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Würzburg
Lehrieder: "Wir hätten die Außengastronomie vielleicht eher öffnen können"
Was passiert mit der Gastronomie, falls eine vierte Corona-Welle kommt? Paul Lehrieder, Tourismus-Experte der Unionsfraktion, erklärt, worauf sich Betriebe einstellen sollten.
Der unterfränkische Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder (CSU) hofft, dass es keinen weiteren Lockdown geben wird. 
Foto: Daniel Peter | Der unterfränkische Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder (CSU) hofft, dass es keinen weiteren Lockdown geben wird. 
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:39 Uhr

Kaum eine Branche wurde von den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie so hart getroffen wie die Gastronomie – und das Gastgewerbe ist noch lange nicht über den Berg. Im Juni verzeichneten Hotels und Restaurants Umsatzeinbußen von 29 Prozent im Vergleich zum Juni 2019. Das geht aus einer aktuellen Branchen-Umfrage hervor. Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat im Juli 2021 dazu über 1200 Betriebe befragt. 40,1 Prozent der Betriebe sehen nach wie vor ihre Existenz bedroht, 23,1 Prozent ziehen sogar eine Betriebsaufgabe in Erwägung. Viele Betriebe haben Angst vor einem weitern Lockdown. Der unterfränkische CSU-Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder, Sprecher der Unionsfraktion für Tourismus und Gastronomie, erklärt, welche Lockerungen möglich sind und auf was sich die Branche im Herbst einstellen sollten, wenn eine mögliche vierte Corona-Welle kommt.

Frage: Die Lage im Gastgewerbe ist weiterhin angespannt. Viele sprechen schon jetzt von einer vierten Corona-Welle. Welche Perspektiven gibt es für die Gastronomie?

Paul Lehrieder: Ich hoffe, dass es keinen weiteren Lockdown geben wird. Doch leider wissen wir nicht, wie sich das Virus im Herbst verhält. Und wir wissen auch nicht, welche Maßnahmen wir im kommenden Winter ergreifen müssen. Wir werden auf jeden Fall mit großem Interesse nach England schauen. Dort sind die Inzidenzen wieder hoch, aber es soll trotzdem Lockerungen geben.

Der Inzidenzwert ist umstritten, auch viele Politiker lehnen ihn mittlerweile als alleinigen Faktor ab. Wie sehen Sie das?

Lehrieder: Wir brauchen eine Kombination aus dem Inzidenzwert und der aktuellen Auslastung der Intensivbetten. Den Inzidenzwert können wir nicht komplett ignorieren, weil wir einen Überblick über das Infektionsgeschehen brauchen. Und die Inzidenzen werden aufgrund der Delta-Variante nach oben gehen, das sehen wir gerade in ganz Europa. Auch doppelt Geimpfte können das Virus in sich tragen und andere Menschen anstecken. Daher wird es nötig sein, dass wir weiter testen und unter bestimmten Umständen auch Durchgeimpfte einen negativen Test vorlegen müssen.

Heißt das, dass langfristig auch vollständig Geimpfte für den Restaurant-Besuch einen Negativtest brauchen werden? 

Lehrieder: In welchem Maß die Impfung die Übertragung des Virus reduziert, darüber gibt es noch keine verlässlichen Aussagen. Wir werden daher eher vorsichtig bleiben. Es könnte sein, dass wir im Herbst in der Gastronomie im Innenbereich mit Tests arbeiten müssen.

Die Schweiz hatte im Winter die Skigebiete mitsamt Hotels und Restaurants trotz Corona geöffnet. Die Bilanz: Keine Hotspots und keine größeren Ansteckungen. Wird Skifahren in Bayern in diesem Winter möglich sein?

Lehrieder: Ich hoffe, dass wir den Schock von Ischgl überwunden haben. Bewegung an der frischen Luft ist wichtig und mit den bewährten Sicherheits- und Hygiene-Konzepten sollte Skitourismus in diesem Jahr möglich sein. Beim Anstehen und im Lift muss natürlich auf Abstände geachtet werden, etwa indem in einem Doppelsessellift immer nur eine Person sitzt. Dass Après-Ski möglich sein wird, halte ich für unwahrscheinlich.

Sie haben sich schon im letzten Winter dafür stark gemacht, Wintertourismus nicht pauschal zu verbieten und sich dadurch Ärger mit Ihrer Partei eingehandelt.

Lehrieder: Im letzten Winter hatte ich starken Gegenwind, auch von meiner Partei. Natürlich würde ich allen Gastronomen und Hoteliers gerne etwas Konkreteres verkünden. Aber wir wissen nicht, wie sich das Virus entwickelt, daher kann ich dazu keine Prognose abgeben. 

Welche positiven Nachrichten haben Sie für die Gastro-Branche?

Lehrieder: Für Speisen im Restaurant soll bis Ende 2022 weiter der verringerte Mehrwertsteuersatz von sieben anstatt 19 Prozent gelten. Diese Verlängerung ist enorm wichtig, um das Gastgewerbe nachhaltig zu sichern. Zugleich ist es ein Signal für unsere Wirtinnen und Wirte, ihre Betriebe weiterzuführen. Auch für die Beschäftigten, die Angst haben, ob ihr Arbeitgeber die Krise überleben wird und sich anderweitig orientieren, ist das die richtige Botschaft zum rechten Zeitpunkt.

Trotzdem fehlt in der Gastronomie Personal. Viele Gastronomen sind vorsichtig in Sachen Ausbildung, weil sie selbst nicht wissen, wie es weitergeht. Was sagen Sie Ihnen?

Lehrieder: Dazu haben wir einen Ausbildungszuschuss geschaffen. Alle Unternehmer, die einen neuen Ausbildungsplatz schaffen, können diesen Zuschuss in Anspruch nehmen. Dies gilt bis September, soll aber bis Ende des Jahres verlängert werden.

Wird Essen gehen teurer?

Lehrieder: Die Gastronomen haben massiv unter Corona gelitten, sie mussten ihre Lokale umbauen und sie haben es immer schwerer, Fachpersonal zu finden. Da ist es nur verständlich, dass die Preise erhöht werden.

Gibt es Entscheidungen für die Gastronomie, die Sie rückblickend bereuen?

Lehrieder: Wir hätten die Außengastronomie vielleicht eher öffnen können, denn es gibt kaum Ansteckungen im Freien. Aber im Frühjahr haben wir das noch nicht 100-prozentig gewusst.

Clubs dürfen nun doch für Geimpfte öffnen. Kommen bald mehr Erleichterungen? 

Lehrieder: Bei Hochzeiten besteht schon jetzt die Möglichkeit, im Freien mit bis zu 100 Gästen und ohne Maske zu feiern - Geimpfte und Genesene nicht mitgezählt. Für Tagungen und Kongresse geltend derzeit noch dieselben Auflagen wie für Kulturveranstaltungen. Messen sollen nach meinen Informationen spätestens ab dem 1. September wieder stattfinden können, was für die von der Krise schwer betroffene Branche eine gute Nachricht ist.

 
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