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Steilpass-Serie
Jens Kollert: Torhüter, Torjäger – und sein Herz schlägt noch immer für die Würzburger Kickers
Im Steilpass-Interview spricht der ehemalige Rimparer Keeper über die Rolle als Torhüter und Torjäger, seine sportliche und berufliche Laufbahn und uralte Videos aus der Kickers-Jugend.
Es war eine denkwürdige Szene im Sachs-Stadion. Jens Kollert nach dem 2:0 durch Visar Rushiti. Der Rimparer Keeper war aus seinem Tor gelaufen, um den Schiedsrichter zu sagen, dass ein Ordner zusammengebrochen war. Rushiti hatte das nicht mitbekommen und aus 60 Metern ins verwaiste Tor getroffen.
Foto: Marion Wetterich | Es war eine denkwürdige Szene im Sachs-Stadion. Jens Kollert nach dem 2:0 durch Visar Rushiti. Der Rimparer Keeper war aus seinem Tor gelaufen, um den Schiedsrichter zu sagen, dass ein Ordner zusammengebrochen war.
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 11.02.2024 10:59 Uhr

Seine ganze Jugend bei den Würzburger Kickers und im Herrenbereich erfolgreich beim ASV Rimpar. Jens Kollert hat als Torhüter einiges erlebt und dabei nicht nur Tore verhindert. Im Steilpass-Interview spricht er über ein Gegentor, bei dem der sportliche Aspekt in den Hintergrund trat.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Jens Kollert: Dominik Schlessmann hat mich angespielt, so wie früher in einigen Spielen, wenn er einen Rückpass spielen musste. Domi kenne ich schon sehr lange, wir haben quasi zusammen in die Rothosen-Windeln gemacht. Später haben wir dann auch in der ersten Mannschaft zusammen gespielt, der Kontakt ist nie abgebrochen. Domi ist einer meiner ältesten Freunde.

Wie war Ihr Laufweg?

Kollert: Meine komplette Jugend habe ich bei den Würzburger Kickers gespielt. Nach einer Saison im Herrenbereich bin ich zum FC Haßfurt gewechselt, damals noch in der Landesliga. Dort habe ich zwei Jahre gespielt und bin anschließend zurück zu den Würzburger Kickers gegangen, die damals auch in der Landesliga spielten. Nach zwei weiteren Jahren am Dallenberg hat es mich 2007 zum ASV Rimpar gezogen. Im ersten Jahr sind wir direkt in die Landesliga aufgestiegen. In Rimpar bin ich ganze sechs Jahre geblieben und 2013 zum SV Heidingsfeld gewechselt. Der SVH hat damals in der Bezirksliga gespielt. 2016 habe ich dann meine aktive Karriere beendet und wurde anschließend Torwart-Trainer in Heidingsfeld.

Was macht die Karriere nach der Karriere?

Kollert: Seit 2019 mache ich nichts mehr im sportlichen Bereich, was Fußball angeht. Ich versuche, mich mit Joggen und Fitness in Form zu halten. Außerdem hält mich mein fünfjähriger Sohn auf Trab, und ich genieße die gemeinsame Zeit mit ihm und meiner Frau. Beruflich habe ich letztes Jahr den Weg in eine regionale Bank gefunden und bin dort im Bereich Baufinanzierung tätig. Den Beruf als Bankkaufmann habe ich auch zu Lehrzeiten gelernt und führe ihn bis heute aus.

Bei einem Torhüter muss die Frage erlaubt sein: Wieso sind Sie Torwart geworden oder wären Sie vielleicht sogar lieber Stürmer gewesen?

Kollert: Ausschlaggebend, warum ich Torwart werden wollte, war die WM 1990 in Italien und die vielen Elfmeterschießen in den K.o.-Spielen. Ich fand es damals immer schon beeindruckend, wenn der argentinische Nationaltorwart Sergio Goycochea die Dinger aus den Ecken gekratzt hat. Bei Andy Brehmes Elfer hatte er ja zum Glück keine Chance. Tatsächlich habe ich vorher aber auch Handball gespielt, denn ich komme aus einer absoluten Handballfamilie. Bis ich 18 Jahre alt war, habe ich beides parallel laufen lassen, später wurde das dann zu viel. Man sagt mir aber nach, dass ich auch ein ganz guter Feldspieler geworden wäre, vorzugsweise dann tatsächlich im Sturm.

In Ihrer Karriere gab es 2009 eine sehr kuriose Szene, als hinter ihrem Tor ein Ordner zusammengebrochen war. Können Sie das noch mal beschreiben?

Kollert: An die Szene kann ich mich noch sehr genau erinnern. Wir hatten mit Rimpar damals in der Landesliga im Sachs-Stadion gegen Schweinfurt 05 gespielt und hatten Eckball. Ich habe im Augenwinkel gesehen, dass ein Ordner am Spielfeldrand umgekippt ist. An diesem Tag war es sehr warm. Aufgrund der Größe des Stadions hat das aber außer mir und ein paar Zuschauern hinterm Zaun keiner bemerkt, und deswegen bin ich aus meinem Tor zur Mittellinie geeilt, um den Schiedsrichter darauf aufmerksam zu machen und das Spiel zu unterbrechen. In der Zwischenzeit hatten wir aber die Ecke bereits ausgeführt und Schweinfurt den Ball geklärt. Visar Rushiti hat den Ball dann an der Mittellinie bekommen und über mich hinweg ins Tor geschossen. Ich war gerade wieder auf den Weg zurück ins Tor. Das war das 2:0 für Schweinfurt und ärgerlich, weil wir nah dran waren am Ausgleich. Dem Ordner wurde anschließend direkt geholfen, und er wurde ins Krankenhaus gebracht. Die Sache ging gut für ihn aus. Das Sportliche trat da etwas in den Hintergrund.

Die Kickers, Rimpar und der SV Heidingsfeld. Dazu wird Ihnen Interesse am FC 05 Schweinfurt nachgesagt. Für wen schlägt Ihr Herz heute?

Kollert: Für den FC 05 hat mein Herz eigentlich noch nie geschlagen. Ich weiß auch gar nicht genau, woher das kommt. Ich hatte damals, als Schweinfurt in der Bayernliga gespielt hat und auf dem Weg in die Regionalliga war, mal zwei Probetrainings dort, mehr aber auch nicht. Natürlich war das Umfeld sehr professionell, das hat mir imponiert. In meiner Brust schlagen zwei sportliche Herzen, natürlich für die Würzburger Kickers und für den TSV 1860 München. Mein Vater war ein großer Löwen-Fan – und das hat abgefärbt. Ich war oft mit ihm im Stadion, egal ob Grünwalder, Olympiastadion oder Allianz-Arena.

Ich habe mal ganz tief im Archiv gekramt. Sie haben als Torhüter auch mal ein nicht unwichtiges Tor erzielt. War das das Einzige? Und wie war die Erfahrung für Sie?

Kollert: Ich denke Sie spielen auf das 1:1 in der Nachspielzeit gegen die Würzburger Kickers II an? Da bin ich beim letzten Eckball mit vorgegangen und habe zum Ausgleich eingenickt. Das war natürlich etwas Besonderes für mich, weil es gegen meine alte Liebe, die Kickers, ging. Ich habe beim SV Heidingsfeld in der Bezirksliga gespielt, die Kickers waren mit ihrer Zweitvertretung souveräner Tabellenführer zu der Zeit. Tatsächlich ist mir das Kunststück vorher in Haßfurt schon einmal gelungen. Da war es aber mit dem Fuß, ein klassischer Abstauber.

Moderne Torhüter müssen ja nicht nur ihre Kernkompetenz, das Toreverhindern, beherrschen, sondern auch mitspielen können. Wie finden Sie diese Entwicklung?

Kollert: Die Entwicklung finde ich grundsätzlich gut. Das ging ja mit der Abschaffung der Rückpassregel schon los. Das macht das Spiel einfach schneller. Die modernen Torhüter sind durch die Bank auch alle gute Fußballer. Das gefällt mir.

Als Torhüter sind Sie immer das letzte Glied in der Kette. Wie geht man mit diesem Druck um? Ihre Fehler kann schließlich keiner mehr ausbügeln.

Kollert: Mir hat der Druck nie etwas ausgemacht, aber ich habe schon eine gewisse Verantwortung gespürt. Natürlich kannst du dir als Torwart mit einer Aktion ein ganzes Spiel "kaputt machen". Andererseits kannst du deiner Mannschaft auch Spiele retten. Das macht den Reiz aus und hat mir immer Spaß gemacht. Negativen Druck habe ich nie empfunden.

1992 hat ihr Teambetreuer mal ein Video über die Mannschaft zusammen gestellt. Worüber können Sie da heute noch lachen?

Kollert: Eigentlich ist das ganze Video zum Lachen, weil ich viele Personen, die da drauf sind, auch heute noch kenne. Damals war ich acht Jahre alt. Ich habe mich zum Beispiel beim Porträt versprochen und gesagt, ich hätte meine "Torwarthandschuhe vergassen". Dominik Schlessmann hat geschnauft wie ein Ochse, als er nach ein paar Dribblings vor die Kamera getreten ist. Das sind schöne Erinnerungen an die Kickers-Jugend.

Wen spielen Sie an und warum?

Kollert: Ich spiele Stefan Ruhl an. Mit ihm als Mitspieler hatte ich eine absolut geniale Zeit beim ASV Rimpar. "Ruhles" ist einfach ein feiner Kerl, mit dem man herrlich über Fußball diskutieren kann. Und da diese Rubrik ja auch mal in einen anderen Landkreis gehen soll und er in Hergolshausen (Landkreis Schweinfurt) wohnt, passt das perfekt.

Steilpass-Serie

Alle zwei Wochen stellen wir in dieser Serie einen Sportler oder eine Sportlerin aus der Region vor. Beim "Steilpass" sind immer die ersten zwei Fragen und die letzte Frage gleich.
Das Besondere: Nicht wir bestimmen, wer angespielt wird, sondern der vorherige Kandidat oder die Kandidatin spielt den Ball steil – quer durch verschiedene Sportarten und unser Verbreitungsgebiet. Wir hoffen, dadurch spannende Querverbindungen im unterfränkischen Sport zu finden.
Quelle: tei
 
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