Ihre Liste an Titeln erzählt über erfolgreiche Handballerleben. Zwei, die darauf herausragen: 1984 holten sie mit der deutschen Nationalmannschaft die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Los Angeles. 1990 feierten sie mit dem TV Großwallstadt die bisher letzte deutsche Meisterschaft des Traditionsklubs. Beide Erfolge erreichten die Zwillingsbrüder Michael und Uli Roth zusammen.
Ihren größten Kampf aber gewannen sie nicht im Sport. Sie besiegten den Krebs. Und auch das gemeinsam. 2009 wurde bei den Roth-Brüdern Prostatakrebs diagnostiziert, kurz hintereinander. Damals waren sie 47 Jahre jung.
Seit sie geheilt sind, haben sie es sich zur Lebensaufgabe gemacht, über Hoden- und Prostatakrebs aufzuklären, unter anderem haben sie zwei Bücher darüber geschrieben. An diesem Dienstag werden die beiden 60 Jahre alt.
"Ich habe keine Probleme mit dem Älterwerden", sagt Michael Roth am Montagmittag in einem Telefonat mit dieser Redaktion. "Das Einzige, was ich als ehemaliger Leistungssportler schwer akzeptieren kann, ist, dass ich im Vergleich zu früher motorisch etwas eingeschränkter bin und heute vor allem Wandern und Golfen gehe."
Strip im Feuerwehranzug vor 1000 Zuschauern
Für einen vierminütigen Striptease, "der in einem Feuerwehranzug beginnt und mit Blankziehen endet", habe die körperliche Fitness komischerweise aber noch gereicht, sagt der frühere Handballprofi und lacht. Und sein Mut dafür, sich 1000 Menschen live im Admiralspalast in Berlin bei einer TV-Aufzeichnung und am Dienstagabend einem Millionenpublikum im Fernsehen nackt zu zeigen. Am runden Geburtstag.
Wie Uli Roth 2021 ist Bruder Michael in diesem Jahr Teil der Vox-Sendung "Showtime of my life - Stars gegen Krebs" (20.15 Uhr/Vox), zusammen mit Ex-Nationalhandballer Pascal Hens und fünf weiteren männlichen Prominenten. Darunter Schlagersänger Mickie Krause, bei dem im Laufe der Dreharbeiten Blasenkrebs entdeckt wurde – "ein Zufallsbefund, der sehr emotional für uns alle war", schildert Roth.
Ex-Fußballnationaltorhüterin Nadine Angerer bei erster Staffel dabei
Bei den Frauen, deren Show eine Woche später ausgestrahlt wird und zu denen in der ersten Staffel die ehemalige Fußball-Nationaltorhüterin Nadine Angerer aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) gehörte, sind diesmal unter anderem Lilly Becker und Susan Sideropoulos dabei.
Die Botschaft der Show, die für die Krebsvorsorge wirbt und mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde: "Wenn wir uns vor einem Millionenpublikum ausziehen, schafft ihr das erst recht vor eurem Arzt!"
Tipps von "Let's Dance"-Sieger Pascal "Pommes" Hens
"Es ist ein bisschen schade, dass man sich ausziehen muss, um die Aufmerksamkeit auf ein so wichtiges Thema zu lenken, aber dafür nehme ich das gerne in Kauf", sagt Michael Roth. "Uli und ich sind nicht verklemmt aufgewachsen, in unserer Familie ging es recht freizügig zu. Ich gehe auch in die Sauna." Daher habe er sich seiner Nacktheit nicht geschämt – "auch wenn ich von den Männern der Zweitälteste bin und den dicksten Bauch habe".
Tänzerische Tipps habe ihm nicht nur "Let's Dance"-Juror und Trainer Joachim Llambi gegeben, sondern auch Hens als "Let's Dance"-Sieger 2019. "Und dann hat mir mein südamerikanisches Blut geholfen", scherzt Roth, dessen Mutter aus Peru stammt.
Aufklärung über Hoden- und Prostatakrebs als Lebensaufgabe
Zusammen "mit meiner fantastischen Frau und Freunden" wird der frühere Handball-Spielmacher, der als Profi auch beim MTSV Schwabing und TuSEM Essen unter Vertrag stand, die Sendung am Geburtstagsabend zu Hause in seiner Wahlheimat Hamburg anschauen.
Mit seinem fünf Minuten älteren Zwillingsbruder, der bis 2017 Manager der Musikband Pur war, stößt er bereits in der Nacht zum Dienstag, um Mitternacht, "im kleinsten Familienkreis" an. In Leutershausen (Rhein-Neckar-Kreis), wo sie herkommen, wo sie einst bei den "Roten Teufeln" der SG mit dem Handballspielen begannen und wo Uli immer noch lebt.
Dann geht es am Morgen zurück in den Norden, die Arbeit ruft. Seit knapp drei Wochen ist Michael Roth Coach des VfL Lübeck-Schwartau, Gegner der Rimparer Wölfe in der 2. Bundesliga. Zuvor war es nach Trainerstationen unter anderem beim TVG, der HSG Wetzlar, MT Melsungen, den Füchsen Berlin und einem Intermezzo in Bahrain 2020 zuletzt etwas ruhig um ihn geworden.
Drei Auftaktsiege beim Rimparer-Wölfe-Gegner Lübeck
"Ich bin happy über die neue Stelle, es macht mir großen Spaß in Lübeck", sagt er nach drei Auftaktsiegen. Welche Verbindungen er noch nach Großwallstadt hat? "Da war ich vor zwei Wochen und hab' gewonnen mit meinem neuen Verein." Er lacht, wie öfters in diesem angenehmen und lockeren Gespräch. Und er geht davon aus, dass weder Lübeck noch Rimpar noch Großwallstadt absteigen werden – "aber ich hoffe, dass die beiden Unterfranken am Ende der Saison hinter uns stehen".
Im Juni endet sein Vertrag, doch er könne sich gut vorstellen, noch zwei bis drei Jahre irgendwo als Trainer tätig zu sein. "Da ich ständig mit jungen Menschen zu tun habe, fühle ich mich auch noch sehr jung." Einen Plan für später hat er indes auch schon: Mehr Zeit auf Mallorca verbringen, wo er ein Appartement besitzt, ebenso wie sein Bruder. Balkon an Balkon wohnen, Golf spielen, das Leben genießen.
Denn genau das hat der Krebs die Roth-Zwillinge gelehrt: "Nicht immer auf der Überholspur leben, sondern öfter mal einen Gang runterschalten und Körper und Geist zur Ruhe kommen lassen."