Ein schwerer Unfall bremste einst seine Leichtathletik-Karriere, noch ehe sie so richtig begonnen hatte: Otto Knarr war drauf und dran, einer der besten deutschen Mittelstreckler der Sechziger und Siebziger zu werden, als er bei der Militär-Weltmeisterschaft 1968 zwischen zwei Bussen eingeklemmt und schwer verletzt wurde. Neben etlichen gebrochenen Rippen war Knarr zunächst halbseitig gelähmt.
Ein schwerer Schlag, denn der Würzburger stand als deutscher Waldlauf-Meister im erweiterten Aufgebot für die olympischen Spiele in Mexiko. Zwei Jahre zuvor war er in die Junioren-Nationalmannschaft berufen worden und holte im bundesdeutschen Trikot 1966 in Odessa den EM-Titel über 1500 Meter. Knarr versuchte zwar ein Comeback, wurde nochmal süddeutscher Meister, doch reihte sich Verletzung an Verletzung. Ein schwerer Autounfall bedeutete 1971 schließlich endgültig das Aus.
"Fußballer waren früher für mich Stehgeiger. Wir Leichtathleten haben viel mehr trainiert", erinnert Knarr sich heute. Trotzdem machte er nach einer Umschulung zum Masseur im Fußball den Trainer-B-Schein mit Schiedsrichter-Lizenz und blieb bei dieser Sportart als Masseur hängen, nachdem ihn Werner Lorant für den SV Heidingsfeld verpflichtet hat. Nach Differenzen mit ihm ging's dann zu den Würzburger Kickers, wo er 15 Jahre blieb - und später als Hausmeister und Mädchen für alles. "Und das, obwohl mein Vater ein Blauer war."
Inzwischen fährt der heute 74-jährige Vater zweier Töchter seit rund 30 Jahren Taxi ("als der Otto mit seinem Taxi bin ich vor allem bei den älteren Damen sehr bekannt, weil ich mit ihnen immer ratsche") und lebt mit seiner zweiten Frau Ilka ("sie ist meine Goldmedaille") in Biebelried (Lkr. Kitzingen).
Otto Knarr: Beruflich hautnah mit meinem Taxi-Geschäft. Und privat recht ängstlich. Die Bilder aus dem letzten Frühjahr aus Italien mit diesen vielen Toten haben sich bei mir eingebrannt. Bei uns gibt zu Viele, die sich nicht an die Regeln halten. Aber ich bin trotzdem zuversichtlich, weil ich grundsätzlich positiv denke. Wir kommen da raus, aber es müssen alle mitarbeiten.
Knarr: Geistig wie körperlich für mein Alter topfit.
Knarr: Leichtathletik. Wenn Corona überstanden ist, will ich den ein oder anderen Lauf noch machen. Auf der Mittelstrecke. Ich habe mich ja auf 800 und 1500 Meter spezialisiert. Die Ausflüge zum Halbmarathon oder gar Marathon waren nichts für mich.
Knarr: Ich möchte gerne alt werden und das möglichst gesund. Aber länger als fünf bis zehn Jahre plane ich nichts.
Knarr: Eigentlich für nichts. Das Alter ist ja nur eine Zahl, und ich fühle mich jung. Die Jugend kann man nicht zurückholen, aber ich habe sie auch in vollen Zügen genossen.
Knarr: Die sogenannte Altersweisheit. Wenn früher die Oma gesagt hat "Lass dir was sagen von Erfahrenen", hab ich gesagt "Was willst du mit deiner Erfahrung" - jetzt weiß ich, was sie gemeint hat. Grobe Fehler mache ich keine mehr.
Knarr: In den Wilden Westen. Die Geschichte der Indianer interessiert mich, die Natur, das weite Land.
Knarr: Mein Zuhause. Allerdings würde ich auch gerne nochmal nach Kapstadt, wo ich einst mit der Junioren-Nationalmannschaft war.
Knarr: Geduld. Getreu dem chinesischen Sprichwort: Wenn du es eilig hast, gehe langsam.
Knarr: Disziplin. Und dass man erreichen kann, was machbar ist, wenn man nicht resigniert und einen starken Willen hat. Niederlagen lehren einen, nicht aufzugeben. Ich habe einmal durch Leichtsinn ein Rennen nach Fotofinish verloren. Da hat mein Trainer gesagt: "Otto, lauf nicht 1500 Meter, laufe 1510."
Knarr: Bei Ungerechtigkeit.
Knarr: Meine Familie. In erster Linie meine Ilka, die mir nach der Scheidung der ersten Ehe so viel fürs Leben mitgegeben hat. 1980 habe ich sie kennengelernt und für sie gebe ich alles.
Knarr: Eigentlich ganz ruhig. Ich bin ja immer noch etwas gelaufen danach. Und das Ende der Leistungssport-Karriere kam ja schon früh durch meinen schweren Unfall 1968. Ich habe zwar versucht weiterzumachen, doch Verletzungen haben mich immer wieder zurückgeworfen. Und dann habe ich auf Masseur umgeschult, so dass es ein fließender Übergang war.
Knarr: Die Geburt meiner Tochter war sicher ein überragendes Erlebnis. Wenn man sieht, wie so ein Würmchen auf die Welt kommt.
Knarr: Da gibt es eigentlich keines. Fairplay zeichnet mein Leben aus.
Knarr: Vielleicht wäre ich in die Politik gegangen.
Knarr: Dirk Nowitzki. Und Thomas Lurz. Was Thomas geleistet hat, ist unglaublich. Ich bin mal einen Halbmarathon gelaufen, am Abend vorher hat er mich motiviert. Das habe ich abgerufen, als ich zur Hälfte k.o. war. Ich bin dann weiter gelaufen, es war, als liefe ich über 1000 glühende Kohlen, aber ich habe durchgehalten. Seinen Willen, etwas zu erreichen, kann Leitfaden fürs Leben sein. Auch für Nicht-Sportler.
Knarr: Die Junioren-Europameisterschaft in Odessa. Da sind wir mit 24 Stunden Verspätung angekommen und ich bin gleich am ersten Tag Europameister über 1500 geworden und einen Tag später Fünfter über 3000 Meter.
Knarr: Großteils nach der von meiner Ilka. Mal pfeift sie laut, mal leise.
Knarr: Über die Hektiker im Straßenverkehr. Für einige ist es offenbar ein Highlight, ein Taxi zu überholen. Nur an der nächsten Ampel stehen sie wieder neben mir.
Knarr: Ungerechtigkeit.
Knarr: Wie gesagt, Thomas Lurz. Für seinen eisernen Willen, seine Motivation, sein Trainingspensum. Da kann sich manch Fußballer eine Scheibe abschneiden.
Knarr: Meine Ilka, mein Zuhause und meine Zufriedenheit.
Knarr: Vor einem schweren Unfall, nach dem ich gelähmt wäre.
Knarr: Wenig. Vielleicht, wie das Altern geht.
Knarr: Eine gesundes Alter. 100 Jahre wären nicht schlecht, vorausgesetzt die Gesundheit macht mit.
Knarr: Ich habe keine großen Träume. Auch keine finanziellen, wie einen Lottogewinn. Geld allein macht nicht glücklich.
Knarr: Ich empfehle, sich Jemanden zu suchen, der einen beraten kann. Die Wege müssen sie dann selbst gehen. Aber sie sollten Ratschläge von Erfahrenen auch annehmen.
Knarr: Als Otto.
Ein sehr informativer Artikel ...Otto Knarr ist nicht im Trikot von TV 73... es ist ein Bild aus seiner zeit bei der DJK Würzburg...ich bin damals selbst in diesem Trikot gelaufen