Nach der Tarifeinigung am Freitagmorgen in Baden-Württemberg ist die Zeit der Warnstreiks in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie erst einmal vorbei. Es zeichnet sich ab, dass die IG Metall und die Arbeitgeber im Freistaat den Abschluss im Südwesten übernehmen.
Dieser sieht vor, dass die Löhne und Ausbildungsvergütungen der Metaller im Juni 2023 um 5,2 Prozent und im Mai 2024 noch einmal um 3,3 Prozent steigen. Außerdem erhalten die Beschäftigten laut Gewerkschaft Anfang kommenden Jahres und Anfang 2024 eine steuerfreie Einmalzahlung von je 1500 Euro als Ausgleich für die gestiegene Inflation. Nach Angaben des bayerischen Verbands der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (vbm) können Unternehmen per Betriebsvereinbarung festlegen, dass die beiden Prämien zu einem anderen Zeitpunkt ausbezahlt werden.
Der neue Tarifvertrag soll bis 30. September 2024 gelten, was als außergewöhnlich lang gilt. Der Arbeitgeberverband kündigte am Freitag an, mit der IG Metall Bayern "zeitnah" über die Übernahme des Tarifabschlusses im Südwesten zu verhandeln.
Mit dem jetzt erzielten Ergebnis enden auch in Mainfranken die wochenlangen Warnstreiks, zu der die Gewerkschaft zuletzt Tag für Tag aufgerufen hatte. So waren für diesen Freitag unter anderem bei Bosch Rexroth in Lohr (Lkr. Main-Spessart) noch Aktionen geplant gewesen. Sie wurden kurzfristig abgesagt.
Welche Rolle die Metallindustrie in Mainfranken spielt
In den Tagen davor hatten zum Beispiel in Schweinfurt, Kitzingen, Würzburg und Marktheidenfeld Beschäftigte von Metallbetrieben zeitweise die Arbeit niederlegt und waren zu Demonstrationen auf die Straße gegangen. Mit 90.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Mainfranken zählt die Metall- und Elektroindustrie zu den tragenden Säulen der regionalen Wirtschaft. Bundesweit sind es 3,9 Millionen Beschäftigte.
Während die bayerische IG Metall am Freitag den Pilotabschluss in Baden-Württemberg als "spürbare Entlastung für die Beschäftigten" feierte, reagierten die Arbeitgeber eher zähneknirschend. Das Ergebnis sei ein "Kompromiss an der Schmerzgrenze und zum Teil darüber". Der Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie hatte sich zuletzt nicht auf die Forderung der Gewerkschaft nach acht Prozent mehr Lohn eingelassen.
Wie die Arbeitgeber in Bayern auf den Tarifabschluss reagieren
"Der Abschluss ist teuer", sagte vbm-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Freitag in München. Die lange Laufzeit des voraussichtlichen Tarifvertrags in Bayern schaffe aber für die Unternehmen Planungssicherheit. Außerdem sei zu begrüßen, so Brossardt, dass für Betriebe in wirtschaftlicher Not eine Entlastung von der Lohnerhöhung vorgesehen sei.
Die Tarifverhandlungen standen in diesem Jahr unter dem Eindruck dramatisch gestiegener Preise. Während die Gewerkschaft ihre Forderung immer wieder mit den hohen Belastungen für die Beschäftigten durch die Inflation untermauert hatte, verwiesen die Arbeitgeber darauf, dass es vielen Betrieben bereits schlecht gehe.
Im Juli hatte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Schweinfurt, Thomas Höhn, im Interview mit dieser Redaktion betont, dass "die massiven Inflationsraten für viele Menschen existenzbedrohend sind". Deshalb sei die Forderung nach einer achtprozentigen Lohnerhöhung gerechtfertigt. So viel hatte die Gewerkschaft seit 2008 nicht mehr verlangt.
Nach zwölf Stunden Verhandlung präsentierten die südwestdeutschen Tarifparteien am frühen Freitagmorgen in Ludwigsburg bei Stuttgart ihr Ergebnis. Am Abend davor hatte die IG Metall in Bayern den Druck erhöht und für die kommende Woche ganztägige Warnstreiks angekündigt.
Mit Informationen von dpa