
Wer die "Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte" sind? "Immer noch einer der größten Geschichts- und Kunstvereine Bayerns", sagt Vorstand Prof. Matthias Stickler. Und fügt gleich an: "Wahrlich nicht selbstverständlich!" Mögen Traditionsvereine heute überall Nachwuchsprobleme haben – die "Freunde", wie sich der Kreis von Kunst-, Geschichts- und Heimatsinnigen nennt, zählen noch 900 Mitglieder. Zwar waren es zu besten Zeiten mal über 2000, aber, sagen die jungen Öffentlichkeitsarbeiter Fabian Scheidler und Felicitas Stickler: "Der Altersdurchschnitt sinkt!"
Jetzt wird dieser Kreis von Menschen, die sich – beruflich oder privat - für die Kunst und Geschichte der fränkischen Heimat interessieren, selbst 75 Jahre alt. Wenngleich die Ursprünge fast 200 Jahre zurückreichen. Am 23. September 1948 war der 1831 gegründete "Historische Verein von Unterfranken und Aschaffenburg" unter neuem Namen wiedergegründet worden - und er fusionierte gleichzeitig mit dem Würzburger Kunstverein von anno 1841 und dem Fränkischen Kunst- und Altertumsverein von 1893.
Gemälde, Urkunden, Handschriften, Bücher: Großer Bestand im Museum für Franken, Staatsarchiv Würzburg und in der Unibibliothek
Zum Kerngeschäft des Vereins und seiner Vorläufer, sagt Historiker Matthias Stickler, gehörte von Anfang an der Aufbau umfangreicher Sammlungen: Gemälde, Skulpturen, historische Urkunden, Handschriften, Archivalien, eine eigene Bibliothek . . .
Weil es so viel und immer mehr wurde, was die Mitglieder da erwarben und zusammentrugen, sind die riesigen Bestände des Vereins im Museum für Franken auf der Würzburger Festung, in der Unibibliothek am Hubland und im Staatsarchiv in der Residenz untergebracht. "Allein im Museum für Franken sind es über 5200 Exponate", sagt Stickler. "Wir sind größter Leihgeber!"
Was die "Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte" nicht sind? "Wir sind kein Verein nur für Wissenschaftler", antwortet Historiker Maximilian Münzel. Zwar will der Verein das kulturelle Erbe Mainfrankens in seinen Veröffentlichungen erforschen – und die historische Forschung fördern. Aber vor allem geht es den "Freunden" darum, dieses kulturelle Erbe zu sichern und zu erhalten – nicht in München oder anderswo, sondern in der Heimat. Und: den Reichtum von Kunst und Geschichte hier für alle erfahrbar zu machen, nicht nur im Museum.
Zum Jubiläum eine Ausstellung im Würzburger Rathaus
Deshalb erzählen die "Freunde" im Würzburger Rathaus jetzt bis 28. September in einer Ausstellung ihre Vereinsgeschichte und stellen wertvolle Objekte aus Vereinsbesitz vor: Montag bis Donnerstag 8 bis 18 Uhr, freitags bis 13.30 Uhr. Im Oktober und November wird die Plakatausstellung in der Unibibliothek am Hubland zu sehen sein.
Wie viele Exponate, Archivalien, Bücher sie insgesamt besitzen? Matthias Stickler kann es gar nicht sagen. Es sind viele, viele Tausende. Zum Jubiläum stellen der Vereinsvorsitzende und sein Team hier exemplarisch elf Objekte vor.
1. Der Brief, in dem König Ludwig I. von Bayern 1833 für die Zeitschrift dankte

Auf Geheiß König Ludwig I. von Bayern (1786–1868) wurde in jedem Regierungsbezirk des Königreichs ein historischer Verein gegründet, so auch 1831 in Unterfranken. In der Zeitschrift "Archiv des historischen Vereins für den Untermainkreis" publizierte der Historische Verein für Unterfranken und Aschaffenburg gemäß seinem Profil regelmäßig verschiedene Beiträge. In dem hier abgebildeten Schreiben dankte König Ludwig I. dem Verein für die Übersendung eines Zeitschriftenexemplars. Das Dankesschreiben verdeutlicht sehr eindrücklich die historischen Wurzeln des heutigen Vereins im 19. Jahrhundert. (Text: Luisa Götz)
2. Das Ehrenbürgerrechts-Diplom für Bezirkshauptmann Josef Hörnes aus dem Jahr 1892

Am 26. Juli 1892 verlieh die Stadt Karlstadt dem königlichen Bezirkshauptmann Josef Hörnes aufgrund seiner "vielen Verdienste und seines Wohlwollens für hiesige Stadt" die Ehrenbürgerwürde, wie auf dem hier abgebildeten und in prächtigen Farben gestalteten Ehrenbürgerrechts-Diplom zu sehen ist. Neben der prunkvollen Schrift zieren farbenfrohe Abbildungen verschiedener Karlstädter Sehenswürdigkeiten die Urkunde. Bei der Ehrenbürgerwürde handelte es sich um eine der höchsten Auszeichnungen, mit welchen Städte oder Gemeinden einzelne, verdienstvolle Persönlichkeiten ehren konnte. (Text: Luisa Götz)
3. Das Stammbuch eines Theologiestudenten aus dem 18. Jahrhundert

Als Stammbuch bezeichnet man Sammlungen handschriftlicher Einträge befreundeter oder hochgestellter Persönlichkeiten, die oft auch mit künstlerisch gestalteten Bildern verziert waren. Ihre Ursprünge reichen bis ins Hoch- und Spätmittelalter zurück. Wirklich populär wurden Stammbücher aber erst seit dem 16. Jahrhundert. Die ersten unmittelbaren Vorläufer der späteren studentischen Stammbücher entstanden im Umfeld der Reformation. Bis ins 17. Jahrhundert wandelte sich die studentische Stammbuchtradition über ganz Mitteleuropa aus. Daneben gab es auch Stammbücher bildender Künstler, Kunsthandwerker sowie anderer bürgerlicher und unterbürgerlicher Milieus, seit dem 18. Jahrhundert finden sich auch Stammbücher von Frauen.
Das hier abgebildete Exemplar gehörte dem Theologiestudenten Johann Georg von Reichold aus Berneck. Viele Freunde und Weggefährten verewigten sich darin zwischen den Jahren 1730 und 1760, teilweise auch in französischer, lateinischer, altgriechischer und arabischer Sprache. (Text: Prof. Matthias Stickler)
4. Die Blei-Bulle des Papstes von 1251

Zu den ältesten Archivalien des Vereins gehört eine Papsturkunde aus dem Jahr 1251. An ihr ist ein Siegel, eine sogenannte Bulle aus Blei, befestigt. Bei einem genaueren Blick stechen sofort die auf einer Seite zu erkennenden Großbuchstaben ins Auge. Zusammengesetzt ergeben sie den Namen INNOCENTIVS, gemeint ist Innozenz IV., der von 1243 bis 1254 Papst war. Dreht man die Bulle um, so findet man auf der anderen Seite die Köpfe der beiden Apostel Petrus und Paulus dargestellt. (Text: Maximilian Münzel)
5. Siegelstempel, die in Wachs gedrückt wurden

Wie kommt eigentlich ein Siegel zustande? In eine weiche Masse, zum Beispiel Wachs, wird mithilfe eines Siegelstempel ein Bild und eine Umschrift gedrückt. Die "Freunde" können auch eine Sammlung mit über 100 verschiedenen Exemplaren dieser besonderen Werkzeuge ihr Eigen nennen.
Auf dem Bild zu sehen ist ganz links außen etwa ein Stempel aus der Zeit Ferdinands III. von Toskana, der von 1806 bis 1814 das Großherzogtum Würzburg regierte. Fast unscheinbar daneben wirkt das Exemplar, mit dem der Deutsche Orden in Würzburg seine Urkunden besiegelte. Der obere Stempel auf der rechten Seite prägte einst die Siegel eines Mainzer Erzbischofs, der darunter gehörte dem Ritterstift St. Alban in Mainz. (Text: Maximilian Münzel)
6. Der Theaterzettel aus der riesige Sammlung zum Stadt-Theater Würzburg

1804 gründete Julius Graf Soden das heutige Mainfranken Theater. 1833/34 arbeitete dort der junge Richard Wagner als "Choreinstudierer" und "Leiter der Pantomime". 1843 erwarb die Stadt Würzburg die Besitzrechte an der Bühne, welche sich als immer mehr zu einem wichtigen Kristallisationspunkt der kunstbeflissenen Würzburger Gesellschaft entwickelte. Die über 7000 Theaterzettel des Würzburger Stadttheaters aus den Sammlungen der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte, die heute in der Universitätsbibliothek aufbewahrt werden, sind eine wichtige Quelle für die regionale Theatergeschichte. Sie liefern für die Zeit von 1804 bis 1902 Informationen zu Spielplänen, Inszenierungen, Schauspielern und verweisen zugleich auf Tendenzen des Publikumsgeschmacks im 19. Jahrhundert. (Text: Dr. Katharina Boll-Becht, Prof. Matthias Stickler)
7. Der Figurenschlitten, der aussieht wie ein Jaguar

Der Schlitten stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde im Barock vor allem dazu genutzt, Reichtum zu präsentieren. Dieses Exemplar zeigt einen auf dem Rücken liegenden Jaguar. Das aus Holz gefertigte Tier bietet Platz für eine Person, die den Schlitten lenkt. Das Schlittengestell, an dem man die Füße abstützen kann, ist mindestens 100 Jahre jünger als die Holzfigur. Der Jaguarschlitten wurde 1902 vom Fränkischen Kunst- und Altertumsverein, einem der drei Vorgängervereine der "Freunde", als Geschenk aus Würzburger Privatbesitz erworben. Aufbewahrt wird das Objekt im Museum für Franken. (Text: Felicitas Stickler)
8. Das Obst-Werk "Pomona Franconica" mit drei Bänden zu Sorten und Zucht

Pomona, die römische Göttin der Baumfrüchte, war die Namensgeberin für das dreibändige Werk "Pomona Franconica", das sich mit Obstsorten und der Obstbaumzucht beschäftigt. In den Jahren 1776 bis 1801 gab der in Böhmen geborene Würzburger Hofgärtner Johann Prokop Mayer (1735-1804) dieses bedeutende Werk heraus. Sein Ziel war es, ein künstlerisch hochwertiges Bestimmungs- und Lehrbuch vorzulegen, weil ihm die vorhandenen obstbaukundlichen Bücher zu schlecht erschienen. Hierfür arbeitete er mit dem Nürnberger Verleger Wolfgang Adam Winterschmidt zusammen, einem der herausragendsten botanischen Buchillustratoren seiner Zeit. Im Vereinsbestand befinden sich neben der bei Winterschmidt erschienenen Publikation auch unveröffentlichte Vorzeichnungen zu einem weiteren Pflanzenbuch mit Rosen und Nadelbäumen. (Text: Dr. Katharina Boll-Becht)
9. Der doppelgeschossige Fassadenschrank mit Engelsköpfen

Das Museum für Franken bewahrt zahlreiche Objekte der "Freunde" auf. Neben Kunstwerken zählen hierzu auch Möbelstücke, wie dieser doppelgeschossige Fassadenschrank. Er stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde aus Nussbaum- und Nadelholz gefertigt. Die gewundenen Säulen und Engelsköpfe stechen besonders hervor. Der Überlieferung nach stammt der Schrank aus dem Zisterzienserkloster Ebrach. 1902 wurde das Objekt aus dem Vermächtnis von Ökonomierat Karl Streit durch den Fränkischen Kunst- und Altertumsverein Würzburg erworben und ist heute im Museum für Franken zu finden. (Text: Felicitas Stickler)
10. Das Porträt, in dem sich Maler Georg Anton Urlaub selbst inszenierte

Das Selbstbildnis des in Thüngersheim geborenen Malers Georg Anton Urlaub wurde 1735 mit der Technik der Pastellmalerei geschaffen. Seine Kleidung zeugt von sorgfältiger Selbstinszenierung. Auf der rechten Seite präsentiert Urlaub sein Werk, ein fast vollendetes Porträt und eine rot grundierte Leinwand mit dem skizzierten Beginn eines weiteren Porträts. Dieses sehr selbstbewusst inszenierte Selbstbild ist seit Albrecht Dürer im Repertoire von Künstlern häufig zu finden. Das Gemälde wurde in den Jahren 1839/40 vom Historischen Verein für Unterfranken und Aschaffenburg, einem der drei Vorgängervereine der "Freunde", erworben und befindet sich heute im Museum für Franken. (Text: Fabian Scheidler)
11. Das Denkmal für den Dichter Walther von der Vogelweide, das viele nicht kennen

Leider haben sich im Würzburger Stadtbild nur wenige sichtbare Spuren des 1831 gegründeten Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg erhalten, der immer wieder die Errichtung von Denkmälern und Erinnerungstafeln förderte. Zu diesen gehört das 1843 errichtete Denkmal für den berühmten mittelalterlichen Dichter Walther von der Vogelweide an der Außenwand der Apsis des Würzburger Neumünsters.
Walther starb um 1230 in Würzburg und wurde wohl im Kreuzgang des Neumünsters begraben. Sein 1930 errichtetes Grabdenkmal im Lusamgärtchen kennen die meisten, nicht aber dieses älteste Walther-Denkmal im deutschsprachigen Raum, das ihn zeittypisch als "vaterländischen" Künstler feiert. (Text: Prof. Matthias Stickler)