Die Euro-Krise im Mittelmeerraum trifft das Giebelstadter Unternehmen Bavaria Yachtbau hart. Mehr als 80 Prozent der Umsätze werden bislang außerhalb Deutschlands im mediterranen Raum erzielt, so Geschäftsführer Jens Ludmann. Und ausgerechnet hier kriselt der Euro. Den schwierigen Zeiten möchte der renommierte Bootsbauer nun entgegensteuern – mit der Erschließung neuer Märkte und einem veränderten Produktportfolio.
Geschäftsführer Ludmann, vor seiner Zeit bei Bavaria war der promovierte Betriebswirt beim Automobilhersteller Ford unter anderem für die Entwicklung der Mittelklassemodelle verantwortlich, hat es dabei gerade nicht einfach. Einerseits muss er versuchen, das Yachtbauunternehmen durch die wirtschaftliche Flaute zu steuern, andererseits bläst ihm von Seiten der Gewerkschaft ein heftiger Wind entgegen.
Am Dienstag protestierten etwa 150 Mitarbeiter während ihrer Mittagspause vor dem Werkstor in Giebelstadt. Die Gewerkschaft IG Metall hatte die Bootsbauer zu dieser Demonstration aufgerufen. Bavaria soll ihren Arbeitern fünf Prozent mehr Lohn bezahlen und eine nachvollziehbare Einstufung in die jeweiligen Lohngruppen schaffen, fordert die IG Metall. Nach Gewerkschaftsangaben verdienen die Bootsbauer zwischen elf und 13 Euro. Branchenüblich seien aber rund 17 Euro.
Ludmann wollte zunächst zu den Gewerkschaftsvorwürfen keine Stellungnahme abgeben. Zwei Tage nach dem Mitarbeiter–Protest erklärt er, dass die Vorwürfe der IG Metall falsch sind. Bei Bavaria würden die Arbeiter durchschnittlich 13,31 Euro verdienen – angefangen bei Lohngruppe eins mit 12,05 Euro und in Lohngruppe vier mit durchschnittlich 15,52 Euro. Und bei einem Informationsgespräch mit der Gewerkschaft habe sich gezeigt, so Ludmann, dass diese über viele Maßnahmen für die Belegschaft nicht informiert sei. Beispielsweise habe das Unternehmen vor zwei Jahren die Löhne von mehr als 150 Mitarbeitern in der Produktion um 2,5 Prozent erhöht und immer wieder auch Leiharbeiter in die Stammbelegschaft übernommen.
478 Mitarbeiter beschäftigt der Jachtbauer derzeit in der Produktion, so Ludmann. Hinzu kommen etwa 100 Leiharbeiter. Und anders als von Mitarbeitern teilweise geäußert, will der Geschäftsführer alles daran setzen, die Arbeitsplätze in Giebelstadt zu erhalten. Bislang konnte sich das Unternehmen durch flexiblere Arbeitszeiten und der Beschäftigung von Leiharbeitern während der Hauptsaison auf den massiven Auftragsrückgang einstellen.
Im Vergleich zum Vorjahr seien die Umsätze um 20 Prozent zurück gegangen, so Ludmann. In guten Zeiten wurden bei Bavaria jährlich 2800 Boote produziert. In diesem Jahr werden es wohl etwa 1300 sein.
Dass sich Bavaria Yachtbau noch über Wasser halten kann – viele Bootsbauer stehen derzeit zum Verkauf – ist einer Kapitalspritze von 55 Millionen Euro durch die neuen Eigentümer zu verdanken. Die Hedge-Fonds Anchorage und Oaktree haben im Oktober 2009 auf Kreditforderungen verzichtet und dafür vom Alteigentümer Bain Capital 95 Prozent der Anteile an Bavaria erhalten. „Oaktree und Anchorage haben auch nicht vor, das Jachtbauunternehmen zu zerschlagen, wie es die Strategie von Hedge-Fonds gemeinhin ist“, sagt Ludmann. Im Gegenteil: Die amerikanische Unternehmensgruppe habe vor, Bavaria wieder aufzubauen.
Damit Bavaria wieder auf Kurs kommt, möchte Ludmann die motorisierten Freizeitboote auch in Südamerika und Asien verkaufen. Potenzial dafür sieht er in China und Brasilien. Gerade Brasilien sei als aufstrebendes Land mit einem wachsenden Wohlstand interessant für Bavaria, so Ludmann. Und in China möchte die kommunistische Führung des Landes wohl ein neues Programm auflegen und so die Freizeitinteressen der Chinesen besser fördern.
Zur Strategie gehört es aber auch, das Produkt-Portfolio zu verändern. So soll im Januar auf der Fachmesse Boot in Düsseldorf eine „komplett neue und generalüberholte Version“ der bekannten Segelboot-Modellreihe Vision vorgestellt werden. Neben einem joystick-kontrollierten Anlegesystem soll das Boot auch die Segel automatisch ändern können. „Eine neue Innovation, die Bavaria nach vorne bringt“, hofft Ludmann.