"Los! Da geht mehr! Nächste Runde!" Heribert Müller konnte schon auch fordernd sein. Zumindest als Trainer einer Jugendmannschaft - wie damals beim SV Heidingsfeld. Und wenn es sein musste, ist er sogar mitgelaufen. Letztlich nicht vorneweg - aber er hat mitgehalten. In seinem End-30-Alter damals durchaus respektabel gegen lauter testesterongeschwängerte Jugendliche, die es dem ehemaligen Fußballprofi natürlich zeigen wollten.
Nach dem Laufen durch den Trimm-Dich-Pfad neben der Autobahn, nicht weit weg oben vom Waldfriedhof und den Drei Pappeln in Würzburg, hat Heribert Müller dann auf dem Trainingsplatz beim Fünf-oder-Sechs-oder-Sieben-gegen-Zwei-Eckchenspiel zum Warmmachen den Großmäuligeren unter seinen Teenagern gelehrt: Beim Fußball kommt es nicht nur aufs Laufen an. Vielmehr darum, wie man die Kugel zu streicheln vermag. Das war Mitte, Ende der Achtziger. Damals war noch nicht abzusehen, dass Heribert Müller, den alle nur Heri nannten, so schwer erkranken würde, dass er nun, im Alter von nur 66 Jahren gestorben ist.
Heribert Müller schien ein sehr nahbarer und sehr empfindsamer Mensch zu sein. Das kann man sich erlauben zu sagen, nun im Rückblick, wenn man ihn ein wenig kennen gelernt hatte.
Und nun ist er tot.
Heribert Wer? Denken sich inzwischen vermutlich viele Fußball-Anhänger heute. Heribert Müller war bis August 2009 (dann traf Bastian Götzfried vom WFV per Bogenlampe in Leinach) der einzige Würzburger Fußballer, der ein von der ARD gekürtes "Tor des Monats" geschossen hat: Sein Fallrückzieher am 22. Januar 1978 in der Partie gegen den Karlsruher SC bescherte die Führung für den FV 04 Würzburg, der das Spiel dann 2:0 gewann in der Zweiten Bundesliga Süd. Mindestens einer, der diesen außergewöhnlichen Schuss damals als Balljunge sah, hat ihn später dann im Trimm-Dich-Pfad an der Autobahn abgehängt. Und viel von ihm gelernt.
Heribert Müller, geboren am 13. Februar 1954, kickte vor allem im offensiven Mittelfeld - ja, so hieß das damals noch. Es war eine Zeit, in der das heute so oft auch unsinnig benutzte Wort Umschaltspiel etwas beschreibt, das damals einfach nur Konter hieß. Müller traf laut DFB-Datenbank in 82 Spielen für die 04er in der damaligen Zweiten Bundesliga und im DFB-Pokal vier Mal. Und schrieb sich (nicht nur) mit seinem Fallrückzieher in die (Würzburger) Fußball-Geschichte ein.
"Als ich vom Tod von Heri gehört habe, habe ich mir sofort dieses Tor noch einmal angeschaut", sagt Gerhard Skalka. Einer, der bei 04 eine Saison lang mit Müller zusammen kickte und später dann noch neun Jahre lang beim zwischen Bayern- und Landesliga wandernden SV Heidingsfeld.
Dort wurde Gerhard Bemerl Müllers Nachfolger als Libero. Ja, damals gab es noch einen Libero, also einen hinter dem Vorstopper und dem rechten und linken Außenverteidiger. Also die Rolle, die Franz Beckenbauer neu interpretiert und zur Perfektion gebracht hatte. Heribert Müller verzog sich gegen Ende seiner Karriere aus dem offensiven Mittelfeld hinter den Vorstopper, das war Usus damals im Fußball, wenn einer das Leder umschmeicheln konnte und das Spiel eröffnen. Und sich im Alter nicht mehr die Knochen polieren lassen wollte vorne im Sturm. Heribert Müller war ein eleganter Fußballer - hätte er gefochten, wäre bestimmt eher das Florett als der Säbel die Waffe seiner Wahl gewesen. Grätschen? Allenfalls im Notfall. Auge, Stellungsspiel, Erfahrung helfen ja auch heute noch.
Telefoniert man heute mit Müllers ehemaligen Heidingsfelder Teamkollegen Gerhard Bemerl, fällt ihm recht flott eine bemerkenswerte Geschichte ein. Routinier Heribert Müller war während der Vorbereitung auf die neue Saison erst einmal zwei Wochen in Urlaub. Bemerl sollte ihn als Libero vertreten. Und seine Vorstellungen gefielen Spielertrainer Werner Lorant so gut, dass der sagte: "Du bist mein Libero." Heribert Müller saß dann erst einmal auf der Bank. Als "ganz komisch" empfand Bemerl, der fünf Jahre jünger ist als Müller, das damals.
Skalka sagt: "Heri war ein richtig Großer." Wart Ihr Freunde? Ja, aber die letzten Jahre wurde es durch Müllers Parkinson-Krankheit immer schwieriger. Das sagen viele alte Weggefährten, die alle sehr bestürzt sind und ihr Mitleid von Herzen bekunden, unisono: Sehr sehr schade, dass der Kontakt so schwierig geworden war. Heribert Müller war - nach seiner Fußballer-Karriere - über 26 Jahre lang Hausmeister der Max-Dauthendey-Grundschule in Würzburg. Er wurde im ganz engen Familienkreis beerdigt.
ein toller Mensch, der gerade für junge Mitspieler Ansprechpartner war und von den man viel lernen konnte. R.I.P