
Nach sechs Monaten Zwangspause geht endlich wieder was: Theater und Opernhäuser dürfen wieder spielen – sofern in ihrem Landkreis oder ihrer kreisfreien Stadt die Sieben-Tage-Inzidenz von 100 nicht überschritten wird und "die Entwicklung des Infektionsgeschehens stabil oder rückläufig erscheint". Für die Stadt Würzburg und die Landkreise Würzburg, Kitzingen, Main-Spessart und Bad Kissingen trifft das zu, weitere werden folgen.
Angelika Relin, Chefin des Torturmtheaters Sommerhausen, kann deshalb endlich für 21. Mai ihren Saisonstart planen. Auch das Theater Sommerhaus in Winterhausen (beide Lkr. Würzburg) legt wieder los, zunächst mit Solostücken mit Prinzipalin Brigitte Obermeier, am 26. Mai dann mit der Premiere des "Kinderkrieg-Musicals" "Babytalk".

Was denn nun unter "stabil" zu verstehen sei, war in der Kulturszene lange unklar. Nun gibt es eine Regelung: Der Inzidenzwert muss fünf Tage in Folge unter 100 liegen, dann folgen zwei Tage Vorbereitung, am achten Tag kann gespielt werden. Umgekehrt gilt: Liegt die Inzidenz drei Tage lang über 100, gibt es einen Übergangstag, dann muss wieder geschlossen werden.
Anders als im Einzelhandel gibt es keinen Öffnungsautomatismus
Wichtig auch: Anders als im Einzelhandel gibt es keinen Automatismus. Die Öffnung muss immer wieder neu vom Kreis oder der kreisfreien Stadt beim Gesundheitsministerium beantragt werden. Im Landkreis Würzburg ist das erfolgreich geschehen: "Die Öffnung wird für Besucherinnen und Besucher mit einem negativen Testnachweis (ein vor höchstens 24 Stunden vorgenommener POC-Antigentest oder Selbsttest oder ein vor höchstens 48 Stunden vorgenommener PCR-Test) zugelassen", so eine Mitteilung des Landratsamts.
Angelika Relin hatte die Testpflicht kommen sehen und lange überlegt, ob sie selbst im, oder besser gesagt: vor dem Theater "Selbsttests unter Aufsicht", so die offizielle Formulierung, anbieten solle. Sie hat sich, wie auch Brigitte Obermeier, zunächst dagegen entschieden, sondern hofft darauf, dass die Gäste bereit sein werden, ein negatives Testergebnis gleich mitzubringen. "Das gehört ja inzwischen fast zum Alltag. Außerdem kann man das dann mit Einkaufen oder einem Schoppen hinterher kombinieren."
Die wachsende Zahl Geimpfter macht die Planungen leichter
Gästeanfragen gäbe es schon bis aus Aschaffenburg, darunter auch wieder Gruppen, sagt Relin. Noch seien Details zu klären, aber mit der wachsenden Zahl Genesener und vor allem Geimpfter werde es leichter werden, die Belegung zu planen. "Der Einlass wird zwar länger dauern, wenn ich alle kontrollieren muss, aber mit den neuen, wesentlich detaillierteren Regeln kann man doch was anfangen", sagt die Theaterchefin.

Nach zahllosen Planungen, Umplanungen, Neuplanungen, Verschiebungen, Zu- und Absagen steht nun fest (sofern dieser Tage überhaupt etwas feststehen kann): Am 21. und 22. Mai geht es los mit "Die meisten Afrikaner können nicht schwimmen". Das Stück hatte im vergangenen August Premiere, nun gibt es eine kurze Wiederaufnahme, bevor ab 3. Juni dann mit Daniel Kehlmanns "Heiligabend" die erste Neuinszenierung auf dem Spielplan steht.
In dem Psychothriller wird eine Wissenschaftlerin, die auf dem Weg zu ihren Eltern war, um mit ihnen Weihnachten zu feiern, angehalten und zum Verhör mitgenommen. Die Polizei hat von Attentatsplänen an Heiligabend erfahren, die Wissenschaftlerin soll zugeben, dass sie weiß, wo die Bombe versteckt ist. Es entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Verdächtigter und Ermittlern in Echtzeit.
Die Tests sind neben dem Genehmigungsprozedere auf Landkreisebene die einzige wesentliche Neuerung, ansonsten spielt das Torturmtheater, gerne auch betitelt als "kleinstes Theater Deutschlands", unter den bekannten Auflagen im Foyer: namentliche Anmeldung, Maske, Abstände, Desinfektion. Das Foyer fasst 27 Gäste, also etwa immerhin die Hälfte des Saals unter Normalbedingungen.
Dank Subventionen und Staatshilfen "mit einem blauen Auge" durch das Jahr 2020 gekommen
Weitaus kleiner ist freilich die Bühne. Sie zwingt Regie und Disposition zum Umdenken: "Es war gar nicht leicht, passende Stücke zu finden", sagt Angelika Relin. "Aber man hat gesehen, was Kreativität und Fantasie bewirken können. Wir waren gezwungen, Theater auf das Wesentliche herunterzubrechen, und die Leute waren begeistert." Ganze vier Monate konnte das Theater 2020 spielen – "so wenige Vorstellungen für so wenige Leute wie nie". Trotzdem sei sie dank stabiler Subventionen und Staatshilfen "mit einem blauen Auge" durch das Jahr gekommen. "2021 wird härter. Es gibt keine Hilfen wie 2020. Außerdem müssen diese erst noch endgültig abgerechnet werden."
Auch Brigitte Obermeier ist dankbar für die staatlichen Hilfen: "Ohne die sähe es ganz anders aus." Nun ist sie froh, wieder spielen zu können. Etwa 60 Gäste bringt sie unter Corona-Bedingungen in ihrem vor gut zwei Jahren eröffneten Haus unter. Sie kann sich nicht erinnern, so lange Zeit nicht auf der Bühne gestanden zu haben. "Man ist ja völlig entwöhnt. Jetzt muss ich erstmal meine Stimme trainieren, dass ich die Soloabende auch durchstehe."