
Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin, sehr geehrte Frau Weizendörfer,
Wahlüberraschungen gibt es nur an Wahltagen. Wahltage können dagegen jederzeit ganz überraschend ins Haus stehen. Natürlich nicht unmittelbar, aber doch relativ kurzfristig. Das haben wir in den vergangenen Wochen gelernt. So wird wohl schon am 23. Februar 2025, neun Monate vor dem eigentlichen Termin, ein neuer Bundestag gewählt, nachdem in Berlin die Ampel-Koalition nicht total überraschend auseinander geflogen ist.
Eine echte Überraschung folgte vergangene Woche, als Christian Schuchardt seinen Rückzug als Oberbürgermeister zum 1. Juli ankündigte und Würzburg damit 2025 zusätzlich eine OB-Wahl bevorsteht.
Nachdem es im Bund schon Hickhack um den Wahltag gab - weil der ja vom Zeitpunkt der Vertrauensfrage des Kanzlers abhängt, die dieser ursprünglich erst im Januar stellen wollte, jetzt aber schon Mitte Dezember stellen will -, wird nun auch um den OB-Wahltag in Würzburg geschachert. Und da kommen Sie ins Spiel, Frau Weizendörfer. Denn wann die Würzburgerinnen und Würzburger über die Schuchardt-Nachfolge abstimmen, entscheidet letztlich die Regierung von Unterfranken.
Es war ja Ihre Behörde, Frau Regierungspräsidentin, die ausgerechnet den 23. Februar ins Spiel brachte, sodass OB- und Bundestagswahl auf denselben Tag fallen könnten. Schon klar: weniger Aufwand, weniger Kosten. Immerhin gab die Regierung parallel zu Bedenken, dass für einen Doppelwahltag Ausnahmen greifen müssten.
Rechtliche Hürden und parteipolitisches Kalkül
Eigentlich muss die Wahl laut Wahlgesetz nämlich in den letzten drei Monaten der Amtszeit des Oberbürgermeisters stattfinden. Also zwischen Ende März und Ende Juni. Nur "beim Zusammentreffen mehrerer Wahlen" kann innerhalb der letzten sechs Monate gewählt werden. Gleichzeitig sagt das Wahlgesetz aber auch, dass am Tag einer Bundestagswahl keine Gemeindewahlen stattfinden dürfen - einer Ausnahme könnte das Innenministerium zustimmen, wenn etwa eine Beeinflussung der Wahl "nicht zu befürchten" sei.
Rechtlich ist das alles ziemlich kompliziert. Die CSU nahm den Ball dennoch gerne direkt auf und hofft auf eine Doppelwahl am 23. Februar. Offiziell argumentiert die Partei, dass dann die Wahlbeteiligung höher ausfallen dürfte.
Ich glaube ja eher, in der Würzburger CSU hofft man vielmehr auf einen positiven Effekt durch die Bundestagswahl, die die Union laut Umfragen wohl klar gewinnen wird: Zwar ist eine Bürgermeisterwahl generell eine Persönlichkeitswahl, bei der die Parteienzugehörigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten oft eine untergeordnete Rolle spielt. Aber welcher Wähler macht schon in der aktuellen Konstellation seine Kreuze für die Bundestagswahl bei der CSU und wählt dann einen OB-Kandidaten des politischen Mitbewerbers?
Inflation, Migration, Ukraine-Krieg oder Innenstadtentwicklung, Hallenbau, Linie 6?
Wäre auf diese Weise eine Beeinflussung der OB-Wahl durch die Bundestagswahl gegeben? Ich finde schon. Dass Vertreterinnen und Vertreter von Grünen, SPD, Linken, Würzburger Liste und Zukunft für Würzburg einen Brief an Joachim Herrmann geschrieben haben, in dem sie auch auf die juristischen Hürden hinweisen und den Innenminister bitten, eine OB-Wahl am 23. Februar nicht zu genehmigen, dürfte derweil auch damit zu tun haben, dass man einen Vorteil für die CSU verhindern will.
Alles legitimes, parteitaktisches Kalkül.
Doch eine Wahl ist nicht für die Parteien oder Kandidaten da, sondern für die Wähler. Und als solcher wünsche ich mir einen OB-Wahlkampf, in dem kommunale Themen nicht von bundespolitischen überlagert werden. Inflation und Innenstadtentwicklung, Migration und Parkplatzdiskussion, Ukraine-Unterstützung und Multifunktionshallenbau, Wirtschaftskrise und Linie 6 - wer soll da den Überblick behalten?
Söder und Habeck mit bundespolitischen Themen im Kommunalwahlkampf?
Und stellen Sie sich nur den Wahlkämpfer Markus Söder vor, der auf dem Marktplatz die CSU-Kandidatin Judith Roth-Jörg als neue Oberbürgermeisterin empfiehlt, um dann auf die Berliner Ampel zu schimpfen. Oder den Wahlkämpfer Robert Habeck, der in der Posthalle den mutmaßlichen Grünen-Kandidaten Martin Heilig versucht, auf den OB-Sessel zu loben, um dann über Heizungsgesetze zu dozieren. Die OB-Wahl, sie würde zu einer Randerscheinung degradiert. Sie würde kleingemacht.
Kürzlich sprach sich auch der Vorsitzende der FW/FWG-Stadtratsfraktion für eine Zusammenlegung der beiden Wahlen aus. So könne ein monatelanger und erschöpfender "Dauerwahlkampf" vermieden werden, meinte Josef Hofmann. Nein, es braucht keinen Dauerwahlkampf. Aber einen OB-Wahlkampf, der dem Amt gerecht wird und lange genug dauert, damit auch unbekanntere Kandidatinnen und Kandidaten - die noch nominiert werden müssen - Zeit haben, sich zu profilieren. Demokratie ist eben mitunter anstrengend.
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stahl, Redakteur
am gleichen Tag sein sollte.
Der Kommentar ist nach meiner Meinung völlig unnötig , erzeugt noch mehr Populismus
und manche Kommentare hier sind völlig überflüssig. Es fehlt nur noch das man Personen direkt hier öffentlich diffamiert und dann über eine fehlende Demokratie schimpfen , welche man selbst sehr oft mit den Füßen tritt , wenn es die gewünsche Partei nicht ist.
Auch das ist geltendes Recht!
Und dass die Würzburger eigenständig denken und wählen, wenn es um ihre Stadt geht, haben sie ja bereits zur genüge unter Beweis gestellt!
UND: Warum in Wü nicht sein sollte, was z.B. in Ingolstadt gemacht wird, kann mir auch keine(r) überzeugend darlegen. Die lachen doch schon über uns...
Es ist das Steuergeld welches zuvorderst durch die Leistung der Bürgerinnen und Bürger abgeschöpft werden kann!
Dafür müssen manche hart arbeiten und andere erhalten es durch pure Anwesenheit!
Deshalb darf es nicht egal sein, wenn es verschwendet wird! DAS stärkt die Politikverdrossenheit!
P.S. Die neuen Regierungspräsidentin als "Schuldige" in Bild und Titel dafür verantwortlich zu machen ist nicht fair.
1. Wollen Sie getrennte BT- und OB-Wahl?
oder
2. Wollen Sie gemeinsame BT- und OB-wahl?
Da wir eine repräsentative Demokratie auch auf kommunaler Ebene haben, entscheidet der Stadtrat. Dessen Mitglieder und Fraktionen haben die Möglichkeit, sich im Wahlvolk entsprechend umzuhören. Das machen sie auch in ihren Parteien und Wählergruppen. Schließlich entscheidet jedes Stadtratsmitglied in dieser Frage nach bestem Wissen und Gewissen.
Das haben wir WahlbürgerInnen dann zu akzeptieren, und das ist gut so.