
"Überall Familie". Dieser Slogan steht auf der Homepage von Türkgücü München. Auf der im neuen Jahr noch keine Neuigkeiten aus der Fußball-Regionalliga Bayern zu finden sind. Der bislang letzte Post datiert auf Anfang Dezember 2024, die neueste Spielankündigung gilt dem Heimspiel des Schlusslichts gegen Buchbach am 1. März. Ein Hinweis auf die Partie gegen Tabellenführer FC Schweinfurt 05 am Samstag, 15. März: Fehlanzeige. Inzwischen nachvollziehbar: Sie findet nicht statt. Nach offizieller Lesart des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) wegen Nichtantretens der Heimmannschaft.
Diese Nachricht meldete der BFV auf seiner Internetseite und zeitgleich den Schweinfurtern am Donnerstagnachmittag – knapp zwei Tage vor Spielbeginn. Mit dem Verweis darauf, dass "dieser Umstand ein sportgerichtliches Verfahren nach sich zieht". Die Münchner hätten, so die Verbandsaussage weiter, "auf keine der im Zulassungsverfahren zur Teilnahme an der Regionalliga Bayern als uneingeschränkt verfügbar gemeldeten Spielstätten zurückgreifen können". Ein solcher Grund für eine Spielabsage "ist in der Regionalliga Bayern noch nicht vorgekommen", bestätigte auf Anfrage Verbandsspielleiter Josef Janker.
Wegen des schwebenden Verfahrens wollte er "keine weiteren Angaben machen", sagte jedoch unabhängig vom aktuellen Geschehen: "Wir haben Türkgücü, wie alle anderen Vereine auch, daran erinnert, dass man im Januar Spiele der restlichen Saison ohne Zustimmung des Gegners verlegen könne." Davon hatten die Münchner offenbar keinen Gebrauch gemacht. Obwohl sie da schon hätten wissen müssen, dass die Partie gegen den FC 05 nicht in der angemieteten Hauptspielstätte Dantestadion ausgetragen werden könne. Dort sind, unter anderem wegen der fehlenden Möglichkeit einer Blocktrennung, keine Sicherheitsspiele möglich. Dazu zählen alle Partien gegen Mannschaften, die Fans mitbringen.
Markus Wolf: "Mehr Kulanz geht nicht."
Ebenso bekannt war im Winter bereits, dass der SV Heimstetten, dessen Gelände eine von zwei Ausweichmöglichkeiten darstellt und für das Spiel gegen den FC 05 im BFV-Portal eingetragen war, an diesem Samstag ein Bayernliga-Heimspiel gegen Nördlingen austragen würde. Und dass das Grünwalder Stadion, Alternative zwei, wegen der Heimspiele des FC Bayern II und des TSV 1860 ausgelastet sei. Erst am Freitag vergangener Woche, kurz vor dem Illertissen-Heimspiel, habe die Schweinfurter die Anfrage Türkgücüs auf Spielverlegung erreicht. Dem Wunsch, bereits am Freitagabend zu spielen, wollte 05-Sportleiter Andreas Brendler ("da arbeiten tagsüber unsere Spieler noch") nicht entsprechen.
Dennoch hatte 05-Geschäftsführer Markus Wolf unter der Woche noch einmal die Tür für einen Kompromiss aufgemacht, indem er entgegen der sportlichen Leitung der Nullfünfer den Sonntag angeboten hatte: "Wir haben alles getan, dass dieses Spiel am Wochenende stattfinden kann. Mehr Kulanz geht nicht. Doch Türkgücü hat bis Donnerstagmorgen null Reaktion gezeigt. Aus Trainingssteuerungsgründen wollten wir dann vom Samstag als Termin ausgehen und wurden von der Meldung am Nachmittag überrascht."
Für den Schweinfurter Trainer Victor Kleinhenz war das "alles andere als optimal. Aber wir sind gut beraten, uns nicht auf Dinge zu konzentrieren, auf die wir keinen Einfluss haben." Für ihn gilt es nun, den Rhythmus halbwegs aufrecht zu erhalten. Deswegen habe er für Samstagvormittag, 10.30 Uhr, ein internes Testspiel elf gegen elf angesetzt und gar nicht erst versucht, kurzfristig einen externen Test zu organisieren. "So können alle Spieler spielen und sich zeigen. Ich sehe keinen sportlichen Nachteil. Wir gehen davon aus, dass als positiver Nebeneffekt die drei Punkte auf dem Konto landen."
Möglicherweise finanzielle Hintergründe?
Auch Wolf erhofft sich vom Sportgerichtsurteil "ein x:0. Ganz klar." Für diesen – wahrscheinlichen – Fall wäre das eine Spielwertung mit 2:0 für die Schweinfurter. Die Türkgücü auch einen Tausch des Heimrechts angeboten haben, dem jedoch Janker einen Riegel vorgeschoben hatte: "Da es für beide Mannschaften um Entscheidungen geht, ist das nicht möglich, um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen", lautete seine Begründung.
Bei Türkgücü war indes kein Verantwortlicher für eine Stellungnahme zu erreichen. Weder die Medienabteilung noch die sportliche Leitung reagierten auf Anfragen dieser Redaktion. Auf verschiedenen Internetportalen war allerdings zu lesen, dass Türkgücü-Vorstandsmitglied Serdar Yilmaz verlauten habe lassen, die im niedrigen fünfstelligen Bereich pro Spiel liegende Anmietung des Stadions in Heimstetten sei für den Verein zu teuer. Auch nach der mit dem Rückzug aus der 3. Liga verbundenen Insolvenz des Jahres 2022 war keine Ruhe eingekehrt: Im Winter 2023/24 konnte der Verein eine zweite Insolvenz gerade so abwenden.