
Scarlett Rose Ziegler ist 17 Jahre jung, spielt Golf und das gut. Bis 2022 war sie Mitglied der Bundesliga-Mannschaft des GC Fürth, seit Februar ist die Schweinfurterin Profi im weltweit relevantesten Verband, der Professional Golfer's Association (PGA) – zunächst in Ausbildung. Das heißt: Sie absolviert im GC Wörthsee eine dreieinhalbjährige Ausbildung zur Golflehrerin – um sich anschließend eine Profikarriere auf einer der internationalen Touren leisten zu können. Aliyah Ackermann aus Rimpar ist 14 und zuletzt 13. bei der Eiskunstlauf-Weltmeisterschaft in Kanada geworden. Ihren Traum von Olympia finanzieren hauptsächlich die Eltern.
Zwei immens teure Disziplinen. Und zwei Möglichkeiten, herausragende Talente in die nationale, oder gar internationale Spitze zu bringen, obwohl sie (noch) aus dem Raster klassischer Spitzensportförderung herausfallen. Olympisch, und damit grundsätzlich förderwürdig, sind beide Sportarten. Aber: Ziegler ist kein Nationalkader-Mitglied, Ackermann zu jung beziehungsweise noch nicht bei Weltmeisterschaften unter den Top Acht platziert.
So fördert beispielsweise die Deutsche Sporthilfe Bundeskader-Athletinnen und Athleten im Basis-Paket mittels Versicherungsleistungen und Fortbildungsseminaren, eine regelmäßige, monatliche finanzielle Unterstützung für Trainings-, Wettkampf-, Reise-, Übernachtungs- oder Ausrüstungskosten erfolgt jedoch erst im Top-Team-Future-Paket. Dazu zählen, so steht es in den offiziellen Förder-Richtlinien, "Athletinnen und Athleten mit der größten Perspektive für einen Platz unter den Top Acht bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen beziehungsweise Paralympics".
Die Bayerische Sportstiftung innerhalb des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV) führt in ihren "Fördergrundsätzen und -kriterien" ähnliche Anforderungen auf, ergänzend jedoch für Jugendliche einen bereits erzielten Platz unter den besten Acht bei einer Junioren-EM oder WM. Für Mitglieder der Nachwuchsklasse NK1 (15-19 Jahre) würde auch eine Platzierung zwischen 1 und 3 bei einer deutschen Meisterschaft reichen – doch Ackermann ist bis dato in der Klasse NK2 (10-15) eingeordnet. Berufsausbildungen bei der Polizei oder der Bundeswehr, die ebenfalls Sportförderung anbieten, scheiden aus Altersgründen mindestens noch zwei Jahre aus.

Für Scarlett Rose Ziegler war schnell klar: Sie muss sich etwas einfallen lassen – und die Idee der Ausbildung zur Golflehrerin war geboren. Inzwischen darf sie Jugendtraining leiten, verdient als Angestellte des Golfclubs, auf dessen Anlage sie für Münchner Verhältnisse "sehr günstig" wohnen kann, ein bisschen Geld. Vergleichbar mit dem, was sie in der ursprünglich angedachten Lehre zur Physiotherapeutin bekommen hätte. Das war der Plan, als sie "wegen familiärer Probleme" den Golfschläger Ende 2021 für ein Dreivierteljahr in die Ecke gestellt hatte. Nach dem Realschulabschluss jedoch stand Golf plötzlich wieder ganz oben.
Ihr Schweinfurter Club-Trainer Daniel Kieser stellte den Kontakt her zu Daniel Langkabel, einem hauptberuflichen PGA-Golflehrer im GC Wörthsee – und der zeigte der Schweinfurterin auf, wie sie ihren Traum vom Golfprofi auch "ohne großes Vermögen von Zuhause" verwirklichen könne. "Im zweiten Jahr, nach der Zwischenprüfung hat sie Profistatus und kann entsprechende Turniere spielen. Dann darf sie auch, anders als Amateure, Preisgelder entgegennehmen." Der 37-Jährige erinnert an den deutschen Golf-Star der 80er Jahre, Bernhard Langer, "der ebenfalls diesen Weg gegangen ist."
Jahresetat für internationale Tour zwischen 35.000 und 70.000 Euro
Der Jahresetat, der sich vor allem aus Reisekosten und Material zusammensetzt, beträgt in der Einstiegsklasse der Europäischen Profi-Tour etwa 35.000 Euro, in der höherklassigen um die 70.000 Euro. Dazu kommen noch, so gewünscht, eine Trainerbetreuung vor Ort sowie die Unterbringungskosten. Vor der Teilnahme an einer Tour steht die Qualifikation. Und erst nach einem Aufstieg in die höchstklassige Serie steigen die Preisgelder auf ein Niveau, das die Kosten decken kann. Von bis zu 30.000 Euro Gesamtausschüttung pro Turnier fallen auf die Siegerin maximal 5000.

Langkabel rechnet Ziegler gegen, wie sie dieses Risiko dank der Ausbildung zur Golflehrerin für ein paar Jahre eingehen könne: "Wir verdienen 50.000 bis 70.000 Euro im Jahr. Für einen Jahresetat von 35.000 Euro plus sind, die Lebenshaltungskosten mit eingerechnet, immer noch Sponsoren nötig. "Man muss also gut sein, um die Tour über Preisgelder zu finanzieren. Wer das nicht schafft, ist nach drei Jahren wieder raus." Die Golferin formuliert ihren Karriereplan zaghaft, wieder voll einsteigen könne sie mit 20 und müsse dann zunächst durch den Quali-Marathon mit unterklassigen Turnieren. Die erste Tour? "In fünf Jahren wäre das realistisch."
Der andere Weg, diesen teuren Sport zu finanzieren, wäre für Ziegler mangels Abitur nicht möglich gewesen: in die USA auf ein College zu gehen. Die deutsche Nationalmannschaft befürworte, so Langkabel, diese Alternative. Mitglied der Nationalmannschaft zu sein, würde ebenfalls Fördergelder bedeuten, beispielsweise für Reisekosten und Trainingslager. Zwölf Frauen bilden die Nationalmannschaft, Amateure und Profis gemischt. Langkabel: "Da Scarlett ja jetzt Profi ist, müsste sie die Tour spielen, um nominiert werden zu können. Der Zug ist deswegen erst einmal dicht für sie."
Aliyah Ackermann hat den sportlichen Zug indes bestiegen – und der fährt mit Volldampf durch die Welt. Sie selbst hat sich einmal als "ehrgeizig, motiviert und ambitioniert" bezeichnet. Ihre größten Förderer: die Eltern – die sich eigens für die Karriere der Tochter räumlich getrennt haben. Mutter Dagmar lebt mit der 14-Jährigen in Oberstdorf, um dort das Training im Olympiastützpunkt zu ermöglichen. Der Vater wohnt mit der älteren Tochter Alina, ebenfalls Eiskunstläuferin, weiter in Rimpar. Und kann nicht verstehen, warum internationaler Spitzensport in Deutschland erst ab Erreichen der Weltspitze unterstützt wird – der Weg dorthin jedoch nicht.

"Wäre Aliyah Fußballer, könnte man unseren Aufwand als Investment sehen. Aber nicht im Eiskunstlauf", sagt Torben Ackermann. "Selbst eine Paarlauf-Olympiasiegerin wie Aliona Savchenko muss von Auftrag zu Auftrag hüpfen, um über die Runden zu kommen." Der Weg seiner Tochter führte von den Bambina-Jahren beim ERV Schweinfurt über einen Zwischenstopp in Aschaffenburg mit 12 sehr früh ins Allgäu, wo das Mädchen das Sportgymnasium besucht – und zumindest immaterielle Unterstützung erfährt. Von der Deutschen Eislauf-Union (DEU) ist ohnehin auf Sicht wenig zu erwarten. Ihr drohte in der Vergangenheit immer wieder der finanzielle Kollaps, erst vor wenigen Tagen wurden reduzierte Förderrichtlinien ab Mai veröffentlicht.
Derweil werden im Hause Ackermann Jahr für Jahr gehörige Summen fällig: 7000 Euro fürs Training inklusive Ballettstunden und der Pauschale für die sechs dreistündigen Einheiten am Stützpunkt; durch die Mitgliedschaft im Nachwuchskader fallen separate Gelder für die Eis-Nutzung weg. Nicht jedoch: 1000 Euro für Schlittschuhe, 2000 Euro für die Choreografien, 1000 Euro für Kürkleidchen – sowie 2500 Euro für Wettkämpfe und 3000 Euro für Lehrgänge, jeweils inklusive Hotel- und Fahrtkosten.
Gute Prognosen für das derzeit beste deutsche Nachwuchs-Paar im Eiskunstlauf
Macht durchschnittlich 16.500 Euro pro Jahr. Gut und gerne nochmal drei, vier weitere Jahre, sollte Aliyah Ackermann nicht als internationale Top-Athletin in die Kader-Förderung rutschen. So lange ist die Familie auf Sponsoren, die rund ein Drittel tragen, angewiesen – immerhin kommt ja noch die doppelte Haushaltsführung obendrauf. "Von diesen Gesamtsummen zahlen andere Häuser ab. Meine zwei Häuser sagen halt Papa zu mir", sagt der 44-jährige Gewerkschaftssekretär. "Eigentlich geht das auf keine Kuhhaut, das ist ein Millionärssport. Aber jetzt haben wir damit angefangen..."
Die Prognosen für Aliyah stünden schließlich gut: Im Nachwuchsbereich war sie an der Seite ihres "Partners" Tobija Harms deutsche Meisterin, im ersten Junioren-Jahr 2022 Zweite. "Inzwischen sind die beiden das stärkste deutsche Paar", sagt Torben Ackermann. Offen ist, ob dieses nach der Reform der Altersgrenzen durch den Weltverband weiter in dieser Konstellation laufen darf – Tobija ist bereits 20 und für die Junioren genauso zu alt, wie Aliyah zu jung für die Senioren. Der Vater hofft auf eine Ausnahmegenehmigung – und neue Förderrichtlinien.
oh weh was für eine schlechte Argumentation! Der gesellschaftliche Wert vieler Berufe tendiert gegen Null. Einfach mal den Neidfaktor "Golf" ausblenden! Vor allem ist es ja nicht so, dass der Golflehrer sein Gehalt vom Staat bekommt. Wer einen Golflehrer bezahlen will soll das doch bitte machen.
Da gibt es andere Berufe gegen die man argumentieren kann weil diese mit ihrem Steuergeld bezahlt oder subentioniert werden.
Bei Aliyah Ackermann, deren Sport auf dem Niveau 16500 Euro im Jahr verschlingt und selbst finanziert werden muss seh ich wirklich den Stempel "Reichensport" erfüllt. Da versteh ich auch nicht den Ruf nach staatlicher Unterstützung. Es gibt wichtigeres zu finanzieren als eine mögliche Sportkarriere einer einzelnen Person.
Kauf mir gefälligst a paar Turnschuh' !
Die Abschlussrechnung würde mich interessieren, wenn die Mädchen dann mal 40 sind und aus dem Profisport raus. Ob sich das dann alles wirklich gelohnt hat....
gleich mal Kritik üben
entspricht ja nicht der Norm wenn man sowas macht!
ich gehe jetzt auch fast 40 Jahre geregelter Arbeit nach
und weiß auch nicht , ob sich das immer "gelohnt" hat..
in Zukunft wird es sich eher weniger lohnen...
diese Mädels haben wenigstens Spaß bei dem was sie machen
und denn wünsche ich unserer Gesellschaft auch...