Nach zehn Tagen Verhandlung ist der Ton im Prozess um Drogenhandel und Folter auf dem Fußballplatz laut und rüde. Der Hauptangeklagte, der lange geschwiegen hat, spricht vor Gericht. Und bei einer Zuschauerin wird ein Beutelchen mit weißem Pulver beschlagnahmt. Der Zeitplan des Verfahrens am Landgericht Würzburg gerät massiv ins Rutschen.
Der Plan des Vorsitzenden Richters Michael Schaller, noch im April zu einem Urteil zu kommen, hat sich als zu optimistisch erwiesen: "Wir versuchten, in den fünften und sechsten Gang zu schalten. Jetzt fahren wir wieder mit angezogener Handbremse", bekennt er resigniert.
Ernüchternde Zwischenbilanz vor Gericht: Wer beteiligt war, bleibt unklar
Die Zwischenbilanz sieht ernüchternd aus. Beschlagnahmte Videos der Angeklagten belegen Schilderungen der Opfer, denen zufolge sie auf dem Fußballplatz und andernorts gefoltert worden waren. Doch zeigen die Handys allein in vielen Fällen nicht, wer beim Prügeln, Treten und Quälen dabei war. Auch wenn eine Polizistin mehrere Beteiligte identifizieren konnte.
Was die Drogendeals betrifft, bestreiten die Angeklagten meist, selbst beteiligt gewesen zu sein. Manche der sechs Beschuldigten wurden bisher kaum oder gar nicht belastet. Die meisten Fragezeichen gibt es zur Rolle des 25-jährigen Hauptangeklagten: War der talentierte Mittelstürmer eines Würzburger Fußballvereins vielleicht gar nicht der Kopf der Drogenbande? Wollte er als ambitionierter Rapper aus "Imagegründen" in der Szene dabei sein?
Vorschlag des Richters: Großteil der Anklagepunkte wird fallengelassen
Nur in einem von fünf angeklagten Fällen von Folterung ist dem 25-Jährigen bisher eine Beteiligung nachweisbar. Bei den großen Drogengeschäften wie der Bestellung von 16 Lieferungen von je einem Kilo Marihuana binnen vier Monaten bestreitet er seine Beteiligung.
Der Vorsitzende Richter hatte bereits vorgeschlagen, 27 der 43 Anklagepunkte fallenzulassen - darunter auch den größten Drogendeal mit 16 Kilo Marihuana. Einige Verteidiger hätten das nicht ungern gesehen. Drei gaben bereits an, dass ihre Mandanten zu einem Täter-Opfer-Ausgleich durch ein Schmerzensgeld für einen Gefolterten bereit sind.
Zeitraubend: Anwälte des Hauptbeschuldigten kündigen ein Geständnis an
Ein Schachzug der Anwälte Roj Khalaf und Hanjo Schrepfer des Hauptangeklagten zwingt das Gericht jetzt jedoch zum Umschwenken: Ihr Mandant wolle bei der Kripo aussagen über konkurrierende Gruppen, Hintermänner und andere Beteiligte der angeklagten Vorgänge.
Was will er enthüllen? Die Ankündigung sorgt für Erregung im Gericht. Natürlich müsse er einem Angeklagten ein Geständnis positiv anrechnen, versichert Richter Michael Schaller. Aber er macht auch seinem Ärger über diesen Vorschlag auf der Zielgeraden des Prozesses deutlich:"Ich halte relativ wenig von der Vorgehensweise." Der Angeklagte habe längst aussagen können.
Auch andere Verteidiger attackieren die beiden Anwälte. Von einer Abtrennung der Verfahren wird hitzig geredet. Rechtsgespräche werden gefordert, "um zu wissen, wie wir dran sind". Anwalt Christian Mulzer versichert: "Wir sind bereit, zu plädieren."
Weitere Prozesstage bis in den Juli hinein angesetzt
Doch daraus wird nichts: Ein Geständnis des 25-jährigen Hauptbeschuldigten könnte erhebliche Auswirkungen auf die Beurteilung zu diesem Fall haben. Der Vorsitzende setzt acht weitere Prozesstage am Landgericht bis in den Juli an und verkündet tapfer: "Wir verhandeln fröhlich weiter!"
Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.