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Michael Kraus: Fair-Play-Preis trotz zweier Platzverweise und Champions-League-Feeling in der Uefa-Zentrale
Flexibel einsetzbar, Aufstiegsgarant und heimatverbunden. In seiner neuen Rolle möchte der Egenhäuser Michael Kraus vor allem Wissen weitergeben.
Der Wechsel zurück zu seinem Heimatverein FV Egenhausen war für Michael Kraus (links) der Startschuss für seine Tätigkeit als Trainer.
Foto: Ralf Naumann (Archivfoto) | Der Wechsel zurück zu seinem Heimatverein FV Egenhausen war für Michael Kraus (links) der Startschuss für seine Tätigkeit als Trainer.
Philipp Wohlfahrt
Philipp Wohlfart
 |  aktualisiert: 27.02.2025 02:38 Uhr

Michael Kraus absolvierte mehr 80 Regionalliga-Spiele für den FC Schweinfurt 05 und den TSV Aubstadt, heute steht er als spielender Co-Trainer bei seinem Heimatverein FV Egenhausen auf und neben dem Platz. Warum der gelernte Offensivspieler aktuell lieber in der Defensive agiert, wie er die Aufstiegschancen des FC 05 sieht und warum er sich einmal wie bei der Champions-League-Auslosung fühlen durfte.

Frage: Wer hat Sie angespielt?

Michael Kraus: Ich habe mich sehr über das Zuspiel von Julian Grell gefreut. Das ist fast so wie in alten Zeiten auf dem Platz. Wir haben zusammen beim TSV Aubstadt gespielt und dort den historischen Aufstieg in die Regionalliga geschafft. Julian ist über die Jahre ein sehr guter Freund geworden. Leider haben wir beide zu wenig Zeit, um uns öfter zu sehen.

Wie war Ihr Laufweg?

Kraus: Die Leidenschaft zum Fußball habe ich seit Kindheitstagen, auch wenn meine Mutter das anfangs nicht glauben konnte. Nach meinem ersten Training kam ich durchgefroren und mit blauen Lippen zurück. In der Jugend habe ich bei meinem Heimatverein, dem FV Egenhausen, gespielt. Mein erstes Männerjahr, das war 2007, habe ich beim FC Schweinfurt 05 gespielt. Ich war insgesamt neun Spielzeiten dort und habe viele Höhen und Tiefen miterlebt. Weiter ging es für mich dann in Euerbach. Während dieser Zeit habe ich auch unser Haus in Egenhausen gebaut, in direkter Sportplatznähe (lacht).

Nach zwei Jahren zog es mich dann zum TSV Aubstadt. Mit Beginn des Sportverbotes infolge der Corona-Pandemie bin ich wieder zurück nach Egenhausen. So schließt sich der Kreis. Der Wechsel zurück nach Egenhausen war der Startschuss für meine Co-Trainer-Karriere. Bis heute bin ich spielender Co-Trainer bei meinem Heimatverein. Zunächst mit Günther Veth, dann mit meinem Schwager Andreas Wolf. Wichtig ist die Harmonie innerhalb des Trainer-Duos. Und die stimmt bei uns. Wir verstehen uns auf und neben dem Platz sehr gut.

Gibt man auf der Fußballplattform transfermarkt.de Ihren Namen ein, werden Sie auf den verschiedensten Positionen geführt: vom Sechser bis zum Mittelstürmer. Auf welcher Position fühlen Sie sich am wohlsten?

Kraus: Da kommt sogar noch eine Position hinzu, weil ich zurzeit in der Innenverteidigung spiele (lacht). Ich habe eigentlich alle Positionen schonmal gespielt. Mit meiner Erfahrung kann ich der Mannschaft in einer eher defensiveren Rolle, zum Beispiel auf der Sechs oder in der Innenverteidigung, helfen. Früher habe ich mich im zentralen, offensiven Mittelfeld sehr wohlgefühlt.

Für den FC 05 und den TSV Aubstadt haben Sie mehr als 80 Regionalliga-Spiele bestritten. Schauen Sie heute noch ab und zu bei Ihren Ex-Vereinen vorbei?

Kraus: Leider viel zu selten. Ich würde gerne öfter zu den Spielen gehen. Wenn es die Zeit erlaubt, schauen wir als Familie gerne zu.  

Als Meister der Bayernliga Nord ist Michael Kraus 2019 mit dem TSV Aubstadt in die Regionalliga Bayern aufgestiegen.
Foto: Rudolf Merz (Archivfoto) | Als Meister der Bayernliga Nord ist Michael Kraus 2019 mit dem TSV Aubstadt in die Regionalliga Bayern aufgestiegen.
Der FC Schweinfurt 05 steht momentan auf dem ersten Platz in der Regionalliga Bayern. Wie bewerten Sie die Aufstiegschancen der Schnüdel?

Kraus: Es ist davon abhängig, wie sie nach der Winterpause starten. Wenn sie konstant ihre Leistung bringen, dann bin ich sehr zuversichtlich, dass die Mannschaft auch am Saisonende ganz oben steht und dann den Sprung in die Dritte Liga schafft. Auch wenn die Regionalliga Bayern dieses Jahr mit dem direkten Aufstieg an der Reihe ist, finde ich diese Regelung fragwürdig. Meister müssen direkt aufsteigen können. Wie man diese Aufstiegsregelung am besten gestaltet, weiß ich nicht.

Von der Regionalliga wieder zurück nach Egenhausen. Stand bei Ihrem Wechsel 2020 die Heimatverbundenheit im Vordergrund?

Kraus: Ja, das lässt sich so sagen. Es war zum damaligen Zeitpunkt auch noch ungewiss, wie es mit Corona weitergeht. Mit Anfang 30 war es für mich der logische Schritt, etwas kürzerzutreten. Ich finde es schön, wenn Spieler ihre Wurzeln kennen und dahin zurückkehren, wo alles begonnen hat und dort die Karriere beenden.

Sie haben Ihre Funktion als spielender Co-Trainer beim FV Egenhausen erwähnt. Wo sehen Sie sich lieber: auf dem Platz oder an der Seitenlinie?

Kraus: Solange die Beine mich noch tragen, lieber auf dem Rasen. Das Coaching auf dem Platz mag ich. Ich konnte anfangs nicht einschätzen, wie man sich als spielender Co-Trainer fühlt. Ich möchte das Wissen, das ich über Jahre angesammelt habe, an meine Spieler weitergeben und sie jeden Tag ein Stück besser zu machen.

Sie sind als Spieler mit jedem Ihrer Vereine mindestens einmal aufgestiegen. Kommt mit dem Namen Michael Kraus auch automatisch der Erfolg?

Kraus: Naja. Es ist immer eine Teamleistung. Es ist schön, dass ich in der Vergangenheit immer ein Bestandteil von etwas Erfolgreichem war. Wenn die Mannschaft harmoniert, dann kommt der Erfolg automatisch.

Während Ihrer Zeit in Aubstadt nahmen Sie auch am Uefa Regions' Cup, quasi der Europameisterschaft der regionalen Amateure, für Bayern teil. Wie blicken Sie heute auf dieses Turnier zurück?

Kraus: Ich muss ehrlich gestehen: Ich wusste anfangs überhaupt nicht, was das ist. Ich habe erst später erfahren, dass es sich dabei um ein offizielles Uefa-Turnier handelt. Helmuth Weisensel hat an den BFV herangetragen, dass Bayern eine Mannschaft stellen soll. Über Sichtungstrainings wurde ich schließlich von Engin Yanova ausgewählt. Es war ein Wahnsinns-Gefühl. Wir haben die Vorrunde gewonnen und uns damit für Hauptrunde qualifiziert. Ich war Kapitän in der Nationalmannschaft der Amateure.

Das Finale ging 2019 mit 2:3 gegen die polnische Auswahl verloren. Ganz ohne Trophäe mussten Sie aber doch nicht auskommen, oder?

Kraus: Ich habe mich sehr über den zweiten Platz gefreut. Das ganze Event war super aufgezogen und organisiert. Aber ja, das stimmt. Es gab noch einen Pokal für unsere Auswahl. Wir haben die Fair-Play-Wertung angeführt und dafür einen Preis bekommen, den ich – etwas überraschend – entgegennehmen durfte. Die Preisverleihung fand im Hauptquartier der Uefa in Nyon statt. Das Paradoxe: Ausgerechnet ich, der zweimal Gelb-Rot bekommen hatte, hat die Trophäe entgegengenommen. Ich bin eigentlich ein fairer Spieler. Meine Spielweise ist hart, aber nicht unfair. Zusätzlich durfte ich auch noch die Gruppen-Auslosung für den nächsten Regions' Cup übernehmen. Das hatte Champions-League-Feeling als ich die Kugeln gezogen habe.

Was macht die Karriere neben der Karriere?

Kraus: Ich bin Zimmerermeister. Nach meiner Ausbildung zum Zimmerer im elterlichen Betrieb habe ich 2012 den Meister draufgesetzt. Meine Eltern haben mich da sehr unterstützt und konnten mich auch im Betrieb entbehren, wenn ein Fußballspiel anstand. 

Wen spielen Sie an?

Kraus: Ich spiele Florian Hetzel an. Er ist ein ehemaliger Mannschaftskollege von mir. Ich habe mit ihm in Schweinfurt zusammengespielt. Er war immer eine Stütze für die Mannschaft. Er ist ein bodenständiger Typ und ein Familienmensch. Er hat wahrscheinlich die dicksten Oberschenkel in ganz Bayern. Wir sehen uns noch ab und zu auf dem Platz. Dort sind wir Gegner, abseits des Spiels aber Freunde.

Das Interview-Format "Steilpass"

In unserem Interview-Format "Steilpass" übernehmen die Interviewten die Regie. Am Ende des Gespräches dürfen sie entscheiden, wer als Nächstes an der Reihe ist, von uns befragt zu werden – sie spielen also den nächsten Protagonisten oder die nächste Protagonistin an.
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