Dieser vierte Verhandlungstag im Würzburger Prozess gegen mutmaßliche Drogendealer auf dem Fußballplatz ist vielleicht der wichtigste. Und es ist der bislang widerlichste: Denn die Prozessbeteiligten und drei Dutzend Zuhörer bekommen an diesem Dienstag Fürchterliches zu hören. Im improvisierten Gerichtssaal im Würzburger CVJM-Heim geht es um Drogenhandel im Kilobereich. Vor allem aber geht es um das grausame Foltern von Opfern, die der Bande der sechs Angeklagten Geld geschuldet hatten.
Anklage: Würzburger Fußballplatz wurde zum Ort der Folter
Die Anklage schildert brutale Handlungsweisen, wie man sie sich kaum vorstellen kann. Auf dem Fußballplatz seines Vereins soll ein 25-jähriger Führungsspieler nachts andere Männer aus dem Drogenmilieu dazu gebracht haben, auf Schuldner einzutreten.
Vor der Vernehmung des am schlimmsten misshandelten Opfers wird die Öffentlichkeit am vierten Prozesstag ausgeschlossen. Der Zeuge war zur Tatzeit noch keine 18 Jahre alt. Fast drei Stunden lang wird er an diesem Dienstag befragt - auch zu intimsten Einzelheiten. In wesentlichen Punkten habe er die Anklage bestätigt, heißt es hinterher von Prozessbeteiligten.
Handyfilme belegen Misshandlungen und Gewalt
Die mutmaßlichen Täter hatten Misshandlungen sogar per Handy gefilmt, wie im Prozess in Auszügen schon gezeigt worden war. Drei Angeklagte machen jetzt vor Gericht knappe Angaben dazu: Sie bestätigen das furchtbare Geschehen auf dem Fußballplatz, stellen ihren eigenen Beitrag aber möglichst klein dar.
Die Verteidiger Tamara Geis, Peter Möckesch und Christian Mulzer geben Erklärungen für ihre Mandanten ab, die besonders gewaltsam vorgegangen sein sollen. Einer wollte den eigenen Angaben zufolge nur als musikalischer "Gangsta-Rapper" bei seinem Publikum als glaubwürdiger gelten. "Ich habe Sachen gemacht, für die ich mich schäme", sagt ein zweiter. Bei der Misshandlung sei aber nicht dabei gewesen. Das Opfer müsse ihn verwechseln und Drogen habe er nur zum Eigenkonsum bezogen.
Aussagen ergeben das Bild eines furchtbaren Geschehens
Beide Angeklagten räumen die Misshandlungen im Kern aber ein. Aus ihren knappen Aussagen und aus der Anklageschrift, die auf polizeilichen Vernehmungen beruht, ergibt sich ein furchtbares Szenario: Die Drogendealer sollen den ahnungslosen 17-Jährigen nachts zum Fußballplatz bestellt haben. Dort wurde er umringt und gezwungen, sich auszuziehen, niederzuknien und auf allen vieren herumzukrabbeln wie ein Hund.
Zwei Männer sollen sich auf die Arme des 17-Jährige gesetzt haben. Dann soll er geprügelt und getreten worden sein. Und gezwungen, glühende Zigaretten zu kauen. Der mutmaßliche Anführer soll sich dem Opfer von hinten genähert haben. Mit den Worten "Das hast du verdient, Du Hund" soll er dem 17-Jährigen einen Besenstiel brutal in den Hintern gerammt haben.
Laut Staatsanwalt Jonas Katzenberger geschah dies in der Absicht, "den Geschädigten auch sexuell zu demütigen". Der Anklage zufolge drohte der Hauptangeklagte dem gepeinigten Jugendlichen, ihn umzubringen, falls er der Polizei davon erzähle.
Verfahren eingestellt, trotzdem keine Aussage: Zweiter Zeuge schweigt
Die Vernehmung eines zweiten Opfers wird dann bereits nach 20 Minuten ergebnislos vertagt. Gefesselt wird der Zeuge von der Polizei in den Saal gebracht, weil gegen ihn in anderer Sache ermittelt wird. Das Verfahren wegen Drogenhandel hat die Staatsanwaltschaft eingestellt - in der Hoffnung, eine klare Aussage zur Folter von ihm zu erhalten. Doch anders als gegenüber der Polizei bleibt der Zeuge vor Gericht stumm. Die Vernehmung wird abgebrochen.
Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt