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Helmstadt
Ausländerhass und Antisemitismus regen Ex-05-Profi Hans-Peter Gerhard auf
Früher im Stadion oder der Halle erfolgreich – und jetzt? Wie geht es Unterfranken, die den Sport prägten, nach der Karriere? Diese Woche erzählt der ehemalige Zweitliga-Spieler Hans-Peter Gerhard aus seinem Leben.
Hatte einen strammen Schuss: Hans-Peter Gerhard (links), hier in einem Spiel mit dem  FC 05 Schweinfurt aus der Saison 1978/79 (0:1 gegen ATS Kulmbach).
Foto: Hans Rost | Hatte einen strammen Schuss: Hans-Peter Gerhard (links), hier in einem Spiel mit dem  FC 05 Schweinfurt aus der Saison 1978/79 (0:1 gegen ATS Kulmbach).
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:55 Uhr

Eines hat Hans-Peter Gerhard besonders gut gefallen beim Blick in die Tageszeitung: Wenn da geschrieben wurde über seine Einsatzfreude und herausragende Fairness. "Das war für mich wichtiger als manche Schlagzeile in meiner Karriere", sagt der ehemalige Zweitliga-Fußballer des FC 05 Schweinfurt. Der den "Schnüdel" von 1974 bis 1983 und in über 300 Spielen treu geblieben war, darunter die zwei Jahre von 1974 bis 76 in der 2. Bundesliga Süd und anschließend die Zeit in der damals drittklassigen Bayernliga. In diese Zeit fiel auch eines seiner herausragenden Erlebnisse: die Indienreise mit der Bayernauswahl als deutscher Amateur-Ländermeister.

Ins Sachs-Stadion gekommen war er als Talent der TSG Waldbüttelbrunn, aus der B-Klasse, seinerzeit die zweite Spielklasse von unten. Und plötzlich stand er in einer Mannschaft mit dem fünffachen Nationalspieler Lothar Emmerich. Der ihm den Spitznamen "Waldi" verpasste - "weil ich aus Waldbüttelbrunn kam". Würzburgs Zweitliga-Klubs der Siebziger Jahre, der FV 04 und die Kickers, lockten nach dem Schweinfurter Abstieg übrigens vergebens.

Mannschaftsfoto aus der Zweitliga-Saison 1974/75: der FC 05 Schweinfurt mit Hans-Peter Gerhard (unten, Dritter von links).
Foto: Hans Rost | Mannschaftsfoto aus der Zweitliga-Saison 1974/75: der FC 05 Schweinfurt mit Hans-Peter Gerhard (unten, Dritter von links).

Nach der Zeit in Schweinfurt ging es für Gerhard 1984 zum TV Helmstadt, der auch einige Jahre in der damals viertklassigen Landesliga Nord zu hause war. "Bis heute und nicht weiter", schrieb er 1992 in seinen Steckbrief, der bei seiner Verabschiedung im Vereinsheft des TVH veröffentlicht wurde. Und, nach seiner Position gefragt: "Bis 35 alles außer Libero, ab 35 nur noch Libero." Und tatsächlich sollte noch nicht ganz Schluss gewesen sein: In der Saison 1992/93 half Hans-Peter Gerhard mit 40 Jahren nochmals in der Landesliga aus - und spielte noch etliche Jahre in der Helmstadter AH sowie der FC-05-Traditionsmannschaft.

In Helmstadt wohnt der 69-Jährige heute noch, seit 2016 befindet er sich im Ruhestand. Gerhard ist Vater dreier Töchter im Alter von 45, 29 und 27 Jahren sowie eines 22-jährigen Sohnes, der ebenfalls Fußballer ist. Und er ist stolzer Opa von einer Enkelin und zwei Enkeln. 

Frage: Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt und mit welchen Erwartungen gehen Sie in die nächsten Monate?

Hans-Peter Gerhard: Eine sehr herausfordernde Zeit, in der einem bewusst wurde, wie wichtig Dinge sind die man als selbstverständlich ansieht. Ich hoffe, dass wir irgendwann wieder die Leichtigkeit im Leben finden.

Ihre gegenwärtige Form?

Gerhard: Nicht ganz zufriedenstellend.

Für welchen Sport bewegen Sie sich noch?

Gerhard: Tischtennis, Rennrad fahren.

Heute geht's lieber die Berge hoch: Hans-Peter Gerhard am Gipfelkreuz.
Foto: Gerhard | Heute geht's lieber die Berge hoch: Hans-Peter Gerhard am Gipfelkreuz.
Und was bewegt Sie?

Gerhard: Die Feststellung, wie das Thema „Corona-Impfung“  die Gesellschaft spaltet.

Wofür wären Sie heute gerne noch mal jung?

Gerhard: Eindeutig fürs Fußballspielen.

Was schätzen Sie am Alter am meisten?

Gerhard: Den Stresssituationen des Berufslebens nicht mehr ausgesetzt zu sein.

In welche Zeit würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen und warum?

Gerhard: In die Zeit nach der Corona-Pandemie, um zu sehen, ob das Leben und das Miteinander wieder zur Normalität geworden sind.

Ihr Lieblingsort?

Gerhard: Unser Garten – wenn möglich ohne darin zu arbeiten.

Vorn dabei: der FC 05 Schweinfurt in der Zweitliga-Saison 1974/75, damals mit Hans-Peter Gerhard.
Foto: Repro Michael Bauer | Vorn dabei: der FC 05 Schweinfurt in der Zweitliga-Saison 1974/75, damals mit Hans-Peter Gerhard.
Was haben Sie vom Leben gelernt?

Gerhard: Die wichtigsten Erfahrungen muss man selber machen. Sich Sorgen zu machen, ist keine gute Art, Energie zu verschwenden.

Und was hat Sie der Sport gelehrt?

Gerhard: Egal welche Sportart – man braucht Ausdauer und Willen. Sich zu überwinden und nie aufgeben sind Fähigkeiten, die eine Persönlichkeit im Sport ausmachen.

Bei welchem Thema werden Sie angriffslustig?

Gerhard: Fehlende Einstellung der Sportkameraden bei einem Mannschaftssport.

Und wen oder was würden Sie immer verteidigen?

Gerhard: Meine Familie.

Wie waren die ersten Wochen/Monate nach Ihrem Karriereende in der Familie?

Gerhard: Da sich mein Karriereende schleichend vollzog (lacht), hat sich dies im Familienkreis gar nicht besonders bemerkbar gemacht.

Die Traditionsmannschaft des FC 05 Schweinfurt im Jahr 2007. Mit dabei: Hans-Peter Gerhard (mittlere Reihe, Vierter von links).
Foto: Marion Wetterich | Die Traditionsmannschaft des FC 05 Schweinfurt im Jahr 2007. Mit dabei: Hans-Peter Gerhard (mittlere Reihe, Vierter von links).
Welchen Moment Ihres Lebens würden Sie gerne noch einmal erleben?

Gerhard: Das erste Einlaufen im Trikot des FC 05 Schweinfurt ins Willy-Sachs-Stadion.

Welches sportliche oder menschliche Foul würden Sie gerne rückgängig machen?

Gerhard: Sportliche Fouls gibt es keine, sollte es menschliche gegeben haben, mögen mir alle Betroffenen verzeihen.

Wenn Sie nicht Sportler geworden wären – was dann?

Gerhard: Weiß ich nicht. Mein Leben war und ist größten Teils durch den Sport geprägt.

Ihr Lieblingssportler heute?

Gerhard: Timo Boll.

Was war das größte Abenteuer Ihres Lebens?

Gerhard: Als ich als 30-Jähriger das erste Mal auf Skiern stand und in den Alpen ins Tal gerutscht bin.

Feines Füßchen: Bei der Bad Neustadter Hallen-Gala zeigte Oldie Hans-Peter Gerhard 2006 auch technische Fähigkeiten. 
Foto: Anand Anders | Feines Füßchen: Bei der Bad Neustadter Hallen-Gala zeigte Oldie Hans-Peter Gerhard 2006 auch technische Fähigkeiten. 
Nach wessen Pfeife tanzen Sie heute?

Gerhard: Nach der meiner Frau.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?

Gerhard: Als mein jüngster Enkel seinem Freund erklärt hat, was im Fußball eine Schwalbe ist.

Was regt Sie auf?

Gerhard: Ausländerhass und Antisemitismus.

Wen bewundern Sie – und wofür?

Gerhard: Meinen Vater mit seiner lebensbejahenden und glücklichen Art. Heute 93-jährig, hat er auch nach schwierigen Lebensphasen immer gekämpft und nie aufgegeben.

Wer oder was macht Sie glücklich?

Gerhard: Familie, wirkliche Freunde, ehrenamtliches Engagement.

Und vor welchem Unglück fürchten Sie sich?

Gerhard: Schicksalsschläge im Familienkreis.

Was möchten Sie noch lernen?

Gerhard: Gelassenheit.

Auch mit den Alten Herren des TV Helmstadt besonders in der Halle erfolgreich: Hans-Peter Gerhard (vorne, Zweiter von links).
Foto: Uwe Beck | Auch mit den Alten Herren des TV Helmstadt besonders in der Halle erfolgreich: Hans-Peter Gerhard (vorne, Zweiter von links).
Was möchten Sie unbedingt noch erleben?

Gerhard: Reise nach Afrika.

Wovon träumen Sie?

Gerhard: Von einem Haus auf den Malediven.

Welche Botschaft würden Sie (jungen Sportlern) gerne hinterlassen?

Gerhard: Mit Leidenschaft alles angehen und Träume nie aufgeben.

Als wer oder was würden Sie wiedergeboren werden?

Gerhard: Als Hans-Peter Gerhard.

Die Reihe: Was macht eigentlich...?

Fast jeder in der Region kennt sie – aber kaum einer weiß, was sie heute machen. Früher waren sie erfolgreiche Sportler, Trainer oder Funktionäre. Doch wenn sie nach ihren Karrieren nicht mehr im Scheinwerferlicht der Arenen, Hallen und Stadien stehen und damit im Fokus der Öffentlichkeit, verschwinden sie in der Regel auch aus den Schlagzeilen.
In unserer Reihe „Was macht eigentlich . . . ?“, die in losen Abständen erscheint, haben wir uns auf die Suche gemacht nach Menschen, die den Sport in Unterfranken im vergangenen Jahrhundert oder Jahrzehnt auf irgendeine Weise geprägt haben. Wir haben ihnen allen den gleichen Fragebogen zukommen lassen und sie gebeten, ihn für uns auszufüllen. Darin blicken sie zurück auf ihre Karrieren, verraten, was sie gegenwärtig auch jenseits des Sports bewegt und wovon sie in Zukunft noch träumen.
Sie wollen wissen, was aus einer ehemaligen lokalen Sportgröße geworden ist? Dann schreiben Sie online in die Kommentare, über wen Sie gerne mehr erfahren würden. Wir versuchen, die Sportler zu kontaktieren, um herauszufinden, was sie eigentlich machen.
 
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