zurück
Basketball: Bundesliga
Kommentar: Die Würzburg Baskets haben eine große Chance - und eine Zukunft, die aktuell auf tönernen Füßen steht
Nach einer unerwartet erfolgreichen Saison bleibt durch die verpassten Play-offs dennoch ein schaler Nachgeschmack. Die Zukunft hängt vor allem von einer Person ab: Trainer Sasa Filipovski.
Eine verschworene Gemeinschaft: Die Fans der Würzburg Baskets und die Mannschaft.
Foto: Julien Becker | Eine verschworene Gemeinschaft: Die Fans der Würzburg Baskets und die Mannschaft.
Thomas Brandstetter
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:16 Uhr

Was also bleibt nach so einer Spielzeit? Basketball-Bundesligist Würzburg Baskets hatte unerwartet frühzeitig die größte Angst gebannt und das erklärte Ziel Klassenerhalt eingetütet. Weil es dem Trainerstab um Chefcoach Sasa Filipovski gelang, jeden Spieler besser zu machen, aus Individualisten eine echte Mannschaft zu formen und die auch noch über sich hinauswachsen zu lassen, durften die Baskets überraschenderweise bis zum letzten Spiel sogar um die Play-offs wetteifern. Für die Teilnahme hätte ein einziger Sieg aus den letzten fünf Partien genügt. Alle gingen verloren. Die Mehrheit davon sehr knapp, vor allem auch, weil der Mannschaft ein, zwei bundesligataugliche Spieler abgingen, sie deshalb mit einer sehr kleinen Rotation auskommen musste und dadurch zuletzt auf dem Zahnfleisch robbte.

Spieler und Trainer dürfen selbstverständlich sehr enttäuscht sein, und irgendwie bleibt ein schaler Nachgeschmack. Auch, weil der Eindruck besteht, der Klub habe nach dem Verkauf und der Verletzung zweier Leistungsträger, Xeyrius Williams und C.J. Bryce, nicht komplett für adäquaten Ersatz gesorgt und für gute Voraussetzungen, um die Überraschung zu ermöglichen. Die Baskets waren auf der Suche nach größerer Kompensation, fanden aber angeblich keine bezahlbare, die in die außergewöhnlich gute Teamchemie passte.

Die Begeisterung für den Basketball wurde wiederbelebt

Was sich diese Baskets auf die Fahnen schreiben dürfen: Sie haben die vor allem durch Corona verschüttet gegangene Begeisterung für den Basketball wiederbelebt – in der Stadt und dem Umland, die zumindest bundesweit mit diesem Sport aneinandergekettet sind wie die Pfalz und der Saumagen. Natürlich gelang dies durch überraschende Erfolge – aber vielmehr noch durch außergewöhnlich leidenschaftliche Auftritte. Der Geist, eine Niederlage erst dann zu akzeptieren, wenn die Schlusssirene ertönt ist, machte die Mannschaft und die Mehrheit des Anhangs zu einer verschworenen Gemeinschaft, die sich gegenseitig befeuerte.

Soll ich bleiben? Gebt mir einen vernünftigen Etat! Noch-Baskets-Trainer Sasa Filipovski.
Foto: Julien Becker | Soll ich bleiben? Gebt mir einen vernünftigen Etat! Noch-Baskets-Trainer Sasa Filipovski.

Deshalb haben die Baskets nun eine riesengroße Chance, eine, die sie lange nicht hatten. Der Klub, der vor Corona in schöner Regelmäßigkeit große Ansprüche angemeldet hatte und an denen dann genauso regelmäßig krachend scheiterte, hat inzwischen auch durch die finanziellen Zwänge mehr Demut gelehrt bekommen. Ohne, dass er den sportlichen Ehrgeiz verlor.

Nun können die Baskets auf die aktuelle Stimmung aufbauen und sie stabilisieren – im besten Fall sogar ausbauen. Aktuell erscheint es so: Die Zukunft des Würzburger Erstliga-Basketballs steht und fällt vor allem mit einer Personalie: Sasa Filipovski. Der international erfahrene Trainer, den Sportmanager Kresimir Loncar nach der Trennung von Denis Wucherer an Land gezogen hatte, erwies sich für die Baskets als eine Art Jackpot. Der Slowene betonte mantragleich, wie gerne er in Würzburg etwas aufbauen wolle – aber eine weitere Runde mit dem Spieleretat der abgelaufenen (400.000 Euro netto) tut er sich nicht mehr an. 600.000 sollen es mindestens sein. Angebote anderer Klubs hat Filipovski zuhauf.

Es geht also – wie immer im Profisport – um den schnöden Mammon. Vier Millionen Euro Gesamtetat sind das Ziel für die nächste Runde und würden für Filipovskis Bleiben sorgen. Dass er aus wenig viel machen kann, hat er bewiesen. Derzeit fehlen dazu noch 800.000 Euro. Ein Bündnis um Baskets-Mitbegründer Jochen Bähr will helfen und annährend diese Summe beischaffen. Gelingt das nicht, ist es natürlich auch ein Armutszeugnis für die Region und ein Beweis dafür, dass Profisport zwar erduldet, aber nicht gefördert wird.

Dies führt freilich unweigerlich zu der Frage: Was tun eigentlich die Eigentümer in der aktuell so zukunftsträchtigen Phase für den Klub? Das hat diese Redaktion nachgefragt und hätte es auch gerne erfahren. Die beiden Baskets-Gesellschafter Jochen Freier und Dries Jennen, Schwiegersohn des einstigen Alleingesellschafters Bernd Freier, der durch seine Firma s.Oliver jahrelang auch Namenssponsor des Klubs war, verweigern ein Interview beharrlich. Dass beide sich auch bei der stilvoll inszenierten offiziellen Verabschiedung der aktuellen Mannschaft von den Fans am frühen Samstagabend auf der Dachterrasse eines Kaufhauses in der Würzburger Innenstadt nicht blicken ließen, ist Tatsache – und darf zumindest verwundern. Vertreter des Bündnisses, das helfen will, waren vor Ort.

Wegen eines persönlichen Streits mit einem der Gesellschafter geht nun auch noch einer der Topsponsoren des Klubs von Bord, der zuvor bereits als Gesellschafter ausgestiegen war und bislang die Baskets mit einem sechsstelligen Betrag unterstützt hatte. Selbstverständlich ist dies auch ein fatales Signal für potenzielle neue Sponsoren.

Die zumindest halbwegs solide Zukunft des Erstliga-Basketballs in Würzburg steht aktuell also offenbar auf sehr tönernen Füßen – dem jüngsten, überraschenden Erfolg zum Trotz.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Thomas Brandstetter
Bernd Freier
Denis Wucherer
Euro
Play-offs
Stadt Würzburg
Trainer und Trainerinnen
Würzburg Baskets
s.Oliver Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • G. K.
    Hallo Thomas, treffend beschrieben, ohne die nötigen Geldgeber gibt es keinen Profisport in Würzburg, egal ob Basketball, Fussball oder Handball. Es wäre wünschenswert wenn sich die Sponsoren bündeln würden, das der Basketball in Würzburg erhalten bleibt. Es gibt genügend hoch betuchte Firmen im Umkreis Würzburg, Taubertal usw., evtl. auch Deutschlandweit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. F.
    Sehr treffender Kommentar, Herr Brandstetter!
    Lediglich das Dauerthema „neue Arena“ haben Sie ausgespart.
    Dies dürfte mindestens genauso wichtig sein wie die Personalie Filipowski und man hat nicht den Eindruck, dass es da vorangeht.
    Bitte bleiben Sie da auch weiter dran!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Wenn ich lese das keiner der "Besitzer" sich genötigt fühlt ein Interview zur aktuellen Situation zu geben und keiner der beiden es für nötig hält bei der Verabschiedung anwesend zu sein dann weiß man wo das Ende wird. Die Sponsoren Suche sollte evtl weltweit gestaltet werden , über Radio Gong finden sich Fans aber keine Gönner.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten