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Oberelsbach
Rhöner Masken: Wild, verwegen, schön und geheimnisvoll
Die Rhön ist eine raue, faszinierende Region. Rau und faszinierend sind hier auch manche Bräuche. Das gilt besonders für die Faschingszeit in Oberelsbach.
Die Welt der Rhöner Masken
Foto: Christoph Weiss | Die Welt der Rhöner Masken
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:10 Uhr

Lautes Knurren soll Schrecken verbreiten, dazu scheppern schwere Eisenketten, hölzerne „Pritschen“ rascheln und schwere Holzprügel werden geschwungen: Es ist Fasching in der Rhön, und wie seit fast 200 Jahren ziehen verkleidete Gestalten durch die Straßen und Gassen von Oberelsbach und seinen Ortsteilen Unterelsbach, Weisbach oder Ginolfs. Die Rhöner Masken treiben ihr Unwesen.

Sie heißen Bartmänner, blaue Jüd, Wille Jüd, Spanmänner oder Strohmänner, Schlappmaul oder Heeplgoaß – und sie sind nicht immer zimperlich. Deshalb wollen sie auch nicht erkannt werden. Und deshalb sind sie alle – darunter immer auch Frauen – von Kopf bis Fuß vermummt. Ihr Gesicht ist von einer Maske verdeckt.

Die Blaue Jüd von Weisbach.Weiße Hose, schwarze Stiefel, Halstuch, blauer Kittel und ein mit bunten Papierbändern und grünem Buchs geschmückter Hut: Das sind die Weisbacher Blaue Jüd. Neben den freundlichen Bartmännern beteiligen sich dort auch das Schlappmaul, der Hanswurst oder biblische Figuren wie Moses und Aaron am wilden Zug der Masken durch das Dorf.
Foto: Christoph Weiss | Die Blaue Jüd von Weisbach.Weiße Hose, schwarze Stiefel, Halstuch, blauer Kittel und ein mit bunten Papierbändern und grünem Buchs geschmückter Hut: Das sind die Weisbacher Blaue Jüd.
Die «Goaß». Die Weisbacher Ziegenfigur besteht aus einem reifenartigen Gestell und einem «Steckenpferd» mit Geißkopf, der die wilde Truppe anführt. :  Am Faschingsdienstag um Mitternacht wurde nach altem Brauch die Ziege dann geschächtet.
Foto: Christoph Weiss | Die «Goaß». Die Weisbacher Ziegenfigur besteht aus einem reifenartigen Gestell und einem «Steckenpferd» mit Geißkopf, der die wilde Truppe anführt.

Vermummung für politischen Protest

Woher die Tradition kommt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Manche Forscher verweisen darauf, dass erste Rhöner Masken Mitte des 19. Jahrhunderts auftauchten. In dieser unruhigen Zeit begehrten auch in der Rhön Untertanen gegen die Herrschenden auf und verbargen sich dabei möglicherweise hinter den hölzernen Larven.

Später ging die politische Dimension weitgehend verloren, das Tragen von Masken wurde zur Faschingstradition, wenn auch weiterhin zu einer anarchischen, bei der unter dem Schutz der Masken nicht nur der Winter ausgetrieben, sondern auch manch unliebsamer Zeitgenosse kräftig verprügelt wurde.

Zum Ende des 20. Jahrhunderts sank das Interesse an der Tradition und erst seit einigen Jahren gibt es wieder verstärkte Bemühungen, die Rhöner Maskenfastnacht für nachfolgende Generationen zu erhalten. Die wilden Gesellen sind nun lediglich an den Faschingstagen und bei größeren Veranstaltungen wie jüngst dem Rhöner Maskenfasching in Oberelsbach zu erleben.

Wilde Hexen, imposante Span- und dicke Strohmänner in Oberelsbach.Während die Oberelsbacher Strohmänner zu ihrer Verkleidung einfach alte Arbeitskleidung mit Stroh ausstopfen, müssen mit großem Aufwand rund 1000 Holzspäne gefertigt und auf dem Gewand angebracht werden, das die imposanten Span- oder Spiermänner dann tragen. Mit dabei im Oberelsbacher Fasching sind immer auch Hexen mit eigenen Frauenmasken.
Foto: Christoph Weiß | Wilde Hexen, imposante Span- und dicke Strohmänner in Oberelsbach.Während die Oberelsbacher Strohmänner zu ihrer Verkleidung einfach alte Arbeitskleidung mit Stroh ausstopfen, müssen mit großem Aufwand rund 1000 ...
Mit Spitzhut und Gehstock: Die Ginolfser JüdeMit ihren hohen und bunten Spitzhüten ragen sie regelrecht aus der Menge. Die Gingelser Jüde erinnern mit ihren bunten Hosen und Oberteilen an Harlekine. Auch die Ginolfser Spitzhüte tragen Gehstöcke, mit denen sie durchaus Schläge austeilen können.
Foto: Christoph Weiss | Mit Spitzhut und Gehstock: Die Ginolfser JüdeMit ihren hohen und bunten Spitzhüten ragen sie regelrecht aus der Menge. Die Gingelser Jüde erinnern mit ihren bunten Hosen und Oberteilen an Harlekine.
Mit Spitzhut und Gehstock: Die Ginolfser Jüde
Foto: Christoph Weiss | Mit Spitzhut und Gehstock: Die Ginolfser Jüde

Freundliches Gesicht zum wilden Treiben

Auch wenn sie von Ort zu Ort verschieden sind, haben die Rhöner Masken viele Gemeinsamkeiten. In der Regel weisen sie keine diabolischen, sondern eher freundliche, edle Züge auf. Sie haben einen weißen Teint, Rouge auf den Wangen, mandelförmige Augenschlitze mit feinen Brauen sowie symmetrische, je nach Ort unterschiedlich gezwirbelte schwarze Bärte.

Den augenfälligsten Unterschied zwischen den Ortsteilen bilden die Gewänder der Maskenträger. Etwa 1000 Holzspäne werden für den Mantel eines Oberelsbacher Spanmanns benötigt, während die Strohmänner zur Verkleidung einfache Arbeitskleidung mit Stroh ausstopften. Kennzeichen der Blaue Jüd aus Weisbach ist neben dem blauen Hemd ein Hut, der mit Buchs und bunten Bändern geschmückt ist. Die Unterelsbacher Bartmänner tragen zu einem Rock und den bestickten Gürteln und Trägern eine bunte Grenadiermütze, während die Bartmänner aus Ginolfs an hohen, spitzen und bunt beklebten Papphüten zu erkennen sind.

Wer etwas Glück hat, kann die wilden Gesellen an den Faschingstagen in einem der Rhöndörfer live erleben. Aber Vorsicht! Sie sind nicht unbedingt zimperlich - und identifizierbar sind sie schon gar nicht.

Die vornehmen Fosenöchter aus Unterelsbach.Die Damen und Herren des Hochadels wollen die Unterelsbacher Masken karikieren. Sie tragen dazu bunte Röcke über weißen Hosen, die von edel bestickten Gürteln und Hosenträgern festgehalten werden. Am bunten Kragen befinden sich Bommeln und Glöckchen ebenso wie an dem aufwendig hergestellten, mit Pailletten verzierten Spitzhut
Foto: Christoph Weiß | Die vornehmen Fosenöchter aus Unterelsbach.Die Damen und Herren des Hochadels wollen die Unterelsbacher Masken karikieren.
Es ist der draufgängerische und daher besonders gefürchtete Hanswurst,eine Figur der Weisbacher Jüde.  Der Possentreiber und Spaßmacher mit einem rotbraunen Inkarnat und einem mehrfach eingerollten Schnurrbart hat Hanswurst hat immer Quatsch im Kopf und springt zum Beispiel auf  Balkone oder  steigt in die Fenster ein.
Foto: Christoph Weiss | Es ist der draufgängerische und daher besonders gefürchtete Hanswurst,eine Figur der Weisbacher Jüde.  Der Possentreiber und Spaßmacher mit einem rotbraunen Inkarnat und einem mehrfach eingerollten Schnurrbart ...
 
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