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Fußball: Trauer um eine Legende
Fußball-Legende „Nobby“ Fürhoff ist tot
Würzburg und die deutsche Fußballwelt trauern um den ehemaligen Spieler Günter 'Nobby' Fürhoff, hier mit seiner Frau Gaby. Fürhoff lebte in Würzburg.
Foto: Archivfoto (2013): Frank Kranewitter | Würzburg und die deutsche Fußballwelt trauern um den ehemaligen Spieler Günter "Nobby" Fürhoff, hier mit seiner Frau Gaby. Fürhoff lebte in Würzburg.
Thomas Brandstetter
 |  aktualisiert: 28.05.2019 10:15 Uhr

„Der Netzer hatte den Wimmer, und ich hatte den Lorant.“ Ein Satz wie er typisch war für ihn. Prägnant, und trotzdem ist alles gesagt. Ein Satz auch, in dem er nicht mir und mich vertauschen musste, wie er es in seinem Ruhrpott-Dialekt, den er auch nach 37 Jahren in Würzburg nicht abgelegt hatte, so gerne tat. Günter Fürhoff war kein Mann der großen Worte. Am Montag ist er für immer verstummt. Im Alter von 68 Jahren starb Fürhoff, wohl an den Folgen seiner Lungenkrebserkrankung. Die feierliche Aussegnung findet am Freitag auf dem Würzburger Waldfriedhof statt.

„Den Günter Fürhoff, den kennt doch keiner“, hat er erst vor gut zwei Jahren dieser Redaktion gesagt. „Aber beim 'Nobby', da wissen die Leute alle, was los ist.“ Seine Ehefrau Gaby mochte den Spitznamen nie. Zu Hause war er immer der Günter. Auf dem Platz nur der 'Nobby'. Sein Mannschaftskollege Willi Lippens taufte ihn anfangs seiner Karriere so, nachdem Fürhoff ein Vorderzahn abgebrochen war, weil dem englischen Nationalspieler Nobby Stiles zuvor Selbiges passiert war.

Mit Fürhoff ging der vielleicht begnadetste Fußballer, der je das Trikot unterfränkischer Vereine trug, und früher war die Meinung keine Seltenheit, dass „Nobby“ mehr Gefühl in seinem kleinen linken Zeh habe als alle unterfränkischen Kicker zusammen in beiden Füßen. Einen „genialen Fußballer“ nennt ihn sein alter Weggefährte Walter Szaule, der lange Jahre beim FV 04 Würzburg mit Fürhoff kickte, unter anderem in der Zweiten Liga.

In Essens Jahrhundertelf

Szaule weiß eine nette Geschichte: Er war neulich in Urlaub in Asien, und in der Reisegruppe war auch ein Mann aus Essen. Sie kamen ins Gespräch, und plötzlich schwärmte der Essener über Szaules alten Mannschaftskollegen, den er in den Siebzigern spielen sah bei Rot-Weiß Essen, für das Fürhoff 77 Tore in 309 Spielen schoss, darunter 20 Treffer in 153 Partien in der Bundesliga, in der er sechs Jahre spielte. Auch wenn er nie so berühmt wurde wie mancher seiner Mannschaftskollegen, die späteren Nationalstürmer Manfred Burgsmüller oder Horst Hrubesch – in Essen ist „Nobby“ Fürhoff unvergessen.

Dort ist er eine Art Legende, und 2007 zum 100. Geburtstag des Vereins, beriefen ihn die Anhänger in die Jahrhundertelf der Rot-Weißen. Von der Geburtstagsparty und dem Wiedersehen mit den alten Mitspielern erzählte Fürhoff gerne, und seine Augen leuchteten dabei.

1978 verließ Fürhoff den damaligen Zweitligisten Essen, der auch oft klamm war und ums finanzielle Überleben kämpfte. Nullvier-Trainer Rudolf Kröner lotste ihn aus dem Ruhrgebiet an den Main. Vom Regen in die Traufe, sozusagen. Zwei Spielzeiten schnürte Fürhoff für den 1. WFV 04 (der 1981 Insolvenz anmeldete und anschließend aufgelöst wurde) die Schuhe. Nach dem Abstieg der Würzburger aus der Zweiten Liga wechselte Fürhoff zum SV Heidingsfeld, wo er auch mit 40 noch in der Bayernliga auflief.

Zu seinen Glanzzeiten wurde Fürhoff gerne mit Günther Netzer verglichen, des ähnlichen Spielstils wegen – und der Haare. Und vielleicht hatte Fürhoff ja wirklich auch ein wenig Pech, dass zu der Zeit außer Netzer auch noch Wolfgang Overath in der Bundesliga Regie führte. Wer weiß, wohin sein Talent Fürhoff hätte führen können, hätte er überdies noch einen etwas disziplinierteren Lebenswandel bevorzugt.

Das Kicken gelernt hatte Fürhoff bei Union Frintrop, ein Trainer namens Erich Ribbeck holte ihn aus dem Vorort-Klub nach oben – zu Rot-Weiß Essen und aus dem Untertagebau. Als Fürhoff noch Günter hieß, arbeitete er auf Zeche Amalie in Katernberg, in 1000 Metern Tiefe. „Ich habe Staub und Dreck gefressen“, hat er mal gesagt. Auch so ein Satz, den er nicht weiter ausschmücken musste.

Ruhig und zurückhaltend

Fürhoff wurde mit sechs Jahren Vollwaise, als seine Eltern bei einem Straßenbahnunglück starben. Er wuchs auf bei der Oma, und als auch die gestorben war, bei der Tante. Er heiratete mit 18, und seine erste Frau brachte den zweijährigen Ingo mit in die Ehe. Als Ingo Appelt elf war, ging die Ehe entzwei. Das Verhältnis zu seinem ehemaligen Stiefsohn, der als Comedian bekannt wurde, war offenbar nicht sehr innig, und Appelt wollte sich auf Anfrage auch nicht zum Tode Fürhoffs äußern.

Wenn man sich unterhält mit alten Weggefährten über „Nobby= Fürhoff, dann betonen viele, wie ruhig, eher zurückhaltend er im Privaten war. Für manchen war er auch ein Lebenskünstler und für so ziemlich alle „ein großer Fußballer“.

Der Heidingsfelder Gerhard Bemerl erinnert sich gerne an die Zeiten, als er mit Fürhoff kickte, der den Klub Ende der Achtziger in der Landesliga auch mal kurz als Spielertrainer coachte. Eine Spielerversammlung bleibt Bemerl unvergessen: „Da hat sich 'Nobby' hingestellt und nur gesagt: ,Wir gehen jetzt raus, dann gewinnen wir det Ding, und danach machen wir 'ne Pfütze.“ Auch so ein typischer Fürhoff-Satz.

Nobby Fürhoff
Foto: imago sportfotodienst
 
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  • Du warst Bergmann, Fussballer und Ruhrpottjunge durch und durch, Nobby.
    Du hast lange Zeit so viele Kämpfe im Stillen und Vergessen bestreiten müssen, dass die Kraft für den letzten Kampf nicht mehr ausreichte.
    Viel zu früh und als schmerzhaften Verlust schickt Dich der Krebs nun in die Grube zur letzten Schicht...
    Du warst und bleibst ein liebenswerter Teil Ruhrpottheimat in Würzburg. Als Mensch und Fussballer hast Du mein Leben bereichert und dafür Danke ich Dir von ganzem Herzen... Glück Auf, Nobby
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  • meeviertel
    Es gab in der Region kaum einen Spieler, der annähernd das Niveau eines Günter Fürhoffs erreichte. Lothar Emmerich hatte einen großen Namen, aber seine Glanzzeiten hatte er in Würzburg hinter sich. Nobby war da ganz anders begnadet. Mit 40 Jahren konnte er noch in der Bayernliga spielen, so als wäre er erst 30. Ein stiller Typ ohne große Worte. Leider auch einer, der zu leicht anderen vertraute, die ihn dann beim Niedergang der 04er auch noch hängen ließen. Manche redeten schlecht über Nobby, der eigentlich nur spielen wollte, aber nicht zum Spielball sogenannter Vereinsmanager werden wollte. Aus dem Grund hatte er sich später auch von den 04rern abgewendet. Sein Verein ist Rot-Weiß Essen. Und dort ist er anerkannt und für immer eine Legende. Für Fußballästheten bleibt er einer der ganz großen Ballzauberer mit instinktivem außergewöhnlichem Spielverständnis. Eben der "Nobby"!
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