Kristian Böhnlein ist so ziemlich das, was man sich unter einem richtigen Kicker vorstellt. Ein Fußballer mit Herz und Schienbeinschoner. Ein oberfränkischer "Leithammel" halt. Einer, der vorangeht. Und Meinung nicht nur hat, sondern diese auch mitteilt. Es hat Gewicht, wenn er nach der 0:2-(0:1)-Niederlage seines FC 05 Schweinfurt bei der U23 der SpVgg Greuther Fürth am Dienstagabend genau das aussprach, was sich im Umfeld schon länger zugeraunt wird. Tenor: Einfach "fußball'n" und keine Angst vor dem Abstieg mehr haben – und auch vor dem kommenden Jahr in der Fußball-Regionalliga Bayern nicht übermäßig schlottern.
"Natürlich wollen wir die 40-Punkte-Marke demnächst knacken. Aber wir dürfen uns nicht verrückt machen, weil das heute nicht geklappt hat und vielleicht auch nicht im nächsten oder übernächsten Spiel klappt. Wir sollten uns einfach nur darauf konzentrieren, wieder eine ordentliche Leistung zu bringen." O-Ton Böhnlein. Von einer "ordentlichen Leistung" in der vorangegangen Partie wollte er indes nicht sprechen in den Katakomben des so schmucken wie leeren Sportparks Ronhof. "Viel zu viel zugelassen" habe man an Fürther Offensiv-Kram.
Einen Gegner, der wenig gezeigte hatte, habe man, so Böhnlein, "stark gemacht". Weil man wollte, dass der den Ballbesitz wollte – auf der scheinbar "g'mahten Wies'n" aber das Wichtigste vergessen hat: Tore zu schießen – trotz zweier so matchplangemäßer wie toller Chancen durch Dominik N'gatie und Fabio Bozesan. "Wir haben zu viele Schwankungen", sprach Böhnlein und könnte auch die Leistungen jener Kollegen gemeint haben, die offenkundig davon ausgehen, sich in den Fokus liquiderer Klubs gespielt zu haben.
Kristian Böhnlein befürchtet keinen größeren Aderlass im Sommer
Allein deswegen fürchtet der 33-jährige Kronacher, der bereits verlängert hat, keinen Zusammenbruch des Teams: "Ich sehe keinen, der sich in die Dritte Liga träumen müsste." Das milde Lächeln verriet: Bös' hat er's nicht gemeint. Ein wenig Obacht stünde dem FC 05 dennoch gut nach vier Punkten aus vier Spielen im Jahr 2024. Auch wenn Böhnlein sagt, dass das "Polster nach unten groß" sei und es das mit 14 bzw. 17 Punkten auf die beiden Releganten auch ist. "Wir haben uns schon mehr vorgestellt, ehrlich gesagt", sagte 05-Trainer Marc Reitmaier und machte keinen Hehl daraus, dass ihm derzeit Resultate fehlen.
Und Cleverness. In dreierlei Hinsicht. Ihn wurmte das Fürther 1:0, just nachdem der Schiedsrichter die letzte Aktion vor der Pause signalisiert hatte. So schick der Schlenzer von Sebastian Müller auch war, "man sollte als Männermannschaft cleverer sein als eine U-Mannschaft", so Reitmaier. Generell habe sein Team "das Spielfeld nicht so kompakt bekommen" wie gewünscht. Aber auch vor dem Tor: keine Cleverness. Als N'gatie allein aufs Tor zulief, fehlte dem Coach "mehr Überzeugung in der Aktion", ein Plan schon fünf Schritte vor dem Abschluss.
Zum Roten Faden entwickelt sich neuerdings fehlende Cleverness in etlichen Zweikämpfen. Luca Trslic holte sich binnen zwei Minuten Gelb-Rot ab (64.). Zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie schon im Spiel gegen die DJK Vilzing zweieinhalb Wochen zuvor. Zweimal eine knappe halbe Stunde in Unterzahl – vermeidbar bei etwas mehr "kluges Köpfchen" als "foulendes Füßchen".
Schon zweimal in diesem Jahr in Unterzahl – und jetzt drohen fünf Gelb-Sperren
Mit Trslic fehlt nun am Samstag (14 Uhr, Sachs-Stadion) gegen den FC Augsburg II ein an sich zuverlässiger Innenverteidiger, für den möglicherweise Kapitän Lukas Billick nicht zurückkehren kann, weil sich seine Muskelverletzung hartnäckiger als gedacht entpuppt. Weitere Ausfälle drohen demnächst: Mit Adam Jabiri, Lukas Billick, Kristian Böhnlein, Adrian Istrefi und Nils Piwernetz stehen gleich fünf Schweinfurter kurz vor einer Gelb-Sperre.
Es lässt sich auch nicht durch den jüngsten Derby-Sieg gegen erschreckend schwache Bamberger schönreden: Der FC 05 Schweinfurt ist noch nicht da, wo er sich im Herbst mit so viel Leidenschaft, Willen und auch einer Portion Spielglück hingearbeitet hatte. Weil er nicht mehr ganz so konsequent ackert? Die Nuancen sind so klein, dass sich daraus kaum individuelle Vorwürfe basteln lassen. Aber: Es lässt sich in die ein oder andere Körpersprache schwindende Emotion interpretieren. Dass man sich zwar wie ein kleines Kind über Erfolge freuen kann, aber nicht mehr ganz so widerborstig über Misserfolge ärgern.
Von Selbstzufriedenheit zu sprechen, würde der bis dato alle Erwartungen übertreffenden Runde nicht gerecht werden, obendrein ob jüngst nur eines wirklich vergeigten Kicks. Selbstzufriedenheit wäre freilich das Einzige, was die Mannschaft noch in Gefahr bringen könnte. In Fürth hat sie es jedenfalls versäumt zu demonstrieren, dass sie sich selbst mit voller Überzeugung im oberen Tabellendrittel sieht.