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GIEBELSTADT
Steht Bavaria Yachtbau kurz vor der Übernahme?
Die Verantwortlichen beim Giebelstadter Yachtbauer Bavaria sind zuversichtlich, dass das Insolvenzverfahren gut ausgeht.
Foto: Thomas Obermeier | Die Verantwortlichen beim Giebelstadter Yachtbauer Bavaria sind zuversichtlich, dass das Insolvenzverfahren gut ausgeht.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:53 Uhr

Für Insolvenzverwalter Tobias Brinkmann ist es nach wie vor paradox, dass der Firma Bavaria-Yachtbau aus Giebelstadt (Lkr. Würzburg) ausgerechnet ihr Modernisierungskurs zum Verhängnis geworden ist. Gleichwohl stünden die Chancen für die insolvente Bootswerft auf Übernahme durch einen neuen Investor gut, sagt der Hamburger Fachanwalt und Sanierungsexperte.

Brinkmann spricht von aussichtsreichen Verhandlungen mit mehreren Bietern, die noch im August zum Abschluss kommen sollen. Für die rund 600 Mitarbeiter starke Stammbelegschaft wäre es das glückliche Ende nach Monaten der Unsicherheit.

Zahlungsunfähigkeit kam im April

Im April hatte der Bootsbauer Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Das Amtsgericht Würzburg eröffnete ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Tobias Brinkmann wurde zum Geschäftsführer bestellt. Inzwischen kennt er die Ursachen für die finanzielle Schieflage ziemlich genau.

In den Jahren zuvor hatte Bavaria begonnen, die Modellpalette grundlegend zu überarbeiten und dem veränderten Kundengeschmack anzupassen.„Es sind neue Modelle entwickelt worden, die optisch attraktiv sind und beim Kunden auf großes Interesse stoßen“, sagt Tobias Brinkmann. „Man kann aber nicht verhehlen, dass es dabei Schwierigkeiten gegeben hat.“

Schwierige Integration in die Serienfertigung

Schwierig sei vor allem gewesen, die vielen Modelle gleichzeitig in kurzer Zeit in die Serienfertigung zu integrieren. Diese Serienfertigung gilt seit jeher als die große Stärke von Bavaria und hatte Unternehmensgründer Winfried Herrmann einst die Bezeichnung „Henry Ford des Bootsbaus“ eingetragen.

„Eine effiziente Serienfertigung der neuen Modelle unter Verwendung möglichst vieler Gleichteile und ausdifferenzierter Produktionsschritte ließ sich in so kurzer Zeit nicht umsetzen“, sagt Tobias Brinkmann. Das habe zu überhöhten Produktionskosten geführt. „Dann gab es eine starke Nachfrage der Kunden nach diesen Modellen, die noch nicht wirtschaftlich genug produziert werden konnten, und das Problem wurde dadurch vergrößert.“

Arbeitsagentur zahlte die Gehälter

Mit dem Insolvenzantrag hat die Unternehmensführung die Reißleine gezogen. Die rund 600 Mitarbeiter der Stammbelegschaft wurden weiterbeschäftigt. Ihr Gehalt zahlte drei Monate lang die Agentur für Arbeit über das Insolvenzausfallgeld. Einbußen mussten sie bislang nicht hinnehmen, sagt Betriebsratsvorsitzender Christian Hartmann.

Lediglich anteilige Ansprüche auf Urlaubsgeld und den Ausgleich von Überstunden stehen noch offen. Die Zahl der ursprünglich bis zu 200 Leiharbeiter sei bis auf einen kleinen Rest abgeschmolzen worden.

Krankenstand gesunken

Alle Kundenaufträge seien während der Insolvenzphase regulär abgearbeitet worden. „Bis zum 1. Juli haben wir 123 Boote ausgeliefert“, sagt Brinkmann. Inzwischen seien es rund 170. Dies sei das große Verdienst der Belegschaft, die dem Unternehmen in der schwierigen Situation die Treue gehalten habe. Der Krankenstand sei während der Insolvenzphase sogar gesunken. „Das ist wirklich bemerkenswert“, so Brinkmann. „Ich bin stolz auf meine Mitarbeiter“, sagt auch Betriebsratsvorsitzender Hartmann.

Nachdem Bavaria Yachtbau 2007 am Vorabend der Finanzkrise für 1,2 Milliarden Euro an den US-Finanzinvestor Bain Capital verkauft worden war, übernahmen die beiden Hedgefonds Anchorage und Oaktree 2009 die Anteile. Den Eigentümern gibt Insolvenzverwalter Brinkmann keine Mitverantwortung an der finanziellen Schieflage. „Man muss sagen, dass die Gesellschafter dem Unternehmen wirklich bemerkenswert lange die Treue gehalten haben“, sagt er.

In seiner Hochzeit vor der Finanzkrise hat das Unternehmen mehr als 3000 Segel- und Motorjachten pro Jahr gebaut und galt als größte Bootswerft Europas. Nach der Krise waren es 1100, heute sind es 650. Die Zahlen seien aber schwer vergleichbar. Der Trend sei seit dieser Zeit hin zu größeren und somit teureren Booten gegangen.

Finanzinvestoren und branchennahe Bieter

Finanzinvestoren, aber auch branchennahe Unternehmen gehören nach Brinkmanns Worten zu den Bietern, mit denen er jetzt über eine neuerliche Übernahme verhandelt. Er möchte möglichst bald im August zum Abschluss kommen.

Ab der zweiten Augustwoche hält Bavaria eine dreiwöchige Betriebsruhe. „Ich hätte den Mitarbeitern gern eine gute Nachricht mit auf den Weg in den Urlaub gegeben, aber wir brauchen noch etwas Zeit.“

Vorsichtig optimistisch äußert sich auch Betriebsratsvorsitzender Hartmann, fügt aber einschränkend hinzu: „Wir befinden uns in einer hochsensiblen Phase der Verhandlungen, es kann noch alles passieren.“

Was die Sicherheit der Arbeitsplätze nach einer Übernahme angeht, ist Hartmann zuversichtlich: „Ein großer Aderlass für die Stammbelegschaft kann eigentlich nicht passieren, wir sind relativ gut aufgestellt.“

 
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