Neue Wasserstoff-Beratung in Schweinfurt: Was sie für Firmen leisten soll

Geplant sind laut Wilke Webinare und ähnliche Weiterbildungen, um Unternehmern zum Beispiel aus dem Bereich Heizung und Klimatechnik zu zeigen, wie der Energieträger Wasserstoff im Alltag verwendet werden kann. Das Problem: Die drei Arbeitsplätze der Beratungsstelle konnten nach Wilkes Worten noch nicht besetzt werden, weil es an passenden Bewerberinnen und Bewerbern mangele.

Beratungsbedarf ist offenbar da, denn das Interesse am Wasserstoff ist in der Wirtschaft gerade im Zug der Energiewende vorhanden. Aber: "Viele Firmen fragen sich, ob sich das lohnt", hat Wilkes Kollege Johannes Paulus beobachtet. Der FHWS-Dekan leitet in Schweinfurt die Labore für Thermodynamik, Energie- und Wärmetechnik. Gerade der Einsatz von Wasserstoff zur Erzeugung von Flammen stehe im Fokus der Unternehmen.

Für welche Betriebe Wasserstoff interessant sein kann

In der Tat sei das gut brennbare Gas für jene Betriebe interessant, die mit großer Hitze arbeiten, so Wilke. Darunter seien beispielsweise Glashersteller wie Gerresheimer in Lohr, Schaeffler in Schweinfurt mit seinen Härteöfen für Metall oder Backofenbauer wie Miwe in Arnstein (Lkr. Main-Spessart).

Apropos Gerresheimer: Der Bundesverband Glasindustrie in Düsseldorf hat angekündigt, den Einsatz von Wasserstoff als Energielieferant deutschlandweit voranzutreiben. Denn derzeit werde noch zu 70 Prozent fossile Energie – vor allem Erdgas – für die Glasherstellung verwendet.

Das zeigt, dass grüner Wasserstoff an vielen Orten als umweltfreundliche Alternative in den Startlöchern steht. Die Kardinalsfrage werde sein, so FHWS-Experte Wilke: Wer fängt mit dem Dauerbetrieb an?

Sicher sei indes, dass "die sich Unternehmen damit einfach auseinandersetzen müssen". Freilich "ist es schwer zu sagen", so Kollege Paulus, wie viel ein Betrieb für die Umstellung etwa einer Erdgas- auf eine Wasserstoff-Anlage hinblättern muss.

Wasserstoff: Welche mainfränkischen Unternehmen aktiv sind

Um Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu bekommen, arbeitet die Hochschule nach eigenen Angaben mit einer Reihe von Unternehmen aus der Region zusammen. Darunter sind zum Beispiel der Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt, der Sonnenschutzanbieter Warema in Marktheidenfeld, die Stadtwerke Schweinfurt, die Fränkischen Rohrwerke in Königsberg (Lkr. Haßberge) und der Industriezulieferer Schaeffler (Herzogenaurach/Schweinfurt).

Ebenfalls im Boot ist das Stadtwerk Haßfurt, das schon im Oktober 2016 ein bayernweit aufsehenerregendes Vorhaben umsetzte: eine Power-to-Gas-Anlage. Sie nutzt überschüssigen Strom aus Windkraft- und Solaranlagen der Umgebung, um damit aus dem Wasser den Wasserstoff zu holen.

Diese sogenannte Elektrolyse zur Trennung von Wasserstoff und Sauerstoff im Wasser braucht viel Strom. Während der Sauerstoff in die Luft abgegeben wird, führt die Haßfurter Anlage den mit "grüner" Energie erzeugten Wasserstoff dem Erdgasnetz und damit herkömmlichen Haushalten zum Kochen und Heizen zu.

Da Wasserstoff neben seiner reinen Verbrennung mit Hilfe von Brennstoffzellen auch in Strom umgewandelt werden kann, tüfteln die Schweinfurter Techniker derzeit am Einsatz des Gases im Verkehr. Genauer gesagt, im Flugverkehr: 2023 wollen die FHWS-Experten um Paulus und Wilke ein einmotoriges Kleinflugzeug mit Hilfe einer Brennstoffzelle in die Luft schicken.

In der Zwischenzeit soll der neue Bachelor-Studiengang Wasserstofftechnik in Schweinfurt ausgebaut werden. Schon in diesem Jahr werde sich die Zahl der Studierenden wohl auf 60 verdreifachen, so Wilke. Eine sowohl für die angehenden Techniker als auch für die regionale Wirtschaft zweifellos gute Nachricht. Denn wegen der großen Nachfrage rund um Wasserstoff hätten die Absolventen "allerbeste Berufsaussichten".

"Grüner" Wasserstoff als Energiequelle

Das energiereiche Gas Wasserstoff gibt es auf der Erde in großen Mengen, allerdings oft gebunden in Wasser. Um es daraus zu gewinnen, braucht die Elektrolyse viel Strom. Kommt er aus alternativen Quellen wie Wind oder Sonne, spricht man von klimaneutralem und damit grünem Wasserstoff.
Grauer Wasserstoff hingegen wird laut Bundesforschungsministerium aus Erdgas gewonnen, also fossiler Energie. Das beim Spaltungsprozess entstehende Kohlendioxid werde in die Atmosphäre abgegen. "Blau" wird grauer Wasserstoff, wenn das klimaschädliche CO2 abgefangen und gespeichert wird. Darüber hinaus sind weitere Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoff üblich, zum Beispiel mit Methan.
Tragweite: Um eine internationale Spitzenstellung rund ums Thema Wasserstoff zu bekommen, hat die vergangene Bundesregierung im Juni 2020 die "Nationale Wasserstoffstrategie" beschlossen. Im Mittelpunkt steht der mit 25 Expertinnen und Experten besetzte Nationale Wasserstoffrat, in dem auch Vorstandsmitglied Stefan Spindler von der Schaeffler AG sitzt.
aug
 
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