Jacob Engel grinst, als er unterhalb der Tribüne des Schweinfurter Sachs-Stadion sitzt. Er, 21, Fußball-Profi in der bayerischen Regionalliga – und irgendwie ein bisschen stolz. Denn es hätte auch ganz anders kommen können. Mit 13 starb Knorpel im Knie ab. Ein Schock für den Jungen aus der Nähe von Bingen am Rhein. Eigentlich will er später mit dem Kicken Geld verdienen, doch nun: Sportverbot für ein Jahr. Manchmal folgt dann der große Einbruch, doch Engel kämpft sich zurück. Und so winkt ihm acht Jahre später ein Platz in der ersten Elf beim Heim-Duell seines neuen Klubs FC 05 Schweinfurt mit dem FC Bayern München II am Freitag ab 19 Uhr.
"Das war schon richtig krass und auch gar nicht ohne", sagt Engel heute, der vom SC Freiburg II an die Niederwerrner Straße gekommen ist. Mit dem stieg er übrigens in die Dritte Liga auf, in der er zu zwei Kurzeinsätzen und 38 Minuten Spielzeit kam. "Das war irgendwie mein kleiner Kindheitstraum." Seine Augen leuchten. Dass er in der dritthöchsten Spielklasse oft nicht im Kader stand und verletzt war? Geschenkt. Denn nun ist er fit und für seinen neuen Klub ein Segen: Sechs Mal lief er für die Nullfünfer in Liga vier auf, spielte fünf Mal durch und legte bislang drei Treffer vor. "Ich muss jetzt einfach auf meine Minuten kommen, und diese Chance habe ich in Freiburg nicht mehr in dem Maße wie hier gesehen."
Jacob Engel will den Schweinfurter Fans "etwas zurückgeben"
Weil er erst recht spät mit den Schweinfurtern verhandelte, bekam er von der schwachen Rückrunde der abgelaufenen Saison, die noch in den Köpfen der Fans steckt, nicht viel mit. Dennoch erklärt er vor dem Prestigeduell, dass man ihnen "etwas von dem zurückgeben" müsse, was "sie für uns und den Verein opfern". Engel weiß zumindest, wovon er spricht, denn: Nach seiner Zeit in der Jugend des FSV Mainz 05 heuerte er, bis zu seinem Zweijahres-Engagement im Breisgau, bei der Frankfurter Eintracht an, deren Anhängerschaft ja immer wieder auf sich aufmerksam macht.
Auch wenn der 21-Jährige somit ab und an in Richtung des Klubs aus der hessischen Main-Metropole schielt, gilt sein Fokus schon am Tag nach dem 5:0 im Pokal beim FC Geesdorf nur den Münchnern. "Wir sind alle heiß und wollen zeigen, was wir können. Dieser jungen und starken Truppe dürfen wir nicht zu viel Platz lassen, sonst machen die Jungs ganz besondere Dinge", verdeutlicht der Defensivmann, der sich so auch mit in die Pflicht nimmt.
Spielte er in Freiburg noch als linker Teil einer Fünferkette, kommen seit Saisonbeginn mehr defensive Aufgaben in der Schweinfurter Vierer-Abwehr hinzu. Somit bestehe auch nicht die Gefahr, dass Coach Christian Gmünder ihn deutlich weiter nach vorne ziehe. "Wenn's sein muss, mach ich aber auch mal den Zeller", meint der gebürtige Bad Kreuznacher mit einem Lachen. Sein Defensivkollege Lucas Zeller, übrigens glühender Eintracht-Anhänger und schon jetzt ein guter Kumpel von Engel, hatte schließlich zum 1:1 gegen Buchbach getroffen, nachdem er in den Sturm berufen worden war.
Weit weniger stürmisch lässt es Engel abseits des Platzes angehen. Nach zwei Jahren in einer Freiburger Teamkollegen-WG hat er sich in der Schweinfurter Innenstadt eine eigene Wohnung gesucht. "Das wollte ich jetzt auch mal probieren", erzählt der Mann, dessen jüngerer Bruder Fritz Engel in der U-17-Bundesliga für Mainz 05 spielt. "Aber ich vereinsame ja nicht. Mit den Jungs bin ich oft mal einen Kaffee trinken oder am Stadtstrand, um runterzukommen."
Das ist mitunter auch nötig, weil Engel derzeit alles dem Sport unterordnet und somit auch kaum Zeit für Hobbys hat. "Ich genieße, dass ich jetzt hier bin und mein Leben mit Fußball finanzieren kann. Das macht mich echt glücklich." Dennoch soll es nicht für immer so bleiben. Der in Grolsheim aufgewachsene Verteidiger will bald sein Abitur nutzen und an einer Fernuni ein BWL-Studium beginnen. Doch das ist für den 1,75-Meter-Mann noch Zukunftsmusik, so sehr er sich auch darauf freut. Nun zählt erstmal das Spiel gegen Bayern München II. Und dass er sich auf etwas fokussieren kann, hat Jacob Engel hinreichend bewiesen – schon in jungen Jahren.