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Fussball: 3. Liga
Kickers-Sportdirektor Neumann über Transfers: "Möglichkeiten sind begrenzt"
Der 30-Jährige ist seit etwa einem Monat für die sportlichen Belange des Würzburger Fußball-Drittligisten verantwortlich. Wie er die Rothosen aus dem Tabellenkeller bringen will.
'Es ist mein Verein', sagt Sebastian Neumann über den FC Würzburger Kickers. Seit etwa einem Monat ist der gebürtige Berliner der neue Sportdirektor des Klubs.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | "Es ist mein Verein", sagt Sebastian Neumann über den FC Würzburger Kickers. Seit etwa einem Monat ist der gebürtige Berliner der neue Sportdirektor des Klubs.
Felix Mock
 und  Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:48 Uhr

Es ist keine einfache Situation, um seinen neuen Job zu beginnen. Sicherlich hätte Sebastian Neumann, wenn er denn könnte, andere Umstände für seinen Amtsantritt als Sportdirektor der Würzburger Kickers gewählt. Seit gut einem Monat ist der 30-jährige Berliner am Dallenberg in verantwortlicher Position, er folgte auf den zusammen mit Ex-Coach Torsten Ziegner entlassenen Sportvorstand Sebastian Schuppan. Vor dem letzten Spiel der Kickers in diesem Kalenderjahr am Montagabend (19 Uhr) gegen den TSV 1860 München spricht Neumann über seine ersten Wochen bei den Kickers, mögliche Transfers in der Winterpause, und erklärt, weshalb er der Mannschaft von Trainer Danny Schwarz den Klassenerhalt zutraut.

Herr Neumann, seit etwa einem Monat sind Sie der neue Sportdirektor der Kickers. Wie verliefen die ersten Wochen am Dallenberg?

Sebastian Neumann: Zunächst war es wichtig, die Mannschaft und das Trainerteam noch näher kennenzulernen. Wir haben viele Gespräche geführt, über die Spieler und wie wir uns die Zusammenarbeit vorstellen. Ich habe auch viele externe Berater erst einmal kennenlernen müssen.

Mussten Sie lange überlegen, als Sie das Angebot bekamen?

Neumann: Ich musste da nicht lange überlegen. Als ich mit dem Fußball aufhören musste, war es mein Ziel, wieder in dieses Geschäft hineinzukommen und das in einer Management-Funktion. Darauf habe ich mich akribisch vorbereitet. Derzeit studiere ich nebenbei Sportökonomie. Dazu kommt meine Vergangenheit bei den Kickers. Es ist mein Verein, hier hatte ich meine beste Zeit als Profi. Ich wollte die Herausforderung sofort annehmen und helfen.

Die aktuell sportlich brisante Situation der Kickers hat Sie also nicht zögern lassen.

Neumann: Nein. Ich habe sofort gesagt, dass ich es mache. Ich weiß, dass es eine große Herausforderung ist. Aber ich habe Vertrauen in alle Personen hier und bin mir sicher, dass wir das gemeinsam schaffen.

Woher kommt diese Zuversicht?

Neumann: Ich kenne den Kader und weiß, dass er drittligatauglich ist. Ich kenne den Trainer und weiß, dass er zu diesem Kader gut passt. Und ich kenne die Leute hier im Verein und weiß, mit wie viel Leidenschaft, Hingabe und Zusammenhalt hier gearbeitet wird.

Wieso hängen die Kickers dann immer noch fest im Tabellenkeller?

Neumann: Es sind sicherlich viele Faktoren. Wir haben eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft, in der viele Spieler wenig Erfahrung in der sehr speziellen 3. Liga haben. Da zählt nicht nur spielerische Klasse, sondern es kommt auch auf andere Attribute an. Zudem sind viele Spieler, das muss man so deutlich sagen, in der ersten Halbserie nicht an ihr optimales Leistungsniveau herangekommen. Das erhoffen wir uns für die zweite Saisonhälfte. Wir müssen von den Spielern erwarten, dass sie den nächsten Entwicklungsschritt gehen. Das ist schwer, aber machbar.

Vom Kapitän zum Sportdirektor: Von 2016 bis 2018 lief Sebastian Neumann für die Rothosen auf und trug sowohl in der Zweit- als auch in der Drittligasaison die Binde am Arm.
Foto: Frank Scheuring | Vom Kapitän zum Sportdirektor: Von 2016 bis 2018 lief Sebastian Neumann für die Rothosen auf und trug sowohl in der Zweit- als auch in der Drittligasaison die Binde am Arm.
Was macht in dieser Situation Hoffnung?

Neumann: Dass wichtige Spieler jetzt wieder dabei sind. Wir hatten eine Phase mit vielen Verletzten. Ein Beispiel ist Maxi Breunig. Ich freue mich, dass er wieder da ist. Daniel Hägele hat sofort Ruhe in das Spiel gebracht und das 2:1 eingeleitet (gegen Zwickau, Anm. d. Red.). Er ist ein erfahrener Spieler, den die Mannschaft als Stütze braucht. Diese Jungs haben uns in der Hinrunde einfach gefehlt.

Maximilian Breunig hat als Eigengewächs eine besondere Rolle. Wie beurteilen Sie seine Entwicklung?

Neumann: Sehr positiv. Viele wissen wahrscheinlich gar nicht, dass Maxis erster Drittligaeinsatz auch ein bisschen wegen mir zustande gekommen ist. Das war damals in Erfurt, als Michael Schiele mich gefragt hat, ob ich nochmal reinkommen möchte. Ich habe ihm gesagt, er soll Maxi eine Chance geben. Dann hat er ihn eingewechselt. Auch durch meine Zeit im LZ habe ich natürlich eine etwas engere Bindung zu Spielern aus der eigenen Jugend. Ich erwarte von ihm, dass er sich stetig weiterentwickelt. Er ist mit seiner Qualität extrem hilfreich für uns. Er hat leider viel unter Verletzungen gelitten. Aber auch das sind Phasen, die Spieler mitnehmen müssen. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Ich war die Hälfte meiner Karriere verletzt. Ich hoffe, dass wir hier noch viel Spaß mit ihm haben werden.

Hat Sie Maximilian Breunigs Unfall vor etwa zweieinhalb Jahren aufgrund Ihrer eigenen Geschichte besonders mitgenommen?

Neumann: Ich habe es aus der Ferne mitbekommen und mich nach ihm erkundigt, den ein oder anderen Kontakt hatte ich ja noch. Das sind bittere Schicksalsschläge, ich kenne mich da leider aus. Wenn man will, kann man durch solche Erfahrungen aber gestärkt aus einer solchen Situation herausgehen.

Stichwort Erfahrung: Ist es das, was dieser jungen Mannschaft am meisten fehlt?

Neumann: Unseren jetzigen Spielern fehlt der nächste Entwicklungsschritt. Da muss sich jeder Einzelne hinterfragen. Wo will ich hin, und was tue ich dafür? Aber ich bin überzeugt von der Mannschaft, wie sie aktuell zusammengestellt ist. Es ist mir zu einfach, zu sagen: Weil der Mannschaft derzeit dieses oder jenes fehlt, holen wir neue Spieler. Wir konzentrieren uns zunächst auf unsere derzeitige Mannschaft. Was dem jungen Team fehlt, ist ein Stück Cleverness. Aber das wird kommen.

Viel Zeit bleibt aber nicht, um in die Spur zu kommen. Die Kickers benötigen dringend Punkte.

Neumann: Wir sind ja nicht abgeschlagen Letzter. Aber der nächste Schritt muss jetzt in der Wintervorbereitung kommen.

"Wir brauchen Spieler, die mehr Verantwortung übernehmen. Dass junge Spieler, die erste Erfahrungen im Profifußball sammeln, keine Lautsprecher sind, ist klar."
Sebastian Neumann, Sportdirektor bei den Würzburger Kickers
Eine Wintervorbereitung, die wohl ohne Trainingslager stattfinden wird. Wie schwer wiegt das, gerade in der jetzigen Situation?

Neumann: Stand jetzt haben wir kein Trainingslager geplant. Es ist aber nicht nur die Pandemie, die dafür sorgt. Zeitlich ist es auch nicht einfach, Mitte Januar ist schon wieder der nächste Spieltag. Das sind zwei Wochen. In unserer Situation die Zeit mit An- und Abreise zu verschwenden, macht wenig Sinn. Wir wollen uns hier sinnvoll vorbereiten. Zudem kennt sich die Mannschaft gut. Diese für Trainingslager typischen Teammaßnahmen braucht es im Januar nicht unbedingt. Es geht in diesem Jahr nicht anders, aber das nehmen wir an und versuchen, das Beste draus zu machen.

Vor allem im jetzt wieder leeren Stadion fällt auf, dass die Kickers auf dem Rasen eine sehr leise Mannschaft sind. Muss sich das ändern?

Neumann: Wir brauchen Spieler, die mehr Verantwortung übernehmen. Dass junge Spieler, die erste Erfahrungen im Profifußball sammeln, keine Lautsprecher sind, ist klar. Dafür haben wir andere Spieler. Da erwarte ich mehr, gerade wenn es nicht gut läuft.

Lässt sich ein solches Verhalten von oben verordnen oder fehlt es schlicht an Typen, die vorangehen?

Neumann: Die Typen sind da. Wir haben Spieler, die das machen. Wir fordern das immer ein.

Die Mannschaft ist nicht nur auffällig leise, sondern macht gerade in Spielen wie gegen Zwickau den Anschein, dass sie nicht abgezockt genug ist.

Neumann: Das sind Dinge, die auch mit dem Saisonbeginn zusammenhängen. Die ganzen Niederlagen, die Tabellensituation. Ich kenne das ja auch aus meiner aktiven Zeit. Gerade bei jungen Spielern fängt es dann an, im Kopf zu rattern. Da fehlt dann oft der Mut und das Selbstvertrauen, das haben wir in Halle gesehen nach dem Tiefschlag gegen Braunschweig. Gegen Zwickau war es viel besser, darauf lässt sich aufbauen.

Sind im regelmäßigen Austausch: Kickers-Trainer Danny Schwarz und Sportdirektor Sebastian Neumann.
Foto: Daniel Lakomski / foto2press | Sind im regelmäßigen Austausch: Kickers-Trainer Danny Schwarz und Sportdirektor Sebastian Neumann.
Kürzlich hat Danny Schwarz gesagt, sein Wunschzettel für das Transferfenster sei bereits bei Ihnen hinterlegt. Wie lang war die Liste?

Neumann: Danny und ich sind im regelmäßigen Austausch. Wir schauen, was aus finanzieller und sportlicher Sicht sinnvoll ist. Wir machen unsere Hausaufgaben, aber ich werde sicherlich keine Namen oder Positionen nennen. Aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Wir haben aus der Vergangenheit gewisse Altlasten, die uns die Sache nicht leichter machen.

Begrenzt sich die Suche also auf Leihspieler oder vertragslose Akteure?

Neumann: Das sind die Fragen, mit denen ich mich beschäftige. Wir können nicht riesige Ablösesummen zahlen, das geht nicht. Deswegen suchen wir nach Alternativen.

In welche Richtung soll es für die Kickers künftig mit Ihnen als Sportdirektor gehen?

Neumann: Ich komme aus dem LZ und kenne die Strukturen sehr gut. Die Verzahnung der Profis mit dem LZ werde ich weiterhin forcieren. Wir wollen vielen jungen Talenten die Möglichkeit geben, immer wieder bei den Profis reinzuschnuppern. Das wird auf jeden Fall der Weg der Kickers sein. Mittelfristig habe ich natürlich Ideen, wo es hingehen soll. Das ist jetzt aber in den Hintergrund gerückt, wir haben eine schwierige Aufgabe mit dem Ziel Klassenerhalt. Da brauchen wir nicht über derlei Dinge sprechen. Wir wollen auch im nächsten Jahr weiter in der 3. Liga spielen. Danach können wir uns Gedanken machen.

Will heißen: Steigen die Kickers ab, sind all diese Überlegungen Makulatur.

Neumann: Ich möchte nicht vom Abstieg sprechen. Wir werden alles dafür tun, die Klasse zu halten. Und dann unseren Weg, den wir eingeschlagen haben, weitergehen.

Auch Trainer der Würzburger Kickers war Sebastian Neumann (Mitte) schon, wenn auch nur übergangsweise. Zusammen mit Dieter Wirsching (links) leitete er die Mannschaft um Angreifer Marvin Pourié (vorne) nach der Entlassung von Torsten Ziegner an.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Auch Trainer der Würzburger Kickers war Sebastian Neumann (Mitte) schon, wenn auch nur übergangsweise. Zusammen mit Dieter Wirsching (links) leitete er die Mannschaft um Angreifer Marvin Pourié (vorne) nach der ...
Haben alle Spieler in der Mannschaft die Tragweite der Situation erkannt?

Neumann: Ja, davon bin ich überzeugt. Das weiß ich alleine schon durch meine Zeit als Interimscoach zusammen mit Dieter Wirsching, als ich die Mannschaft hautnah bei mir hatte. Das habe ich gespürt. Jeder weiß, worum es geht und ist sich dessen bewusst, was auf dem Spiel steht.

Um nicht abzusteigen, wären drei Punkte gegen 1860 München ein wichtiger Schritt. Was erwarten Sie sich vom Spiel am Montagabend?

Neumann: Dieses halbe Jahr mit einem positiven Gefühl abzuschließen, wäre sehr wichtig. Wir wollen 1860 einen großen Kampf liefern und das Spiel gewinnen. Dafür werden wir alles geben.

 
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    Sommer 2023
    Bayernliga Eröffnungsspiel
    WFV gegen Kickers
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  • dallenberg
    .... das setzt ja voraus, daß es den WFV da noch gibt ... !!
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  • Much
    Wenn jetzt den Herrn Fischer es nicht egal ist wo es hingeht mit den Kickers,dann macht er was locker damit Verstärkung geholt werden kann.
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  • wmk
    Die Mittel der Kickers sind begrenzt, sagt Herr Neumann !

    Da stellt sich mal wieder die Frage: Für was hat man eigentlich einen Hauptsponsor ??

    Mir stellt sich seit langem die Frage: Was macht FLYERALARM eigentlich bei den Kickers ??

    Man lässt immer im Sommer Verträge auslaufen und muss die Spieler dann ablösefrei (!!) gehen lassen und verpflichtet ebenfalls ablösefreie Spieler. Das ist ein Nullsummen-Spiel !!

    Daher nochmal die Frage: Wofür brauchen die Kickers eigentlich FLYERALARM ??
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  • kaih@bonn-online.com
    hallo wmk,

    FLYERALARM druckt alles, nur Geld nicht. Zudem hat Flyeralarm mit dem Magath-Engagement einen sicherlich nicht ganz billigen Beitrag zur Entwicklung des Vereins geleistet!
    Neumann spricht von "gewissen Altlasten": Ziegner und Schuppan stehen mit Sicherheit noch auf der Gehaltsliste, Toko kostet weiter, und wer weiß, welche Ex-Trainer und -Cotrainer noch kassieren, freigestellt ist ja nicht entlassen. Vielleicht gibt es ja auch noch Verpflichtungen gegenüber Herrn M.? Egal, ob die Verbindlichkeiten am Verein oder am Sponsor hängen, Geld kann man nicht zweimal ausgeben.
    Mit Verträgen und Ablösesummen ist das so eine Sache: Steigt ein Drittligakader mit langen Verträgen auf, fehlt das Geld für Verstärkungen, Steigt ein Zweitligakader mit langen Verträgen ab, ist er in der 3.Liga nicht zu finanzieren. Das betrifft den Großteil der Zweit- und Drittligisten. Nach Schieles Aufstieg hat man übrigens eine ganze Achse von Tor bis Sturm gewinnbringend verkauft, die dann fehlte...
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  • stefan.behringer@web.de
    Ohne Fischer würden sie vermutlich mit dem WFV um die goldene Ananas spielen. Vielleicht wären sie auch noch weiter unten.
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