
Sehr geehrte Frau Bär,
am Freitag jährte sich der Tod von Friedrich Ebert zum 100. Mal. Der erste Reichspräsident der Weimarer Republik war das erste demokratisch gewählte deutsche Staatsoberhaupt und gilt als ein Wegbereiter der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Warum schreibe ich Ihnen das?
Aus Anlass von Eberts Todestag hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages eine kurze Analyse zum politischen Wirken des Sozialdemokraten veröffentlicht. Darin heißt es: "Er warb um die Einsicht, dass der Kompromiss zwischen den Parteien zum zentralen Bestandteil einer parlamentarischen Demokratie gehört und gerade in angespannter politischer Lage ein breiter Konsens erforderlich ist. Bei den Parteien drang er mit seinen Appellen jedoch nur selten durch."
Diese Zeilen, die auf die Weimarer Zeit blicken, wirken auf mich ziemlich aktuell - und wie eine Mahnung an die Mächtigen von heute.
Union und SPD: Jetzt am Verhandlungstisch eine Riesenverantwortung
Natürlich ist es reiner Zufall, dass an diesem Freitag auch die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD begonnen haben. Sie, Frau Bär, sitzen neben einem anderen Friedrich - CDU-Chef Merz - mit am Verhandlungstisch und tragen damit eine riesige Verantwortung. Denn bei diesen Gesprächen soll eine neue Bundesregierung auf den Weg gebracht werden, die wohl die größte Herausforderung seit der deutschen Wiedervereinigung meistern muss: Sie muss das Vertrauen in die liberale Demokratie wieder herstellen.
Sie sind fußballaffin, Frau Bär. Der Spielball liegt jetzt bei Ihnen!
Rund 20 Prozent der Deutschen wählten am vergangenen Sonntag die in Teilen rechtsextreme AfD. Dabei kann man nicht mehr von einem Weckruf oder einem Alarmsignal sprechen. Es sollte Ihnen und allen Demokraten eine letzte Warnung sein.
"Dieses Mal wählen wir Sie noch mal", war ein Satz, den auch viele CSU-Wahlkämpfer in den vergangenen Wochen laut eigenen Erzählungen oft gehört haben. Heißt übersetzt: Wenn die neue Regierung nicht liefert, die (gefühlten) Probleme im Land nicht in den Griff bekommt, ist die letzte Chance vertan. Dann - und das ist nicht nur meine Prognose - wird die AfD bei den nächsten Bundestagswahlen stärkste Kraft.
Damit das nicht passiert, müssen sich alle demokratischen Kräfte zusammenreißen. Und zwar ab sofort. Die Gräben müssen zugeschüttet werden. Und zwar jetzt. Ohne Handspiel, ohne Fouls! Nur so kann es schnellstmöglich um die Sache, um das Land gehen.
Natürlich muss die neue Regierung nach den abscheulichen Taten von Aschaffenburg und München mit als erstes ein Signal im hochemotionalen Thema Migration und Sicherheit senden. Und schon da werden Union und SPD aufeinander zugehen müssen. Die Zuwanderung nur zu begrenzen - worüber die Vorstellungen schon auseinander gehen -, wird die hochkomplexe Problematik jedenfalls nicht lösen.
Der Würzburger Terrorismusforscher Peter Neumann, den Sie, Frau Bär, aus Ihrer gemeinsamen Zeit im "Zukunftsteam" des einstigen CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet ja gut kennen, beschrieb das Dilemma nach dem Messerangriff von Aschaffenburg so: Die Tat sei "Ergebnis eines gescheiterten Systems", das Migranten zum Teil "jahrelang in Unterkünfte steckt - ohne irgendeine Perspektive oder sinnvolle Tätigkeit". Die Folgen seien "Radikalisierung, Gewaltkriminalität, psychische Erkrankung, anti-soziales Verhalten".
Es geht also auch um die Frage, wie wir mit jenen umgehen, die schon im Land sind: Wie wir sie integrieren (können) oder wie wir (wo nötig) konsequent abschieben.
Vergessen Sie aber dabei die anderen Themen nicht, Frau Bär. Aufgaben auf dem Platz gibt es genug. Da ist es möglicherweise auch nicht hilfreich, den Menschen zu vermitteln, dass das ganze Land "in Ordnung" gebracht werden muss, wie es der Slogan ihrer Partei im Wahlkampf war. Erzählen Sie den Menschen doch auch mal, was gut ist in Deutschland.
Profiteur von Frust und Unsicherheitsgefühlen: Die AfD wartet nur auf neue ungelöste Probleme
Die AfD wartet doch nur auf neue Probleme, für die sie auch keine Lösung findet und von denen sie dennoch profitiert: Schließlich hat sie in der Zeit der Ampel-Regierung ihr Wahlergebnis nicht nur wegen der Migrationsdebatte verdoppelt. Sie wuchs dank eines großen Frustes, der über dem Land lag. Die Nachwirkungen der Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Inflation, Heizdebatte, wirtschaftlicher Abschwung, Anschläge. Die AfD profitierte bei vielen Menschen von einem Gefühl, dass der Staat sie überfordert und gleichzeitig nicht schützen kann.
Diese Menschen wiederzugewinnen, wird der Job der neuen Regierungsmannschaft sein. Demokratische Politik und realistische Lösungen brauchen Zeit, die Sie nicht haben. Donald Trump hat die Wahl in den USA auch nicht im November 2024, sondern schon vor vier Jahren gewonnen, weil Demokraten und gemäßigte Republikaner nach Joe Bidens Wahl geschlafen haben. Deshalb muss die neue Bundesregierung schnell echte Zuversicht vermitteln, dass sie die vielen Baustellen - von Bundeswehr bis Konjunktur - in den Griff bekommt. Der Schlüssel dazu liegt in der Konsensfähigkeit der demokratischen Kräfte. Das macht Arbeit.
Aber wie sagt Friedrich Merz so gern? "Wir müssen mehr arbeiten."
Als Fußball-Fan, Frau Bär, werden Sie dieses Bild verstehen: Unsere Demokratie liegt in der 94. Minute 0:1 zurück. Immerhin ist sie gerade noch einmal so in Ballbesitz gekommen. Mach Sie was draus.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg,
Benjamin Stahl, Redakteur
Hätte ich nen ganz anderen Brief erwartet.
Das schüren muss aufhören!
Die Bashes gegen Söder, Bär, CSU und Co bringen gar nix und helfen doch nur den extremen.
Das Ergebnis von Bär ist respektabel und es ist egal ob sie mit oder ohne AFD den Wahlkreis gewonnen hat. Kann man das nicht einfach stehen lassen? Und dies hat nix mit der Person zu tun. Denn die AFD Wähler hätten auch ein Fabeltier gewählt wenn es zur Wahl zugelassen wäre
Es hat jeder verstanden dass ein Deeg oder GWM nicht konservativ wählen sondern weiter der abgestraften roten Fraktion folgt. Das dürfen sie auch gerne tun!
Das macht's nicht besser! Was ist das Ziel? Warum dieses ständige Bashing ohne Sachbezug? Wem soll das jetzt beeindrucken?
Haben das Nachplappern von AfD Parolen vor allem durch Söder, nicht erst die AfD stark gemacht? Friedl merz wollte die AfD halbieren. Er hat sie verdoppelt!!
Wenn Friedl aus dem Sauerland und sein bayr. BWBC jetzt die Zustimmung der Grünen (Bunderat; bei fast allen finanzpolitischen Themen notwendig) braucht, würde ich ihn nicht so gemein auflaufen lassen wie es die Schwarzen gemacht haben. So schäbig wäre ich nicht. Aber ich würde mir das teuer abkaufen lassen.
Die Schuldenbremse wollen die beiden Politclowns aus Bay und NRW jetzt auch reformieren. (Bis vor kurzem haben sie diesbezüglich alles blockiert. ) dazu brauch man jetzt sogar die Linken (2/3 Mehrheit) Auch da empfehle ich Gegenforderungen zu stellen. Vaterlandsloses Blockieren, wie es CSU/CSU gemacht haben, würde ich nicht empfehlen. Auf so tiefes Niveau, wie es die Schwarzen gesunken sind, würde ich mich nicht begeben.
Mal gespannt, ob das noch vor dem 25. März gelingt. Auch wenn ich grundsätzlich für eine bessere Finanzierung bin, ich würde mir das teuer abkaufen lassen.
Die alten Mehrheiten auszunutzen würde ich nicht empfehlen.
Da gabs lange genug Zeit, diese zu nutzen.
Die AfD und die Linken werden jubeln. Deren Stimmenanteile werden weiter steigen.
Dank Söder&Co.
Nur Kanzler werden wollen bringt leider gar nichts, wenn einem das Regieren an sich nicht liegt.
Einsicht? Fehlanzeige!
Gleiches gilt für CSU-Wähler.
Für mich völlig unbegreiflich, wie man das für „konservativ“ halten kann.
Bierzelt-Hetze, hypermoralisierende Empörungsinszenierungen - alles zum reinen Machterhalt. Nebenbei die Deutsche Bahn zerstört, um nur ein Thema mit konkretem „Sachbezug“ zu nennen…jetzt soll die Landwirtschaft dran glauben.
Ich würde eher die AfD wählen als die CSU, die tun wenigstens nicht so als wären sie seriös und „konservativ“.
Da ist echt was dran.
Mal provokant zurückgefragt: spielt das überhaupt noch eine Rolle, ob die AfD oder die CDU/CSU die "stärkste Kraft" ist?
Skrupel haben beide keine, die Leute gegeneinander aufzuhetzen.
Das Ziel muss sein, beide zu marginalisieren.
Bär wird da keine Rolle spielen. Sie ist das schmückende Beiwerk. Hat aber nur einen Marionettenstatus.
Wenn man auf die mehr als deutlichen Gemeinsamkeiten zwischen afd und Unionen hinweist ist das linkssozialistische Verschwörungstheorie?
Da bleibe ich lieber bei den Fakten.
Fakt ist, dass Frau Bär derzeit eine von 18 Personen ist, die ausloten, inwieweit die SPD eine Kanzlerschaft von Friedrich Merz ermöglicht.