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Steilpass
Heißblütiger Trainer mit italienischen Wurzeln: Warum Mario Schindler an seiner Hochzeit Fußballschuhe trug
Mit dem TSV Ettleben/Werneck ist Mario Schindler auf dem besten Weg in die Landesliga. Seine bisher einzige Trainerentlassung berührt den 46-Jährigen noch heute.
Schon im Alter von 19 Jahren wusste Mario Schindler, dass er später einmal Trainer werden will. Aktuell coacht der 46-Jährige den Bezirksligaspitzenreiter TSV Ettleben/Werneck.
Foto: Hartmut Hess | Schon im Alter von 19 Jahren wusste Mario Schindler, dass er später einmal Trainer werden will. Aktuell coacht der 46-Jährige den Bezirksligaspitzenreiter TSV Ettleben/Werneck.
Michael Kämmerer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:49 Uhr

Als Spieler und Trainer ist Mario Schindler viel herumgekommen, und das mit Erfolg. Doch es gibt ein Kapitel in seiner Laufbahn, das der 46-Jährige lieber vergessen würde. Warum er auch an seiner Hochzeit nicht vom Fußball lassen konnte und welche Trainerentlassung bis heute an ihm nagt, erzählt der in Ettleben (Lkr. Schweinfurt) wohnhafte Vater zweier Kinder im Interview.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Mario Schindler: Steffen Stockmann, ein feiner Mensch und überragender Fußballer. Nachdem wir uns in der Bezirksliga mehrmals begegnet sind – er als Spielertrainer des SC Diebach, ich als Spieler des TSV Knetzgau – sollte er mein Trainer werden. Doch bevor ich im Winter 2007/08 zum TSV Abtswind gewechselt bin, hat sich Steffen so schwer verletzt, dass seine Karriere beendet war.

Wie war Ihr Laufweg?

Schindler: Es gab einige Vereine, angefangen beim FC 05 Schweinfurt von der Jugend bis zur zweiten Mannschaft. Wimpel und Fahne der Schnüdel hängen noch in meinem Jugendzimmer. Über die Traditionself, mit der wir bei Turnieren und Benefizspielen antreten, bin ich auch heute mit dem FC 05 verbunden. Weitere Stationen waren bis zur Landesliga die DJK Schweinfurt, der FC Haßfurt, die FT Schweinfurt, der TSV Knetzgau, der FC Bad Kissingen und der TSV Abtswind. Bei der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach wurde ich erst Spielertrainer, bevor ich an die Seitenlinie gewechselt bin. Danach bin ich als Trainer nach Abtswind zurückgekehrt und im Winter 2019/20 zum TSV Ettleben/Werneck gekommen. Im Sommer geht es beim TSV Großbardorf weiter.

Warum haben Sie als Spieler so oft den Verein gewechselt?

Schindler: Ich wollte mich weiterentwickeln, verschiedene Trainer erleben, deren Stärken und Schwächen kennenlernen. Herbert Herrmann, der bei der DJK Schweinfurt großen Wert auf Teamgeist gelegt hat, und Manfred Müller, der in Haßfurt die Viererkette installiert hat, als anderswo noch mit Libero gespielt wurde, haben mich geprägt. Mein Ziel war früh klar: Ich wusste mit 19 Jahren, dass ich später Trainer werden will.

Stimmt es, dass Sie an Ihrer Hochzeit mit Ihrer Frau im Wernecker Schlosspark gekickt haben?

Schindler: Für das Hochzeitsfoto haben wir uns in Fußballschuhen den Ball zugespielt. Ich im Anzug mit Kapitänsbinde, sie im Brautkleid mit Stutzen. Meine Frau und der Fotograf haben erkannt, dass Fußball ein wichtiger Teil meines Lebens ist. 2012 war ich Spielführer in Abtswind. So ist die Idee für das Bild entstanden.

Sie haben italienische Wurzeln. Erzählen Sie mal.

Schindler: Meine Mutter kommt aus Neapel, mein Vater ist Deutscher. Ich bin in Schweinfurt geboren, zweisprachig aufgewachsen, habe aber nie in Italien gelebt. Wir sind eine Großfamilie mit 42 Cousins und Cousinen, da meine Mutter neun Geschwister hat. Wegen Diego Maradona bin ich Fan des SSC Neapel geworden. Wenn die Nationalteams gegeneinander spielen, bin ich für Italien. Beim Essen mag ich es mit Sauerbraten fränkisch. Mein Italienisch ist nicht mehr sattelfest. Auf dem Spielfeld kommt die Mentalität aber noch durch. Ich bin etwas heißblütiger, auch wenn ich mich in den Diskussionen mit den Schiedsrichtern gebessert habe.

Die Bezirksliga-Meisterschaft mit der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach hat bei Mario Schindler (hinten links) bleibenden Eindruck hinterlassen.
Foto: Kilian Trabert | Die Bezirksliga-Meisterschaft mit der DJK Schwebenried/Schwemmelsbach hat bei Mario Schindler (hinten links) bleibenden Eindruck hinterlassen.
Sie sind in Ihrer Laufbahn mehrmals aufgestiegen. Was war der schönste Erfolg?

Schindler: Meine erste Meisterschaft als Trainer mit Schwebenried/Schwemmelsbach hat bleibenden Eindruck hinterlassen, weil der Verein noch nie in der Landesliga war. Es herrschte Ausnahmezustand in beiden Dörfern.

Ihre einzige Trainerentlassung ereilte Sie in Abtswind. Wie sind Sie damals damit umgegangen?

Schindler: Das war eine Katastrophe. Mir wurde das Fußballherz herausgerissen und darauf herumgetreten. Ich konnte mit der Entscheidung ganz schwer umgehen und habe mich komplett hinterfragt. Mein Selbstvertrauen als Trainer war mit einem Schlag weg. Es hat lange gedauert, bis ich damit umgehen konnte. Die Entlassung berührt mich bis heute.

Die Entlassung als Trainer des TSV Abtswind (rechts Manager Christopher Mix), berührt Mario Schindler (links) bis heute.
Foto: Hartmut Hess | Die Entlassung als Trainer des TSV Abtswind (rechts Manager Christopher Mix), berührt Mario Schindler (links) bis heute.
Was macht die Karriere neben der Karriere?

Schindler: Ich bin als Vertriebsleiter in einem Rosenheimer Software-Unternehmen tätig. Zu 80 Prozent arbeite ich zu Hause und bin sonst bei Kunden oder alle paar Wochen in der Firma. Familie, Beruf und Fußball lassen sich gut unter einen Hut bringen. In Ettleben kann ich zum Sportplatz laufen. Selbst nach Großbardorf brauche ich durch die gute Autobahnanbindung nur eine halbe Stunde.

Mit dem TSV Ettleben/Werneck stehen Sie an der Tabellenspitze der Bezirksliga. 2015 spielte die Mannschaft noch in der A-Klasse. Woher kommt der Höhenflug?

Schindler: Der Verein profitiert von seiner Jugendarbeit mit sehr guten Trainern. Mit den Spielern aus dem Nachwuchs hat mein Vorgänger Christoph Weeth das Fundament für mich gelegt. Wir haben aus der Vorsaison gelernt, als wir alle Spitzenspiele verloren haben und als Aufsteiger Vierter wurden. Die wenigsten Gegentore der Liga sind das Verdienst einer stabilen Defensive. Durch den qualitativ breiten Kader kann ich 16, 17 Spieler bedenkenlos einsetzen und bei Einwechslungen die Leistung hochhalten.

Und das, ohne den Spielern Geld zu zahlen?

Schindler: Tatsächlich. Wir können froh sein, dass uns Sponsoren einheitliche Trainingskleidung ermöglichen. Wir setzen ausschließlich auf Spieler, die in Ettleben oder Werneck wohnen, hier arbeiten oder eine einheimische Freundin haben. Das ist ein eingeschworener Haufen, der zum Großteil schon im Kindergarten zusammengespielt hat.

Der Verein hat mit über 200 Leuten pro Heimspiel den besten Zuschauerschnitt der Liga.

Schindler: In den letzten Jahren ist eine Euphorie entstanden. Viele Fans haben einen persönlichen Bezug zu den Spielern. Die Identifikation mit der Mannschaft ist groß. Das habe ich vorher so nicht gekannt.

Steigt Ettleben/Werneck auf und Großbardorf ab, würden Sie in der Landesliga mit Ihrem neuen Klub auf Ihren Ex-Verein treffen.

Schindler: Das mag ich mir nicht vorstellen. Ich hoffe, dass wir hochgehen und es nächste Saison zu einem Testspiel kommt, weil beide Teams in verschiedenen Ligen spielen.

Wen spielen Sie an?

Schindler: Ich nehme den Ball in die Hand und werfe zu Stephanie Lutz, die mit Ettleben in der Korbball-Bundesliga spielt. Zur Vorbereitung auf die deutsche Meisterschaft habe ich bei den Frauen ein Training geleitet.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
Quelle: cam

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