Der Schriftzug ragt über die kahlen Bäume der Würzburger Zellerau hinaus: "Krone". Er zeigt all jenen den Weg, die an diesem eisig kalten Donnerstagabend Tickets haben für die Premiere des ersten Würzburger Weihnachtscircus des Circus Krone. "Der Glanz des Zirkus, den man sowieso kennt, nur in wohlig warm und weihnachtlich", lautete das Versprechen, das Pressesprecher Andreas Kielbassa im Vorhinein gab.
Der Würzburger Weihnachtscircus scheint zu halten, was der Name verspricht. Im Zelt des Circus Krone auf der Talavera weihnachtet es sehr. Von der Dekoration über die Musik bis hin zum Catering steht alles im Zeichen der besinnlichen Jahreszeit. Im Foyer gibt es Glühwein, Bratwurst und eine Band spielt weihnachtliche Arrangements. Vor Beginn der Vorführung sammeln sich hier Familien und Zirkusbegeisterte, um noch etwas zu essen oder sich vor dem geschmückten Weihnachtsbaum fotografieren zu lassen.
Die Premiere war fast ausverkauft
Durch einen kleinen Gang hindurch führt der Weg dann in das Hauptzelt, dessen Zuschauerraum Platz für 3000 Gäste bietet. Ein paar der Plätze sind leer, es wurden ungefähr 2800 Tickets für die Premiere des Weihnachtscircus verkauft. Das Licht wird dunkel, die Show beginnt. Es folgt ein wahres Spektakel aus bunten Kostümen, waghalsigen Stunts, klassischem Slapstick und eleganter Akrobatik. Das Team "Non Stop" zeigt eine Trampolinkür, das Circustheater "Bingo" schwingt sich an Seilen durch die Lüfte und das Duo "Stipka" präsentiert ein Pas-de-Deux zu Pferde.
Demonstrierende fordern tierfreien Zirkus
Dass Pferde ein Teil des Weihnachtscircus sind, stößt jedoch auch auf Kritik. So werden die Premieren-Zuschauenden bereits vor dem Zelt mit Rufen wie "Kein Profit auf Kosten der Tiere" oder "Circus ja, aber ohne Tiere" begrüßt. Vor dem Eingang des Zirkuszeltes in Richtung der Straßenbahnhaltestelle Talavera versammelt sich bei -5 Grad Außentemperatur eine kleine Gruppe von etwa sieben Aktivistinnen und Aktivisten, um gegen die Ausbeutung von Tieren im Zirkus zu demonstrieren. Die Demonstrierenden sind Teil der Organisationen Animal Rights Watch (ARIWA) Ortsgruppe Würzburg und Würzburg aktiv für Tierrechte und Umweltschutz (WATU).
"Wir stehen heute hier, um ein Zeichen zu setzen gegen Ausbeutung, Tierquälerei und das Zurschaustellen von Tieren in Zirkussen, heute eben im Speziellen im Zirkus Krone", erklärt Jannik Rahner von der WATU. "Tiere im Zirkus leiden massive Qualen durch nicht artgerechte Tierhaltung, viel zu enge Käfige, häufige Transporte und harte Dressur. Im Jahr 2022 geht Unterhaltung auch ohne Tiere." Ihre Forderungen richten sich auch an die Stadt Würzburg, keine Verträge mehr mit Zirkussen zu schließen, die Tiere im Programm haben. Berühmte Zirkusse wie der Circus Flic Flac und der Cirque du Soleil würden zeigen, dass Zirkus auch ohne Tiere funktioniere.
Die Pyramidenspitze fehlt
Zurück im Zelt. Besonders viel Applaus bekommt die Truppe "Mustafa Danguir", die sowohl im vierfachen Todesrad performt, als auch auf dem Hochseil wackelige Menschenpyramiden baut. Statt des angekündigten Highlights der Hochseil-Show, der Sieben-Personen-Pyramide, besteht diese allerdings nur aus sechs Personen. Die Pyramidenspitze fehlt. Auf Anfrage dieser Redaktion begründet Pressesprecher Kielbassa das Fehlen damit, dass sich für so eine Nummer alle Artistinnen und Artisten komplett sicher und wohlfühlen müssen. Sobald sich eine Person meldet, bei der das nicht der Fall ist, werde die Nummer zum Wohl der Artistinnen und Artisten abgeändert. Das sei nur menschlich, sagt er.
Nach der Vorführung zieht Kielbassa Résumé. "Wir sind sehr stolz, dass wir hier sein können. Alles hat super funktioniert. Standing Ovations beim Applaus am Ende, was wünscht man sich mehr. Die Vorverkaufszahlen würden für den Zirkus und für Würzburg sprechen. Jetzt rocken wir Würzburg." Auch den Gästen scheint es gefallen zu haben: "Es war eine schöne Kombination aus Humor und Akrobatik. Und, was mir sehr wichtig war: Man sieht, dass es den Pferden gut geht", beschreibt eine Besucherin ihre Erfahrung. Auf die Frage, was ihr am besten gefallen hätte, antwortet eine andere Besucherin: "Das strahlende Gesicht von meinem Enkelkind!"
Ich habe auch überlegt, meinem Patenkind Karten für die Vorstellung zu schenken, mich aber dann dagegen entschieden. Die Kinder wären auch von einem (wild-)tierfreien Zirkus fasziniert - da muss es einfach nicht sein, dass man so etwas durch den Kauf von Eintrittskarten unterstützt. Tiere gehören nicht in einen Zirkus und auch nicht in einen Zoo. Sie gehören dorthin, wo ihr natürlicher Habitat ist. Sicher sind Tiere immer toll anzuschauen und zu erleben. Aber angesichts des Leids, dem sie allein dafür ausgesetzt sind, dass wir sie für ein paar Stunden anschauen, kann man sich genauso gut an ihnen erfreuen, wenn man sich einen Tierfilm anschaut oder auf Fotosafari geht.
Klar hätte ich auch gerne mal Elefanten im Zirkus gesehen - aber muss das wirklich sein?