Die extremen Preise bei Heizöl und Sprit infolge des Ukraine-Kriegs drängen viele Menschen in Deutschland offenbar in die Enge. Das bekommt auch Jutta Leitherer derzeit bei ihrer Kundschaft mit. Die 64-Jährige führt in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) den Familienbetrieb Zügel, der mit Heizöl handelt.
Leitherer ist davon überzeugt, dass der Ölpreis nicht auf Dauer so hoch wie im Moment bleiben wird. Kurzfristige Alternativen beim Heizen und Tanken gebe es nicht. Im Interview legt die Geschäftsfrau auch dar, wie die Rolle Russlands bei der Ölversorgung in Mainfranken zu sehen ist und welche Vorgehensweise beim Kauf von Heizöl und Sprit sinnvoll ist.
Jutta Leitherer: Ja. Normalerweise bestellen die Leute größere Mengen, weil es vom Preis her günstiger ist. Aber mittlerweile werden nur noch etwa 1000 oder sogar nur 500 Liter pro Haushalt bestellt, weil die Leute einfach das Geld nicht mehr haben. Die Preise sind total verrückt. Mir tun die Leute leid. Gerade die auf dem Land: Witwen zum Beispiel, die ein Häuschen haben, aber keine große Rente oder Wohngeld bekommen. Manche Kunden fragen, ob sie im Gegensatz zu früher jetzt ratenweise zahlen können.
Leitherer: Ja. Eine meiner Mitarbeiterinnen hat mir erzählt, dass neulich eine ältere Frau aus dem Landkreis Main-Spessart anrief und sagte: "Das Geld hab’ ich jetzt nicht – zur Not muss ich die Heizung aus lassen."
Leitherer: Dass wir nichts für die Preise können und dass wir die Erhöhungen weitergeben müssen.
Leitherer: Ja. Unser Geschäft ist schon knapp kalkuliert, es gibt viele Mitbewerber. Ich habe Kosten für meinen Tankwagen und das Personal - und keine Chance, den Preisanstieg irgendwie zu dämpfen.
Leitherer: Neulich zum Beispiel wollte eine Freundin 5000 Liter kaufen. Ich habe ihr gesagt: So viel brauchst du doch jetzt gar nicht. Warte bis zum Herbst. Wenn natürlich jemand mit seinem Vorrat an der Grenze ist und womöglich noch Mieter hat, dann muss er nachtanken. Dann machen 1000 Liter keinen Sinn. Da würde ich zu mindestens 2000 Litern raten, weil bei größerer Menge der Preis günstiger ist. Natürlich ist das alles auch eine Frage der Liquidität der Kunden.
Leitherer: Ich glaube nicht, dass der Preis auf Dauer so hoch bleiben wird. Er hat in den vergangenen Tagen ja schon ein bisschen nachgegeben. Der Erdölbevorratungsverband hat gewisse Mengen freigegeben. Ich hoffe, dass es im Ukraine-Krieg bald zu einer Einigung kommt. (Anmerkung der Redaktion: Der Erdölbevorratungsverband in Hamburg hat die hoheitliche Aufgabe, für den Notfall Treibstoffe lagern zu lassen, um bundesweite Engpässe von mindestens 90 Tagen überbrücken zu können.)
Leitherer: Das kann durchaus sein. Natürlich nehmen die großen Konzerne von den Erhöhungen gerne etwas mit. Andererseits haben die Menschen wegen des Kriegs einfach Angst, dass die Versorgung auf längere Zeit nicht mehr funktioniert, was die Nachfrage steigen lässt. Aus Russland kommen immerhin 35 Prozent des in Deutschland benötigten Öls.
Leitherer: Die Ware, die bei uns lagert, kommt von westdeutschen Raffinerien. Das Öl aus Russland wiederum geht an ostdeutsche Raffinerien, die zum Teil zu einem russischen Konzern gehören.
Leitherer: Erst einmal nichts. Aber eine Rationierung ist dann möglich. Wenn der Verkauf rationiert und es Engpässe geben würde, dann wäre der Erdölbevorratungsverband gefordert, wieder Reserven freizugeben.
Leitherer: Manche planen jetzt mit Pellets. Wobei ich dann sage: Überlegt euch das gut, denn Holz ist zwar ein nachwachsender Rohstoff, aber der muss auch erst mal wachsen. Und es kann da auch wieder Abhängigkeiten vom Ausland geben, denn so viel Holz haben wir in Deutschland auch wiederum nicht.
Leitherer: So ungefähr. Es gibt auch viele Kunden, die im Moment an Wärmepumpen denken. Aber die Realisierung hat eine Vorlaufzeit von – was ich gehört habe – einem Jahr, bis eine Anlage installiert ist.
Leitherer: Die Kunden schauen genau auf den Preis. Ist er niedrig, kaufen sie viel.
Leitherer: Ja.
Leitherer: Die Leute brauchen doch den Sprit. Wir haben hier viele Pendler, die auf ihr Auto angewiesen sind. Manche horten jetzt Sprit, weil sie Angst vor einem Engpass haben. Wir haben keinen öffentlichen Personennahverkehr, mit dem ich von A nach B ohne Schwierigkeiten komme. Wenn ich in Würzburg lebe, mag das gehen. Aber wenn ich zum Beispiel von einer Spessartgemeinde nach Würzburg zur Arbeit fahren will, habe ich ein Problem.
Leitherer: Nicht so gut. Ich weiß ja gar nicht, wie es überhaupt mit dem Öl weitergeht. Ich habe meiner Tochter schon gesagt, dass sie hier mit dem Unternehmen kein Lebenswerk vollenden kann. Denn der Ausstieg aus dem Öl wird kommen. Es muss jetzt aber über die Alternativen diskutiert werden, denn allein mit E-Mobilität wird man das Ganze nicht stemmen können.