
Warum haben sie nicht gefoult?
Wenn es im Sport eine Art Déjà-vu gibt, dann hatten die Würzburg Baskets und die 2312 Eintritt bezahlende Menschen in der tectake Arena dieses am Samstagabend. Mit dem nicht zu unterschätzenden Unterschied, dass diese Menschen so um kurz nach acht gar keiner Erinnerungstäuschung aufsaßen, sondern ein aktuelles Ereignis tatsächlich in nahezu identischer Art schon einmal gesehen hatten. Nur ein paar Minuten zuvor.
Mit drei Punkten führte der Basketball-Bundesligist gegen den Syntainics MBC auch noch zwei Sekunden vor Ende der 40 Spielminuten. Dann erzwang Kris Clyburn mit einem Dreier zum 88:88 die fünfminütige Verlängerung. Hätten die Würzburger in diesem Moment gefoult und die Gäste an die Linie geschickt, wäre es vermutlich gar nicht zur Overtime gekommen.
Exakt fünf gespielte Minuten später: Die Baskets führen zwei Sekunden vor Ultimo mit drei Punkten Vorsprung. 102:99. Diesmal versucht sich Lamont Jones an der Verzweiflungstat von dem nahezu identischen Punkt aus wie Clyburn zuvor. Treffer. Hätten die Würzburger in diesem Moment gefoult und die Gäste an die Linie geschickt, wäre es vermutlich gar nicht zur zweiten Overtime gekommen.
Die gewannen die Gäste dann mit 15:11, weshalb am Ende des zweiten Heimspiels der Saison nach der 71:96-Schlappe zum Saisonauftakt gegen Bonn und dem 89:82-Erfolg in Braunschweig die zweite Niederlage für die Baskets zu Buche steht: 113:117. Auch, wenn das nicht nur nach Spektakel klingt, sondern (zumindest die 30 Minuten ab Hälfte zwei) tatsächlich eines war: Die beiden Teams haben vermissende Klasse mit großer Dramatik kompensiert. Weshalb hernach viele von einem großartigen Basketballspiel sprachen – was es leistungsmäßig aber ganz bestimmt nicht war.
Natürlich kann man trefflich darüber spekulieren, ob es überhaupt zu einer Verlängerung gekommen wäre, hätte Schiedsrichter Moritz Reiter acht Sekunden vor Schluss die Attacke des Weißenfelsers Mario Ihring auf Cameron Hunt adäquat nicht als "normales", sondern als unsportliches Foul gewertet. Weil das beim Stand von 86:85 nicht nur zwei Freiwürfe für die Würzburger bedeutet hätte, sondern – viel entscheidender – weiterhin auch den Ballbesitz für die Baskets. Aber Reiter blieb eben bei seiner Entscheidung, auch nach mehrmaliger Ansicht der Szene in Zeitlupe. Was natürlich ein dezibelstarkes Pfeifkonzert zur Folge hatte.

Wegen dieser Entscheidung und weil beim Basketball vermutlich noch intensiver als in anderen Sportarten Fouls auch als probates taktisches und spielentscheidendes Mittel eingesetzt werden können, stellte sich am Samstagabend also die Kardinalfrage: Warum haben die Baskets vor den jeweiligen Last-Seconds-Dreiern nicht gefoult?
Trainer Sasa Filiovski nahm's auf seine Kappe. "Es war meine Entscheidung, nicht zu foulen." Die Idee dahinter: Seine Spieler sollten den Gegner unter Druck setzen und im schlechten Fall einen Korbleger, der zwei Punkte beschert, zulassen. Es kam zum schlechteren Fall: Die Baskets luden die Gäste zweimal zum Dreier ein. Den hatten die Weißenfelser zuvor (vor allem in Hälfte eins) bereits erstaunlich zielsicher getroffen.
Der 48-jährige Slowene begründete seine Nicht-Foul-Order damit, dass er ein zu großes Risiko darin sah, einer seiner "noch unerfahrenen" Spieler könnte im Eifer zu ungestüm hinlangen und ein unsportliches Foul begehen. Diese Begründung mag beim ersten Mal noch mit viel Fantasie nachzuvollziehen sein, dennoch: Es standen ja nicht nur Grünschnäbel auf dem Parkett in den entscheidenden Phasen. Zwei Freiwürfe bedeuten nicht automatisch zwei Punkte. Und den folgenden Ballbesitz muss der Gegner in der gebotenen Ein-Zwei-Sekunden-Kürze ja auch erst einmal zielführend umsetzen. Bei der Duplizität der Ereignisse macht die sich wiederholende Entscheidung eigentlich noch weniger Sinn. Manch erfahrener Spieler hätte in den Momenten sicher auch ohne Befehl von außen entsprechend zielführend zugelangt.
"Wäre, wäre, Fahrradkette"
"Wir hatten den Sieg in der eigenen Hand", sagte Cameron Hunt, der mit 32 Punkten so viele erzielte, wie noch nie in seiner Bundesligakarriere. Er hätte leicht auch noch einen mehr machen können, vier Sekunden vor Ende der ersten Verlängerung, als er, der traumwandlerisch sichere Freiwerfer, den einzigen seiner zehn Würfe von der Linie an den Ring setzte. Hätte er auch den getroffen, wäre es vermutlich gar nicht zur zweiten Overtime gekommen.
"Wäre, wäre Fahrradkette, so ungefähr", hatte ja schon der fränkische Sprachakrobat Lothar Matthäus einst den Wahlkampfspruch des einstigen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück umgedichtet. Hunt war am Samstag weniger philosophisch, aber auch mit Wörtern treffsicher: "Wir müssen und werden daraus lernen. Es ist eine sehr enttäuschende Niederlage für uns, nachdem wir das Spiel eigentlich schon zweimal gewonnen hatten."
Die Statistik des Spiels
Zu diesem Spiel konnte die Redaktion krankheitsbedingt leider keinen Live-Ticker anbieten.
Haben sie aber auch noch in Erinnerung wieviel Rebounds es noch möglich gewesen wäre
zu bekommen ?
Von Sicht der Zuschauer spielen sie nur ein System über den Center , kein schnelles
Paßspiel und sind so sehr leicht ausrechenbar . Ohne Rebounds und sicheren
Dreier - Werfer gewinnt man nur sehr schwer Spiele in dieser Liga . Es fehlt bei
einigen auch die Spielfreude und es gibt viel zu viele leichtfertige vertane sichere
Chancen , welche nicht zu Punkten führen .