
Als der Hubschrauber mit der Wärmebildkamera schon Stunden vor der geplanten Sprengung der Kühltürme des Atomkraftwerks Grafenrheinfelds am vergangenen Freitag über dem Areal kreist, sitzt Andreas Fichtner im Wald. Seit wann, sagt er in dem Gespräch mit dieser Redaktion nicht. Jedenfalls vor der Sperrung muss er sich dort versteckt haben. Und das nicht einmal besonders aufwendig: "Ich bin da einfach hinter 'nem Baum gesessen", erzählt er.
Polizisten seien durch den Wald gegangen. "Da wurde es zwischenzeitlich auch mal ein bisschen haarig, aber die waren nicht so extrem gründlich", behauptet der 37-Jährige aus Karlsruhe, der auch noch andere Personen im Wald gesehen haben will.
Es dauert bis 18 Uhr, bis die Polizei auf den Mann aufmerksam wird, der sich da längst auf einem Strommast im Umkreis des Kraftwerks befindet.
Polizei hält sich zu den laufenden Ermittlungen zu Grafenrheinfeld bedeckt
Wie konnte Fichtner, der sich als Vollzeit-Aktivist bezeichnet und Mitglied beim Pro-Atomkraft-Lobbyverein Nuklearia ist, solange unentdeckt bleiben?
Auf die Fragen, wo der Aktivist sich versteckt hat, wie er auf das Gelände und den Mast gekommen ist und warum er von den Wärmebildkameras nicht entdeckt wurde, hat die Polizei nur eine Antwort: "Dies ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen." Auch zu dem aktuellen Stand der Ermittlungen machen die Beamten keine Angaben, da diese noch nicht abgeschlossen seien.
Die Polizei teilt mit, dass der Sperrbereich um die Kühltürme in Grafenrheinfeld "optisch und durch Einsatzkräfte abgesperrt sowie abgesucht" worden sei. Einen Diensthund habe man dabei nicht eingesetzt. Auf die Frage, warum dies nicht der Fall gewesen sei, heißt es von Polizeisprecher Denis Stegner: "Zu den Hintergründen polizeitaktischer Erwägungen kann ich Ihnen keine Angaben machen."
Aktivist Fichtner ist sich sicher, dass ein Hund ihn gefunden hätte. Etwa um 17.10 Uhr sei er aus dem Wald gekommen, erzählt der 37-Jährige. "Ich habe gedacht, dass sich sofort Leute auf mich zu bewegen und mich erwischen und war deshalb sehr nervös." Mit einer im Wald selbstgebauten Leiter und seiner Kletterausrüstung sei er einen Strommast hinaufgeklettert. "Als ich oben war, hab ich mich umgeschaut und es ist niemand gekommen", sagt er.
Pro-Atomkraft-Aktivist war besorgt, dass ihn vor der Sprengung niemand entdeckt
Mit einem Megafon habe er gerufen – keine Reaktion. Weil er irgendwann Angst bekommen habe, dass ihn vor der Sprengung niemand bemerkt, habe er einen Bekannten gebeten, die Polizei zu informieren. Polizeisprecher Stegner bestätigt, dass es einen Hinweis gegeben habe. Er betont aber auch, dass die Polizei den Mann gegen 18 Uhr selbständig gesehen habe.
Anschließend fahren Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst mit Blaulicht am Kernkraftwerk vorbei zum Strommast. Weil sie die Drehleiter wegen des Untergrunds nicht einsetzen können, fordern sie die Höhenrettung aus Nürnberg an. Schneller gelangt die Polizei dann mit einem Hubwagen der Spreng-Firma zum Aktivisten.
Andreas Fichtner kommt aber nicht einfach heruntergeklettert. Er erzählt, wie immer mehr Personen auf ihn eingeredet haben, darunter auch Anlagenleiter Bernd Kaiser. Als ihm mit dem SEK gedroht worden sei, sei es ihm zu viel geworden, berichtet der 37-Jährige.

Den Vorstand des Vereins Nuklearia will Fichtner über die Aktion nicht informiert haben. Eine Woche vorher sei er mit dem Verein in Grafenrheinfeld gewesen, um eine Videobotschaft an die Kühltürme zu projizieren. "Als sich die Idee konkretisiert hat, habe ich das der Nuklearia nicht mehr mitgeteilt", sagt Fichtner.
Aktivist hält Kernkraft für klimaneutral und würde daran festhalten
Er habe im April 2023 gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern einen offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz geschrieben, in dem er forderte, die damals noch laufenden Kernkraftwerke nicht abzuschalten.
Aus seiner Sicht ist Kernkraft klimaneutral und es sei völlig falsch, "den Atomausstieg vor dem Kohleausstieg zu machen". Als sein Brief keine Wirkung zeigte, habe er sich überlegt, "eine Aktion des zivilen Ungehorsams auszuprobieren".
"Es macht für mich einen Unterschied, es sang- und klanglos hinzunehmen, oder doch in irgendeiner Weise ein Zeichen dafür zu setzen, dass man es für falsch hält", sagt er. Ihm sei klar gewesen, dass er die Sprengung in Grafenrheinfeld nicht verhindern konnte.
Mit seiner Aktion am Freitagabend zeigt sich Fichtner zufrieden. "Ich habe so etwas noch nie gemacht. Die Folgen lasse ich auf mich zukommen. Manchmal macht man einfach und denkt nicht allzu viel nach."
Polizei will die Kosten für die Aktion in Grafenrheinfeld dem Aktivisten in Rechnung stellen
Gegen den Mann ermittelt die Polizei nun wegen Hausfriedensbruchs, Nötigung und eines Verstoßes gegen die Allgemeinverfügung. Darin heißt es: "Ein Verstoß gegen das Betretungsverbot kann mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro geahndet werden."
Die Polizei beabsichtigt außerdem, dem Aktivisten den polizeilichen Mehraufwand in Rechnung zu stellen. Auch Betreiber Preussen Elektra prüft zivilrechtliche Ansprüche.
Und wenn der Pro-AKW-Aktivist die „Sicherheit“ um eine AKW anprangert, so zeigt es doch das nicht nur die Technologie als Hochrisikoenergieschon immer eingestuft war, sondern wie er bestätigt auch der Betrieb Drumherum. Vom Risiko der jahrhundertdauernden Entsorgung ganz zu schweigen.
Worüber auch die Proaktivisten bei AKWs schweigen, ist die Tatsache, dass in einem Krieg wie in der Ukraine AKWs schnell ein übergroßes Risiko sind (siehe Saporischschja)
Und da diese Energieart nicht nötig ist, sind wir auf dem richtigen Weg!
Man schaue doch nur mal auf auf andere Vorfälle z. B. die Klimakleber, die einen Maschendrahtzaun am Flughafen durchschneiden und sich dann an der Startbahn festkleben. Das zeugt doch meines Erachtens schon von einem grottenschlechten Sicherheitskonzept generell. Wo ist denn hier die Polizei?
Das soll man auch mal tiefer in sich gehen und auch mal Selbstkritik üben, am Flughafen beispielsweise sind das nur Klimakleber nicht auszudenken, welche anderen Personenkreise sich hier solch schlechte Sicherheitskonzepte zu nutzen machen könnten.
Das Klimakleber in den Sicherheitsbereich eines Flughafens kommen oder wie hier ein einzelner Demonstrant sich verstecken kann, tut mir leid da kann ich nur mit dem Kopf schütteln
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bullmann, MPA
Die Polizei hat jedenfalls wichtigeres zu tun, als rund um die Uhr um jeden Flughafen alle 10 m einen Beamten zu postieren.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Schmitt
Redaktion
Wenn ich mich dort unsicher fühle, würde ich halt wegbleiben. Aber das wäre wohl zu einfach.
Zitat: "Polizei will die Kosten für die Aktion in Grafenrheinfeld dem Aktivisten in Rechnung stellen"
Hoffentlich.
Aber nach der groß angekündigten Sprengung Wochen vorher in den Medien ist es doch für solche Typen kein Problem die Umgebung ums KKW auszukundschaften nach möglichen verstecken.Wer das Gebiet dort kennt weiss das es viel Wald gibt ,es stehen Landmaschinen etc in der Flur.Und ganz ehrlich was sollen 200 Polizeibeamte in so einem Großflächigengebiet ausrichten?
Meine Meinung zu dem ganzen....
Warum sollte der Bundeskanzler auf so einen Brief von seltsamen Aktivisten reagieren?