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Ex-Schweinfurter Benjamin Demel: "Mit 44 Jahren wird es von mir keine Blutgrätsche mehr geben"
Wo der bekennende Dortmund-Fan einem Schalker den Vortritt lassen musste und wie er auf die finanzielle Situation seines Ex-Klubs Bayreuth schaut.
Benjamin Demel erlebte Höhen und Tiefen mit dem FC Schweinfurt 05. 
Foto: Anand Anders (Archivfoto) | Benjamin Demel erlebte Höhen und Tiefen mit dem FC Schweinfurt 05. 
Philipp Wohlfahrt
Philipp Wohlfart
 |  aktualisiert: 25.03.2025 02:36 Uhr

Benjamin Demel spielte bei der SpVgg Bayreuth und dem FC Schweinfurt 05. Vor zwölf Jahren verschlug es den gebürtigen Bayreuther wieder nach Oberfranken. Bei einem kleinen Dorfverein übernahm er die Rolle des Co-Trainers. Wenn Fußball und Beruf es zulassen, schnappt er sich gerne sein Wohnmobil und fährt in den (Kurz-)Urlaub.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Benjamin Demel: Angespielt hat mich Florian Hetzel. Ich habe mich über dieses Anspiel gewundert, aber zugleich auch geehrt gefühlt. Unsere Wege sind in Schweinfurt 2013 auseinander gegangen. Wir hatten immer mal wieder lose Kontakt. Dass ich noch nachhaltig in Erinnerung geblieben bin, freut mich.

Wie war ihr Laufweg?

Demel: Ich habe beim BSC Saas-Bayreuth mit dem Fußballspielen angefangen. Relativ früh, in der D-Jugend, bin ich zur SpVgg Bayreuth gewechselt, wo ich sämtliche Jugendmannschaften durchlaufen habe. Anschließend habe ich den Sprung in die erste Herren-Mannschaft geschafft. Anfang 2009 ging es für mich zu den Schnüdeln. Nach viereinhalb Jahren bin ich wieder zurück nach Oberfranken. Bis heute bin ich beim TSV Sonnefeld, erst als Spieler, später als Co-Trainer.

Ihr Spitzname lautet "Der Kaiser" und geht auf Ihren ehemaligen Trainer Armin Eck zurück. Gefällt Ihnen der Spitzname?

Demel: Die Spielweise, die ich damals als Libero beziehungsweise Vorstopper notgedrungen bei der SpVgg Bayreuth spielen musste, ähnelte laut ihm Franz Beckenbauer. Und schon hatte ich meinen Spitznamen. Eigentlich bin ich aber ein Offensiver. Deswegen würde ich Beckenbauer auch nicht als mein Vorbild bezeichnen. Ich habe Zinédine Zidane bewundert.

Halten Sie es im Vereinsfußball mit Beckenbauers FC Bayern?

Demel: Ich bin nicht der größte Bayern-Sympathisant (lacht). International halte ich zu den deutschen Mannschaften. In der Bundesliga bin ich den Bayreuther Farben Gelb und Schwarz treu geblieben. Mein Herz schlägt für Borussia Dortmund.

Nochmal zurück zu Ihrer Position: Seit wann spielen Sie in dieser defensiven Rolle?

Demel: Das war um das Jahr 2003. Ich habe gemerkt, dass ich in der Offensive nicht mehr wirklich zum Zug kam. Wir hatten bessere Spieler auf meiner Position. Das habe ich damals eingesehen. Im ersten Jahr habe ich als rechter Außenverteidiger in der Bayernliga gespielt. Ab und zu bin ich auch mal in der Innenverteidigung oder auf der Sechs eingesprungen. Auf einmal war ich wieder Stammspieler bei der SpVgg Bayreuth und wir sind in die Regionalliga, die damals dritthöchste Spielklasse, aufgestiegen.

Ihr Heimatverein, die SpVgg Bayreuth, sorgt auch aktuell für Schlagzeilen. Allerdings nicht sportlich. Die Oldschdod steht kurz vor der Insolvenz. Dem Verein fehlen 500.000 Euro. Wie geht es Ihnen als gebürtigem Bayreuther mit dieser Situation?

Demel: Ich wusste, dass es noch Altlasten gibt. Über die tatsächliche Summe war ich schockiert. Ich finde es extrem schade und hoffe, dass der Verein mit der Crowdfunding-Aktion erfolgreich ist.

Sie sprechen die Crowdfunding-Aktion an. Bis Ende Mai, so das Ziel, will der Verein das Geld zusammen haben. Mitte März sind gut 25.000 Euro eingegangen. Haben Sie auch an der Aktion teilgenommen?

Demel: Es scheint sehr unrealistisch, dass das Ziel erreicht wird, wenn nicht jemand ganz tief in die Tasche greift. Ich selbst habe noch nicht an der Aktion teilgenommen. Ich beobachte aber den aktuellen Stand. Vielleicht werde ich in Zukunft auch einen Teil dazu beitragen.

"Ich wusste, dass es noch Altlasten gibt. Über die tatsächliche Summe war ich schockiert."
Benjamin Demel
In gewisser Weise wiederholt sich hier Geschichte: Bereits 2008 stand Bayreuth kurz vor der Insolvenz. Damals waren Sie von der finanziellen Schieflage des Vereins direkt betroffen: Ihr Vertrag wurde aufgelöst.

Demel: Genau. Aus diesem Grund hat es mich nach Schweinfurt verschlagen. Eine ähnliche Situation hatten wir in der Saison 2005/2006, als wir in der Regionalliga auf dem zehnten Platz gelandet sind, aber aus finanziellen Gründen keine Lizenz für die Liga bekommen haben und zwangsabsteigen mussten. In der Saison 2007/2008 durften wir dann als Oberliga-Meister abermals wegen der finanziellen Situation nicht aufsteigen. Die Geld-Probleme ziehen sich wie ein roter Faden durch die jüngere Vergangenheit.

Wie schmerzhaft war es für Sie, Bayreuth zu verlassen?

Demel: Das war eine große Umstellung. Ich habe fast 20 Jahre bei der SpVgg gespielt. Ich hatte dort viele Freunde, Bekannte und Familie. Der Schritt war alles andere als einfach.

Und auf den ersten Blick auch sportlich eine Verschlechterung. Der FC 05 war Tabellenletzter der Bayernliga.

Demel: Das stimmt. Aber ich hatte mehrere Gespräche mit den Verantwortlichen des Vereins, in denen ich gemerkt habe, dass die Schnüdel alles versuchen, die Klasse zu halten. Das hat sich auch an den Neuverpflichtungen im Winter gezeigt. Am Ende hat es knapp nicht gereicht.

Bierregion Oberfranken, Weinregion Unterfranken: Präferieren Sie das Gläschen Wein oder ein kühles Bier?

Demel: Ich bin nach wie vor beim kühlen Blonden. Ich bin kein Wein-Trinker. Vielleicht bin ich noch nicht in dem Alter, dass mich an Wein rantraue (lacht).

 Auch Benjamin Demel (links) führte die Schnüdel als Kapitän aufs Spielfeld. Rechts: Steffen Rögele
Foto: Oliver Schikora (Archivfoto) |  Auch Benjamin Demel (links) führte die Schnüdel als Kapitän aufs Spielfeld. Rechts: Steffen Rögele
Nach diesem Ausflug wieder zurück zum Fußball. Heute sind Sie Co-Trainer beim TSV Sonnefeld im Landkreis Coburg. Von der Kreisklasse ging es bis in die Landesliga und dann wieder zurück in die Kreisliga. In dieser Saison spielt die erste Mannschaft des TSV Sonnefeld wieder in der Bezirksliga. Das klingt nach einer turbulenten Zeit.

Demel: Das ist Wahnsinn! Bastian Renk, ein guter Freund von mir, hat mich damals nach Sonnefeld gelotst. Von der Kreisklasse sind wir nach oben fast durchmarschiert. Nach dem ersten Abstieg hatten wir keine gute Mannschaft mehr zusammen und wurden durchgereicht. Patrick Schwesinger hat uns von der Kreisliga zwei Mal zurück in die Bezirksliga geführt. Aktuell sind wir auf einem direkten Abstiegsplatz. Es deutet sich an, dass wir die Klasse nicht halten können. Wir geben zuletzt das Bild einer Fahrstuhlmannschaft ab.

Woran liegt das?

Demel: Wir haben aktuell keinen Großsponsor und müssen mehr als andere Vereine auf unsere eigene Jugend setzen. Es ist schwierig, neue Spieler aus Coburg oder Kronach nach Sonnefeld zu locken.

Schnüren Sie mit 44 Jahren auch ab und zu nochmal selbst die Fußballschuhe?

Demel: Ja, aber nicht mehr mit dem Ehrgeiz wie früher. Seit 2015 habe ich ein künstliches Hüftgelenk. Ich bin vorsichtiger geworden. Man wird von mir keine Blutgrätsche sehen. Es hat aber immerhin noch für den ein oder anderen Einsatz in der Bezirksliga gereicht.

Benjamin Demel (Mitte) wich in seiner Karriere keinem Zweikampf aus. Nach einer Hüft-Operation lässt er es heute gediegen angehen. 
Foto: Marion Wetterich (Archivfoto) | Benjamin Demel (Mitte) wich in seiner Karriere keinem Zweikampf aus. Nach einer Hüft-Operation lässt er es heute gediegen angehen. 
2015 die künstliche Hüfte, im März 2012 fast das Tor des Monats. Für den ersten Platz in der Abstimmung hat es nicht gereicht. Dennoch: ein zweiter Platz hinter dem Ex-Schalker Raúl. Überwiegt die Freude über den zweiten Platz oder die Enttäuschung, so knapp dran gewesen zu sein?

Demel: Es war eine Ehre für mich, überhaupt in der Auswahl zu sein. Ich hatte Glück, dass mein Tor aufgenommen wurde. Mein Name war in aller Munde. Meine Mitspieler, meine Kollegen, alle haben mich unterstützt und reichlich Werbung für die Abstimmung gemacht. Mit der Fanbase von Raúl und Schalke 04 ist es schwer zu konkurrieren. Ich hatte schon im Gefühl, dass es für ganz oben nicht reicht.

Können Sie das Tor rückblickend nochmal beschreiben?

Demel: Das Tor war gegen die SpVgg Unterhaching II. Ich habe 20, 25 Meter vor dem Tor gelauert. Stefan Seufert sieht mich und schlägt einen Eckball lang zu mir in den Rückraum. Ich gehe dem Ball etwas entgegen, nehme ihn aus der Luft an und jage das Ding unter die Latte.

"Mit der Fanbase von Raúl und Schalke 04 ist es schwer zu konkurrieren."
Benjamin Demel
Was macht die Karriere neben der Karriere?

Demel: Seit meinem Wechsel nach Sonnefeld bin ich bei Mercedes Benz als Automobilverkäufer angestellt. Ich betreue Gewerbekunden, bin im Verkauf für Transporter, Nutzfahrzeuge und Vans tätig.

Wen spielen Sie an?

Demel: Einer meiner engsten Wegbegleiter ist Stefan Seufert, Spitzname "Batz". Stefan kam damals von Regensburg nach Bayreuth. Ich habe sofort gemerkt, dass er ein richtiger Zocker, ein Edeltechniker ist. Er hat eine super Übersicht. Nach der Zeit in Bayreuth habe ich auch beim FC 05 mit ihm zusammengespielt.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
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