Wenn Gerhard Bemerl über seine Zeit als Fußballer spricht, merkt der Zuhörer schnell: Der ist mit sich und seiner Entscheidung im Reinen. Wenn die Saison vorbei ist, hört der 64-Jährige auch als Trainer auf. Freiwillig. Ein Blick zurück auf eine Karriere, die mit neun Jahren beim TSV Lengfeld begann.
"Mit einem Jungen aus der Nachbarschaft habe ich mich damals beim TSV angemeldet: Claus Fischer, sein Sohn Jannik spielt heute in Rottendorf in der ersten Mannschaft." Schnell wird klar: Bemerl kennt Gott und die Welt, und alle kennen Bemerl. 55 Jahre, 15 Stationen, elf Meisterschaften oder Aufstiege als Spieler und Trainer: "Gar nicht so schlecht", findet er. Er hat Notizen und Berichte aus dieser Zeit gesammelt und inzwischen im Computer gespeichert.
Von Lengfeld zu Heidingsfeld in die Landesliga
Mit 18 stieg der Jungspund in die erste Mannschaft auf, gewann mit Lengfeld in der damaligen C-Klasse die Meisterschaft. Als Mittelstürmer schoss er 36 Tore. Das weckte Interesse. Bei einem Pokalspiel in Estenfeld sprach Horst Weis, damaliger Vorsitzender des SV Heidingsfeld, den Schlaks an, steckte ihm 100 Mark "für ein Paar Fußballschuhe" zu und lockte ihn in die vierte Liga ("Du stehst dann jede Woche in der Zeitung."). Er sollte Recht behalten.
"Das war ein riesengroßer Sprung", erinnert sich Bemerl. In Oberkotzau bestritt der 19-Jährige sein erstes Spiel für die "Hätzfelder", schoss ein Tor, legte das zweite auf. "Nach der Vorbereitung war ich Stammspieler, das hatte ich nie und nimmer gedacht." Auch ein Kumpel nicht: "Er sagte noch zu mir, dass ich das nicht packe. Danach hat er mich angerufen, gesagt, dass er falsch lag, und mir gratuliert. Das war ein feiner Zug von ihm."
Gerhard Bemerl spielte 13 Jahre beim SV Heidingsfeld, stieg 1985 mit Werner Lorant als Trainer in die drittklassige Bayernliga auf. Der SVH war Mitte bis Ende der 1980er-Jahre mit Spielern wie Gerhard Skalka, Heribert Müller, Nobby Fürhoff, Jürgen Weißenberger, Rainer Scheller, Karl-Heinz Fesel, Rudi Gürtler, Erich Schmitt oder Torhüter Frank Gollwitzer die Nummer eins im Würzburger Fußballer. Bis zu 4000 Menschen kamen zu den Heimspielen am Wiesenweg.
Trainer Lorant stellt Bemerl als Libero auf
Im ersten Bayernliga-Spiel nach dem Aufstieg stellte ihn Lorant gegen 1860 München (2:2) – Freitagabend, Flutlicht, 12.000 Menschen im Grünwalder Stadion – als Libero auf. "Ich hatte die Hosen gestrichen voll", gesteht er. Eine Woche später notierte ein Kollege für diese Zeitung: "Libero Bemerl überzeugte vermutlich auch die letzten Zweifler."
"Ich hatte eine total schöne Zeit in Heidingsfeld. Ich konnte mich immer durchsetzen, obwohl ich das selbst nicht glauben konnte. Ich hatte aber auch Gerd Skalka vor mir, ein Riesenkerl mit 1,93 Metern. Der hat alles weggehauen, was kam, und ich dahinter konnte ein bisschen glänzen", sagt Bemerl schmunzelnd. "Das war damals ja eine völlig andere Spielweise."
Bis heute hätten sich Kontakte zu früheren Mitspielern gehalten: Frank Gollwitzer, den er als sehr guten Freund nennt, Karl-Heinz Fesel, Rainer Scheller oder Raimund Eichelbrönner, zählt "Disco" Bemerl auf – ein Spitzname, den er dem Zwischenruf eines Zuschauers ("Den Bemerl hab ich gestern in der Disco gesehen.") zu verdanken hatte.
Danach Trainer zu werden, sei eigentlich gar nicht sein Plan gewesen, gibt er zu: "Ich habe auch nie einen Trainerschein gemacht." Als ihn Erwin Albert in Heidingsfeld aber nicht mehr berücksichtigte, nahm er mit 32 ein Angebot des TSV Himmelstadt an.
Die freien Sonntage gehören bald der Familie
In weiteren 32 Jahren folgten – in dieser Reihenfolge – Stationen beim SV 09 Würzburg, bei der DJK Würzburg, beim FC Winterhausen, SV Kürnach, SV Hoheim, SV Willanzheim, bei Dettelbach und Ortsteile, bei der FG Goßmannsdorf-Tückelhausen, beim TSV Theilheim, SV Kürnach, bei der DJK Effeldorf und noch einmal beim SV Kürnach II. Einige waren nur von kurzer Dauer, bei anderen blieb Bemerl länger und feierte Erfolge. Sein größter: "Ich bin von keinem Verein im Bösen gegangen, so dass ich mich heute noch überall sehen lassen kann."
Als ihm ein Gegenspieler im Sprint auf zehn Metern drei abgenommen habe, erkannte der 41-Jährige: "Jetzt ist lieber mal Schluss." Bemerl pausierte fünf Jahre, da seine zweite Tochter Alessia zur Welt kam, ehe er beim SV Hoheim auftauchte. "Das war lustig", sagt er, lacht und sieht darüber hinweg, dass dort wie anderswo wohl keiner so gut kicken konnte wie er.
Seine längste Zeit als Trainer, unterbrochen durch die Corona-Pandemie, verbrachte er bei der DJK Effeldorf: fünf Jahre A-Klasse. "Wir haben nie vorne mitgespielt, es hat trotzdem wahnsinnig viel Spaß macht." Sein Engagement beim TSV Theilheim war das einzige, für das er den Fußball-Kreis Würzburg verließ. "Am letzten Spieltag standen wir das erste Mal überhaupt ganz vorne. Ich bin danach erst früh um sechs nach Hause gekommen", erinnert er sich.
Was an dieser Stelle gut ins Gespräch passt: "Meine Frau Annette hat in der ganzen Zeit so einiges mitgemacht. Wir haben uns noch vor meiner Bayernliga-Zeit kennengelernt. Auch deshalb habe ich gesagt: Mit 65 ist mal gut. Es macht mir immer noch Spaß, aber es ist Zeit aufzuhören." Und weil er bald Opa sei. "Wir können übers Wochenende runterfahren, wenn ich dann sonntags frei habe." Seine ältere Tochter Selina und Schwiegersohn Florian, den er freilich auch schon mal trainierte, wohnen in München.
Leitmotiv: Es soll Spaß machen – "und das hat es!"
Ganz auf Fußball verzichten will Bemerl nicht: "Ich werde auf jeden Fall Zuschauer bleiben, auf den Platz gehen und mir Spiele anschauen", kündigt er an. Fit ist er, auch wenn das Knie in all den Jahren etwas gelitten hat: Seit über 20 Jahren fahre er von Kürnach aus, wo er seit 1999 wohnt, mit dem Fahrrad zur Arbeit nach Würzburg.
Was fällt ihm ein, wenn er auf 55 Jahre als Spieler und Trainer zurückschaut? "Im Fußball hat sich in der ganzen Zeit so viel geändert. Ich hätte früher nie gedacht, dass sich die Viererkette mal durchsetzen wird." Auch die Spielweise sei heute flexibler und dynamischer. Ob er auch gerne mal höherklassig trainiert hätte? "Gar nicht. In höheren Klassen ist der Aufwand ungleich größer. Ich wollte es immer als Hobby nebenher machen und den Jungs ein bisschen was beibringen. Es sollte Spaß machen – und das hat es!"