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Volleyball/Badminton
Vernunft statt Risiko: Warum Vereine wie der VC Eltmann oder der TV Marktheidenfeld auf die Bundesliga verzichten
Wenn sich der Etat verdreifacht, aber es kaum höhere Vermarktungseinnahmen gibt: Eltmann ist ein gebranntes Kind, in Marktheidenfeld regiert der Realismus.
Zu hoch: Das Netz als Sinnbild für die wirtschaftlichen und strukturellen Anforderungen, die kleine Vereine dazu bringen, sich nicht auf das Abenteuer Bundesliga einzulassen.
Foto: Getty Images, Daniel Biscan | Zu hoch: Das Netz als Sinnbild für die wirtschaftlichen und strukturellen Anforderungen, die kleine Vereine dazu bringen, sich nicht auf das Abenteuer Bundesliga einzulassen.
Michi Bauer
 und  Uli Sommerkorn
 |  aktualisiert: 02.04.2025 02:38 Uhr

Wenn Vereine in Mannschaftssportarten an der Grenze von Semiprofessionalismus und Profitum stehen, stellt das die Verantwortlichen vor die Frage: Werfe ich eine gewachsene Struktur über den Haufen, um sportlich nach den Sternen zu greifen? Oder gehe ich den bewährten Weg weiter? Hier zwei Beispiele aus Unterfranken, wie Betroffene damit umgehen. Die Volleyballer des VC Eltmann (Lkr. Haßberge) und das Badminton-Team des TV Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) spielen beide in der 2. Bundesliga vorne mit. Fragen und Antworten dazu, die Aufschluss darüber geben, warum ein sportlicher Sprung nach oben nicht immer sinnvoll ist.  

Wie sind die sportlichen Rahmenbedingungen?

Die Volleyballer des VC Eltmann stehen in der 2. Bundesliga auf dem fünften Platz. Ein Aufstieg steht für den Vorjahresmeister sowieso nicht zur Debatte, 2024 hatte man verzichtet. Lange Zeit hatten die Ceratonia Volleys in dieser Runde Kontakt zur Spitze, doch eine Reihe von Rückschlägen, darunter der gesundheitlich bedingte Rückzug von Trainer Marco Donat, sorgten für eine Negativserie. Unter dem früheren Spieler und Coach Tado Karlovic strebt das Team in der am 27. April endenden Spielzeit einen versöhnlichen Abschluss an.

Von 2006 bis 2009 (SG Eschenbacher Eltmann) und 2019/20 (Heitec Volleys) hat Eltmann Bundesliga gespielt. Am Ende stand jeweils eine Insolvenz. 2022 wurde man Zweiter der 3. Liga Ost, 2023 Meister. Seitdem ist der Verein als ambitionierter Zweitligist wieder nah dran an der Eliteliga –wenngleich nur sportlich. 

Seit 2016 spielt der TV Marktheidenfeld in der 2. Badminton-Bundesliga Süd und trägt seine Heimspiele in der Renkhoff-Halle aus, die vereinseigen ist. Zu diesen Heimspielen kommen in der Regel ein paar Dutzend Zuschauerinnen und Zuschauer, die aber in ihrer Mehrzahl dem Badminton-Sport in irgendeiner Form verbunden sind. Im vergangenen Jahr belegte der TVM Tabellenplatz zwei und hätte aufgrund des Verzichts des Meisters TSV Freystadt sogar in die Bundesliga aufsteigen können, verzichtete aber selbst. In der aktuellen Saison, die die Mannschaft auf Rang drei abschloss, spielte das Team lange Zeit vorne mit. Doch hatte Abteilungsleiter Karl Fuchs einen möglichen Aufstieg schon früh ausgeschlossen.

Wie sind die finanziellen Bedingungen?

Der Zweitliga-Etat der Ceratonia Volleys liegt zwischen 200.000 und 250.000 Euro. Für die 1. Bundesliga müsste sich diese Summe verdreifachen, rechnet Eltmanns Marketing-Manager Rolf Werner. Zu den Rahmenbedingungen gehören eine LED-Bande zur medialen Vermarktung und eine bundesligataugliche, ausreichend hohe Halle. Der Umzug aus der Georg-Schäfer-Halle in die 8000-Plätze-Arena in Bamberg wurde den Eltmannern 2019 zum Verhängnis. Denn es gibt keine überproportional steigenden Fernsehgelder wie beim Fußball.

"92 Prozent des Etats tragen Sponsoren. Der Rest kommt aus Zuschauereinnahmen", so Werner. Die Besucherzahl pendelt zwischen 400 und 600. Zuletzt räumte die Liga den Zweitligisten Dachau, Karlsruhe, Freiburg und Bitterfeld-Wolfen mit Sonderbedingungen die Teilnahme ein, um die Sollstärke von zwölf Teams zu erreichen. "Aber sollten die mal Arenen präsentieren, kann es mit der Unterschwelligkeit schnell vorbei sein."

Ehrgeizig, aber vorsichtig: Eltmanns Marketing-Manager Rolf Werner.
Foto: Daniel Löb | Ehrgeizig, aber vorsichtig: Eltmanns Marketing-Manager Rolf Werner.

Marktheidenfelds Badminton-Abteilungsleiter Fuchs beziffert die Kosten für eine Saison in der 2. Badminton-Bundesliga auf 15.000 bis 20.000 Euro. "Damit liegen wir in der Klasse sicher im unteren Bereich", sagt er. Aus diesem Betrag werden Kosten für Auswärtsspiele, Vergütungen für die Anfahrt externer Akteurinnen sowie sehr geringe Punkteprämien bestritten. Die finanziellen Rahmenbedingungen seien insgesamt schwierig, so Fuchs. Bei ein paar Dutzend Menschen, die sich die Spiele ansehen, sei es nicht leicht, finanzkräftige Förderer zu finden. So engagieren sich in Marktheidenfeld überwiegend Kleinsponsoren.

Das ist ein großer Unterschied zu den führenden Bundesliga-Teams. "Da stehen große Firmen dahinter", sagt Fuchs. In der höchsten Klasse schlagen internationale Spitzenspieler auf, gegen die selbst die besten deutschen Akteure oft chancenlos sind. Die frühere Marktheidenfelderin Brid Stepper, die eben erst deutsche Einzel-Meisterin geworden ist, hat in der laufenden Bundesliga-Saison für den BC Bonn-Beuel kaum ein Spiel gewonnen. Kommende Saison wird der Verein aus Bonn nach 25 Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit nicht mehr für die höchste deutsche Spielklasse melden. Auch hier sind die Unterschiede in puncto Leistung und Wirtschaftskraft mittlerweile zu groß geworden.

Wie sind die Teams personell aufgestellt?

Der VC Eltmann zählt über 500 Mitglieder. "Wir haben seit der Corona-Zeit unsere Mitgliederzahlen verdoppelt, fast ausnahmslos durch Kinder und Jugendliche", so Werner. "Wir haben vorwiegend Spieler aus der Region. Bei uns ist kein Platz für Abzocker." Die Funktionäre arbeiten ehrenamtlich. In der Bundesliga bräuchte man mindestens eine Ganztageskraft, vermutlich noch eine Halbtagskraft. "Sonst machen sich die Mitarbeitenden kaputt. Im ersten Jahr, in der Euphorie kann es klappen, aber im zweiten fallen sie alle um."

Ein Badminton-Team besteht aus drei Spielern und zwei Spielerinnen, in der laufenden Saison setzte der TVM gut ein Dutzend Akteure und Akteurinnen ein. Im männlichen Bereich sind beim TV Marktheidenfeld ausschließlich Spieler aus dem eigenen Verein oder dem unterfränkischen Umfeld vertreten. Allen voran Michael Fuchs. Der wird im April 43 Jahre alt, nahm zweimal an Olympischen Spielen teil, stand 2012 in London im Mixed sogar im Viertelfinale und ist immer noch einer der besten Doppelspieler der 2. Bundesliga. Mittlerweile leitet er den Olympia-Stützpunkt Saarbrücken, wo er auch lebt, spielt aber in der Liga für seinen Marktheidenfelder Heimatverein.

Michael Fuchs ist der bekannteste Spieler im Badminton-Team des TV Marktheidenfeld. Der 42-Jährige hat zweimal an Olympischen Spielen teilgenommen.
Foto: Julien Becker (Archivfoto) | Michael Fuchs ist der bekannteste Spieler im Badminton-Team des TV Marktheidenfeld. Der 42-Jährige hat zweimal an Olympischen Spielen teilgenommen.

Dagegen wird der weibliche Marktheidenfelder Nachwuchs vorwiegend in der zweiten Mannschaft in der Bayernliga eingesetzt. In der ersten Mannschaft spielen oft U21-Nationalspielerinnen aus Nachbarländern wie die Schweizerin Lina Schadegg oder die Österreicherin Lena Rumpold, die in der 2. Bundesliga Wettkampf-Erfahrung sammeln wollen.

Unter welchen Bedingungen betreiben die Beteiligten den Sport?

Es sei nicht immer einfach, Sportler zu Höchstleistung zu motivieren, wenn es keine realistische Aufstiegschance gebe, räumt Werner ein. Deswegen verpflichte man, wenn schon externe Spieler, dann "aufstrebende Talente. Solche die noch kein Erstligaangebot bekommen oder wahrnehmen, weil sie dort nur auf der Bank sitzen würden. Wir sind eine gute Adresse, da klopft man gerne an." Man habe eine andere Philosophie als Drittligist Eibelstadt, "wo man nur Spaß haben will. Was ja in Ordnung ist, aber uns zu wenig wäre. Der Ehrgeiz zu größtmöglichem Erfolg ist da." Die Spieler bekommen in Eltmann Aufwandsentschädigungen. 

Anders als im Volleyball ist es beim Badminton nicht zwingend notwendig, dass das Team regelmäßig gemeinsam trainiert. So ist es leichter, den Sport mit Beruf, Studium oder Schule unter einen Hut zu bringen. Das müssen alle beim TV Marktheidenfeld auch, denn Profis gibt es dort nicht. Erstattet werden nach den Worten von Karl Fuchs lediglich Anfahrtskosten für externe Spielerinnen, außerdem zahlt der Verein Punkteprämien in sehr geringer Höhe. 

Warum gehen die Beteiligten nicht ins Risiko?

"Ins Risiko gehen wir sicher nicht", sagt Werner. In Eltmann weiß man, wie schnell die Bundesliga zum Fiasko werden kann. Trotzdem: "Per se schließen wir die Bundesliga nicht aus." Es müssten alle Rahmenbedingungen passen. "Visionen muss man im Zusammenspiel mit der wirtschaftlichen Gesamtlage sehen." 2024 hatte Eltmann auf den Aufstieg verzichtet, "weil wir mittelfristig die Nachwuchsarbeit intensivieren. Aber auch aus finanziellen Gründen: Unter 600.000 bis 700.000 Euro macht das keinen Sinn. Nur, wenn die Summe verbindlich vorhanden ist." Mit 50.000 Euro mehr als in der 2. Liga könne man es zwar versuchen, "aber es geht schief".  

Einen Aufstieg in die höchste deutsche Badminton-Spielklasse hat der TV Marktheidenfeld für sich bislang immer ausgeschlossen. Die Leistungsunterschiede zwischen höchster und zweithöchster deutscher Klasse seien derart groß, "dass schnell Frustration entstehen würde", so Karl Fuchs. Eine Veränderung der Herangehensweise ist auch nicht gewollt. Schließlich besitzt der TVM nicht die wirtschaftlichen Mittel, um hochklassige ausländische Profis zu bezahlen. Gleichzeitig würde die Akquirierung solche Profis womöglich eine bisher funktionierende Vereinsstruktur, die sich auf eigene Spieler stützt, zerstören.

 
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