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LESERANWALT
Leseranwalt: Warum Berichte über Schlaglöcher in den Medien nicht zu vernachlässigen sind
Das Thema ist vernachlässigt, ermittelte die Initiative Nachrichtenaufklärung: gefährliche Straßenzustände. Anton Sahlender macht Stichproben in Artikeln aus Unterfranken.
Blick auf die Leistenstraße in Würzburg Anfang Mai 2024: Schlaglöcher und Unebenheiten prägen das Bild des Fahrbahnbelags. Das ist nicht die einzige Fahrbahn in der Region, über deren Probleme berichtet wird.
Foto: Daniel Peter | Blick auf die Leistenstraße in Würzburg Anfang Mai 2024: Schlaglöcher und Unebenheiten prägen das Bild des Fahrbahnbelags. Das ist nicht die einzige Fahrbahn in der Region, über deren Probleme berichtet wird.
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 30.07.2024 02:53 Uhr

Als ich im Lokalteil der Zeitung gelesen habe, "Holperpiste Leistenstraße in Würzburg", habe ich sofort an die Initiative Nachrichtenaufklärung gedacht. Die ermittelt jedes Jahr zehn Themen, die in medialen Berichten und Nachrichten zu kurz gekommen sind. 2024 ist darunter als Thema vier aufgeführt: "Was für ein Reinfall: Schlaglöcher in Deutschland".

Das entsprechende Schlagwort zeigt bei der Suche nach Texten und Bildern im eigenen Archiv, dass diese tief in diese Lokalzeitung hineinreichen.

Unfallrisiko Straßenzustand

Die Initiative erklärt die "Schlaglöcher" als eine Herausforderung für alle Verkehrsteilnehmer mit erheblichen Risiken für die Verkehrssicherheit. Befürchtet wird, das Problem könne sich verstärken, obwohl die Zahl der Schlaglöcher nicht zentral erfasst werde und niemand was Genaues sagen kann. Für Bayern seien aber 2023 beispielsweise 85 tödliche Radunfälle verzeichnet. Bei drei davon sei der Straßenzustand die Ursache gewesen. Lebensgefährlich sind im Übrigen nicht nur Schlaglöcher, sondern auch Radwege zwischen Autospuren.

Vor allem marode Großprojekte werden dargestellt

Mit Blick nach Großbritannien wird von den Nachrichtenaufklärern erkannt, dass detaillierte Daten und Schätzungen von Verkehrsdienstleistern gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Straßenqualität und Verkehrssicherheit ermöglichen. Infrastrukturprobleme in Deutschland seien medial vor allem durch marode Großprojekte wie Autobahnbrücken dargestellt. Die Probleme lägen aber tiefer: im Schlagloch. Und die Lösung findet sich wohl nicht alleine in angepasster Fahrweise, auch wenn es dafür sogar einen speziellen Bußgeldkatalog gibt.

Der Motorradfahrer, der in einem Schlagloch fast gestürzt wäre

Also habe im digitalen Archiv dieser Redaktion nach den "Schlaglöchern" gesucht. Obwohl ich unter diesem Stichwort Artikel über schadhafte Straßen in Städten und Gemeinden quer durch die Region gefunden habe, vermag ich nichts darüber zu sagen, ob es da noch Lücken in der Berichterstattung gibt. Den Beitrag zur Leistenstraße in Würzburg hat ein Leser ausgelöst. Der war mit seinem Motorrad in einem Schlagloch fast gestürzt. Den stark genutzten Zufahrtsweg in die Stadt empfindet er als Zumutung und fragt, wann der saniert werde.

Vielerorts kaputte Straßen, leere Kassen

Im Baureferat der Stadt erfuhr die Redaktion, was Nutzer der Straße bestätigen werden: Es bedarf einer Komplettsanierung. Der, so heißt es, stehe aber eine angespannte Haushaltslage im Weg. Doch für die nächste Planung wolle man erneut dafür plädieren. Von solchem Bedarf ist vielerorts zu lesen. Krass klingt dazu diese Botschaft: "Kaputte Straßen, leere Kassen – das sind Kitzingens schlechteste Straßen und dort ist absehbar Besserung in Sicht". Da ist von Schlaglöchern, Rissen, Senkungen auf Fahrbahnen die Rede.

Großes Interesse in Gemeinden an Sanierungen von Ortsstraßen

Im Kreis Main-Spessart bindet das regionale Großprojekt B26n offensichtlich notwendige amtliche Kapazitäten. Zurückgestellt sei die Umfahrung für Gemünden. Für die von Schaippach werde ein positives Signal im bayerischen Ausbauplan für Staatsstraßen Ende 2024 erwartet. Positiv ist die Ankündigung aus dem Rhön-Grabfeld-Kreis, dass die Baustelle an der Staatsstraße zwischen Mellrichstadt und Frickenhausen verschwindet. Und insgesamt ist nicht nur in der Gemeinde Frankenwinheim das Interesse von Bürgerinnen und Bürgern an den Sanierungen ihrer Ortsstraßen groß.

Nachrichtenaufklärer aus der Leserschaft

Das waren nur wenige Stichproben des Leseranwaltes in einem überaus lokalen Themenfeld. Wo es in der Berichterstattung noch Lücken und unentdeckte gefährliche Schlaglöcher gibt, kann nicht nur über Apps und Hotlines von Kommunen mitgeteilt werden.

Redakteurinnen und Redakteure erfahren es vor Ort gerne auch aus der direkt betroffenen Leserschaft. Aus deren Reihen melden sich gerne "Nachrichtenaufklärer" mit vermissten Mängeln. Und wer dann aus Schlaglöchern heraus viel weiter nach vorne blickt, könnte daran die Hoffnung knüpfen, dass sich allmählich auch der Weg ebnet, der zur demokratisch angestrebten, nachhaltigen Mobilitätswende führt.

Anton Sahlender, Leseranwalt

Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.

Weitere Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:

März 2023: "Wie Medien zu blinden Flecken in unserer Wahrnehmung beitragen"

Mai 2022: "Wie Sie helfen können auf vergessene Nachrichten aufmerksam zu machen"

 
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