
Es war 19.56 Uhr am Freitag, 16. August, als die gut 10.000 Schaulustigen rund um den Sperrbereich des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld den ersten der beiden Kühltürme fallen sahen. Die Sprengung hatte begonnen, es dauerte keine 30 Sekunden, bis beide Türme niedergeholt waren, wie es in der Fachsprache von Sprengmeisterin Ulrike Matthes heißt.
Das Kernkraftwerk ist seit 2015 stillgelegt und wird seit 2018 rückgebaut, mittlerweile ist unter anderem auch der Reaktordruckbehälter zerlegt, wie Betreiber Preussen Elektra mitteilte.
Bilder aus der Luft zeigen, wie präzise die Kühltürme in Grafenrheinfeld gesprengt wurden
Die Sprengung der Türme war ein Wunsch von Landrat Florian Töpper (SPD) und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), um auch für die Bevölkerung zu verdeutlichen, dass das Kernkraftwerk zurückgebaut wird.
Die Sprengung hatte sich bekanntlich wegen eines Pro-Atomkraft-Aktivisten, der auf einen Strommast in der Nähe der Türme geklettert war, um eineinhalb Stunden verzögert. Abgelaufen ist sie aber dennoch planmäßig. Seit Juni war die Sprengfirma aus Thüringen vor Ort und bereitete alles vor. Laut Preussen Elektra handelte es sich um eine Kipp-Kollaps-Sprengung.

In beiden Türmen wurden vorher 16 Meter lange Fall- und 40 Meter hohe Vertikalschlitze in die Kühlturmschalen gefräst. 1340 elektronische Zünder und 260 Kilogramm Sprengstoff wurden verwendet. Außerdem wurden in jeweils die Hälfte der 72 Kühlturmstützen sowie in den Schlitzen zahlreiche Löcher für Sprengladungen gebohrt, so Preussen Elektra.
Die Kosten belaufen sich laut Betreiber auf rund drei Millionen Euro – nur ein Bruchteil dessen, was der auf etwas mehr als eine Milliarde Euro geschätzte Rückbau des Kraftwerks insgesamt kostet.
Nicht nur die Sprengung selbst hatten die Menschen rund um das Kernkraftwerk in Scharen verfolgt. Auch in den Tagen danach, vor allem am Wochenende, waren viele mit den Fahrrädern oder zu Fuß auf den Wegen rund um das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld unterwegs, um sich die Überreste anzuschauen.
Wie perfekt und fast schon chirurgisch präzise die Sprengung durchgeführt wurde, sieht man vor allem auf Luftbildern: Die Kühltürme sind in sich zusammengefallen, der Staub hat die umliegenden Hallen nicht beschädigt.

Der Schutt wird nun zu zwei Dritteln für das Verfüllen der sogenannten Kühlturmtassen verwendet. Der Rest wird recycelt. Preussen Elektra wird die bis Ende des Jahres entstehende Fläche vor allem als Lager für Materialien aus dem Rückbau nutzen. Ein Verkauf von Betonteilen wie bei der Berliner Mauer ist derzeit nicht vorgesehen.
