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NÜRNBERG/WÜRZBURG/SCHWEINFURT
Metropolregion Nürnberg: Mainfranken spielt nicht immer mit
Nürnberger Stadtrat entscheidet über Kulturhauptstadt-Bewerbung       -  Nürnberg und sein Umland sind wirtschaftliches Zugpferd in Franken. Doch die Metropolregion will weit über Lorenzkirche (vorne) und Kaiserburg (hinten) hinaus wirken – unter anderem bis Mainfranken.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Nürnberg und sein Umland sind wirtschaftliches Zugpferd in Franken. Doch die Metropolregion will weit über Lorenzkirche (vorne) und Kaiserburg (hinten) hinaus wirken – unter anderem bis Mainfranken.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:57 Uhr

Über den eigenen Tellerrand zu schauen, ist nie verkehrt. Und mit Gleichgesinnten an einem Strang zu ziehen, auch nicht. So lässt sich umschreiben, was Sinn und Zweck der Europäischen Metropolregion Nürnberg (EMN) ist. Im Kern geht es darum, die 34 angeschlossenen Stadt- und Landkreise unter anderem wirtschaftlich voranzubringen und die Folgen des demografischen Wandels gerade auf dem Land sowie des Fachkräftemangels in den Griff zu bekommen.

Wirtschaftswachstum ist gestiegen

Nach den Worten von EMN-Geschäftsführerin Christa Standecker haben all die Aktionen und Initiativen des Verbundes dazu beigetragen, dass in den vergangenen zehn Jahren in der Metropolregion das Wirtschaftswachstum um 25 Prozent gestiegen sei und 100 000 Jobs geschaffen worden seien.

Die Landkreise Haßberge und Kitzingen sind die einzigen Vertreter aus Unterfranken im Nürnberger Verbund. Und werden es wohl auch bleiben: In Mainfranken und zuvorderst in Würzburg gibt man sich trotzig-selbstbewusst: Die eigene Region habe genug Potenzial, um im Eigenmarketing selbstständig zu bleiben.

Warum die Stadt Würzburg nein sagt

So jedenfalls war es zuletzt am Donnerstagabend im Würzburger Stadtrat zu vernehmen. Dort war ein Antrag aus der SPD-Fraktion abgeschmettert worden, demzufolge Würzburg doch wieder der EMN beitreten solle. Begründung der Ablehnung: Ginge Würzburg unter das Nürnberger Dach, dann „spricht das gegen die Stärkung des eigenen Wirtschaftsraumes“, heißt es in der Sitzungsniederschrift. Die ebenfalls auf Regionalmarketing fixierte und unter anderem von der Stadt Würzburg mitgetragene Region Mainfranken GmbH „trägt wesentlich dazu bei, einen eigenständigen attraktiven Wirtschaftsraum Mainfranken zwischen den beiden Metropolregionen zu entwickeln“.

Erfolg ist schlecht zu messen

Egal, ob Nürnberg, Würzburg oder Mainfranken – mit Regionalmarketing ist es wie mit Werbung: Es ist den Verantwortlichen kaum möglich, den Erfolg exakt in Euro, Prozentzahlen oder ähnlichen Indikatoren auszudrücken. So bleibt es auch im Fall der EMN bei einer unüberschaubaren Zahl von Aktionen, Broschüren und Initiativen, die in der Summe die Aufmerksamkeit auf die EMN richten soll.

Sie zählt zu den wirtschaftsstärksten ihrer Art in Deutschland. Elf solcher Metropolregionen gibt es im Land.

Mainfranken hat eine Sandwich-Position, liegt die Region doch zwischen den Metropolregionen Nürnberg und Frankfurt/Main – ohne zu einer der beiden zu gehören. Ausnahme: Die Kreise Kitzingen und Haßberge sind vor Jahren der EMN beigetreten. Sie gehören zudem der artverwandten Region Mainfranken GmbH (früher: Chancenregion Mainfranken) mit Sitz in Würzburg an.

Ablehnung auch in Schweinfurt

Immer wieder gab es Diskussionen, ob nicht zum Beispiel auch Würzburg oder Schweinfurt der EMN beitreten sollten. Doch die Stadt Schweinfurt winkte von vornherein ab, Würzburg trat nach kurzem Intermezzo Mitte 2010 wieder aus – was schon damals für politische Debatten sorgte.

Auch der Landkreis Würzburg will nicht: „Als Teil einer Metropolregion Nürnberg würden die regionalen Facetten zu wenig Raum finden. Mit unserer speziellen mainfränkischen Lebensqualität und den Besonderheiten des Wirtschaftsstandorts Mainfranken können wir auch in Zukunft national und international punkten, davon bin ich überzeugt“, teilte Landrat Eberhard Nuß mit. Sein Landkreis fühle sich bei der Region Mainfranken GmbH gut aufgehoben.

So sieht man das auch im Kreis Schweinfurt. Es habe nie einen Ansatz gegeben, den Nürnbergern beizutreten, teilte das Landratsamt mit. „Die Positionierung Mainfrankens zwischen den Metropolregionen Frankfurt und Nürnberg“ sei gelungen.

Kitzingen: Verkehrsverbund nutzen

Der Landkreis Kitzingen leistet sich den Luxus, sowohl in der EMN also auch bei der Region Mainfranken GmbH dabei zu sein. Was nicht billig ist: Nach Angaben von Wirtschaftsförderer Roland Eckert im Landratsamt kostet die Teilnahme in Nürnberg pro Jahr 8815 Euro, die in Würzburg gar 35 500 Euro. Freilich sei die Grundlage jeweils eine wesentlich andere: Der Fall Nürnberg sei eine Mitgliedsgebühr auf der Basis von 10 Cent je Einwohner, im Fall Würzburg handle es sich um einen Anteil an der GmbH.

So oder so: Bei der EMN dabei zu sein, lohne sich für Kitzingen schon wegen des weitläufigen Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN), ist Eckert überzeugt. Dem Verbund waren Iphofen und die Stadt Kitzingen schon vor Jahren beigetreten, seit September gilt er für den gesamten Weinlandkreis. Deutschlands zweitgrößtes Tarifgebiet im Nahverkehr gewährleistet, mit einem einzigen Ticket vom Main über Nürnberg bis an die tschechische Grenze oder bis Bayreuth fahren zu können.

Bocksbeutelexpress kommt gut an

Ein Vorteil, der auch für EMN-Geschäftsführerin Standecker ganz vorne in der Argumentation steht. Ihr Verbund habe dazu beigetragen, dass das VGN-Gebiet so groß geworden ist. Auch die Einführung des populären Bocksbeutelexpresses in den Steigerwald sei wesentlich mit dem EMN und dem VGN verbunden, sagte Kitzingens Wirtschaftsförderer Eckert. Diese Bahn bringt alljährlich Tausende Touristen – viele davon aus dem Raum Nürnberg – unter anderem in den Kreis Kitzingen.

Eckert sieht einen weiteren Vorteil, Teil der EMN zu sein: Die Nürnberger seien bei Auftritten auf teuren Messen wie Consumenta (Nürnberg) oder Expo Real (München) behilflich, zum Beispiel bei der günstigeren Vermittlung von Ständen oder bei den Formalitäten. „Da könnten wir sonst als Landkreis alleine gar nicht mehr hin.“

Haßberge: Die Nähe macht's

Wie in Kitzingen sieht man auch in den Haßbergen die Nähe zum Großraum Nürnberg als das Argument schlechthin an, bei der EMN dabei zu sein. Gerade für Menschen im Raum Ebern/Rentweinsdorf/Rauhenebrach profitierten Pendler vom VGN, teilte Wirtschaftsförderer Michael Brehm (Landratsamt) mit. Nach seinen Angaben gibt es im Kreis Haßberge knapp 5600 Auspendler in die EMN (nach Rest-Mainfranken: 6200) und von der EMN 2200 Einpendler (von Rest-Mainfranken: 1800). Für die Menschen in den Haßbergen sei die EMN genauso wichtig wie die Region Mainfranken. Laut Brehm profitiert der Landkreis von der EMN zum Beispiel bei der Teilnahme an großen Messen – wie Kitzingen. Zudem sei der Kreis mit Hilfe der Nürnberger eine anerkannte Bildungsregion geworden, wo es unter anderem koordinierte Angebote für Zugewanderte gebe.

Nach Darstellung von EMN-Geschäftsführerin Standecke seien die Haßberge besonders aktiv bei der EMN-Aktion „Original regional“. 40 der 1500 Anbieter regionaler Produkte kommen demnach aus dem mainfränkischen Landkreis.

Region Mainfranken: Schnittmengen

Bei der kleineren EMN-Schwester Region Mainfranken GmbH (4 Mitarbeiter/EMN: 20) gibt man sich indes selbstbewusst: Wenngleich es mit Nürnberg in der täglichen Arbeit Schnittmengen gebe, „verstehen wir uns als eigenständigen Wirtschaftsraum“, sagt Geschäftsführerin AAsa Petersson auf Anfrage. Die anvisierte Erweiterung des Verkehrsverbundes Mainfranken um die Region Main-Rhön werde wohl bis 2019 stehen. Dann gebe es ein Pendant zum VGN. Eine der Hauptaufgaben in Mainfranken bleibe der Kampf gegen den Fachkräftemangel. Die in diesem Jahr gestartete Kampagne „Wie für dich gemacht“ setze hier an. Foto: J. Haug-Peichl

 
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