Nicht im zu kleinen Würzburger Strafjustizzentrum, sondern im Haus des Christlichen Vereins junger Menschen (CVJM) geht es an diesem Mittwoch um völlig unchristliche Themen: um Drogenhandel im Kilobereich. Und, wie es in der Anklage heißt, das brutale Quälen junger Menschen, die den mutmaßlichen Dealern Geld schuldeten.
Sechs Angeklagte mit 13 Anwälten, fünf Richter, die Protokollführerin und zwei Staatsanwälte füllen den Raum – und drei Dutzend Zuschauer. Leise klirrende Fußketten erlauben den sechs jungen Männern nur kurze trippelnde Schritte in den provisorischen Gerichtssaal. Ob sie in diesem Moment eine Vorstellung davon bekommen, wie hilflos sich in manchen Nächten die Opfer gefühlt haben?
Der Vorwurf: Drogendealer als Ankläger, Richter und Henker
Mehrfach sollen die heutigen Angeklagten selbst Ankläger, Richter und Henker "gespielt" haben. Einer von ihnen hatte bereits am ersten Verhandlungstag vor der Jugendkammer des Landgerichts Würzburg zugegeben, bei einem solchen brutalen nächtlichen Vorgang dabei gewesen zu sein, ohne einzugreifen.
Massive Drohungen und "schwere Gewaltanwendungen" gegen Zeugen
Die anderen Beschuldigten schweigen bisher. Und es soll drohende Anrufe bei einigen der Familien im Zuschauerraum gegeben haben, auch weiter den Mund zu halten, heißt es aus den Reihen der Anwälte. Die Anklage formuliert es so: "Teilweise werden Zeugen unter massiven Drohungen und schwerer Gewaltanwendung dazu genötigt, Betäubungsmittel zu verkaufen und den Gewinn an die Gruppierung abzugeben."
Der 25-jährige mutmaßliche Chef der Bande fühlte sich auf dem Vereinsgelände seines Würzburger Fußballclubs offenbar auch nachts wie zu Hause. Als Führungsspieler träumte er nach eigenen Aussagen vom Aufstieg. Sein Spitzname, der vor Gericht im Zeugenstand genannt wird, taucht wiederholt auch in Spielberichten des Bayerischen Fußball-Verbandes auf.
Anklage: Folter mit Feuerzeug und heißem Wachs, Prügel und Todesdrohungen
Beispielhaft nennt die Anklage einen Vorfall aus dem Sommer 2021: Ein junger Mann mit angeblichen Drogenschulden von 2500 Euro sei nachts zum Sportheim bestellt, gefesselt und ausgezogen worden. Dann sollen die ihn Umringenden geprügelt, getreten, mit glühenden Zigaretten traktiert sowie mit einem brennenden Feuerzeug und heißem Kerzenwachs gefoltert haben. Am Ende habe der 25-Jährige gedroht: "Wenn du der Polizei was verrätst, bringen wir dich und deine ganze Familie um."
Der Angeklagte selbst schüttelt bei der Verlesung dieser Passage nur leise lächelnd den Kopf. Aber die Drohung wirkte offenbar: Der Geschädigte erstattete keine Anzeige und geriet erst in den Fokus, als er einen Unfall verursachte und die Polizei im Wagen Drogen fand.
Verteidiger attackieren den Zeugen scharf
Er wirkt im Zeugenstand widersprüchlich und ängstlich. Unter scharfen Fragen der Verteidiger Hanjo Schrepfer und Roj Khalaf duckt er sich immer wieder weg, weicht aus, beruft sich auf Erinnerungslücken. "Haben Sie Angst?", fragt der Vorsitzende Richter Michael Schaller, wie er dies auch schon den einzig Geständigen unter den sechs Angeklagten gefragt hatte.
Schaller bekommt an diesem Mittwoch keine Antwort. Der Zeuge, der mehrfach bei den Angeklagten Kokain gekauft haben will, beruft sich immer dann auf Erinnerungslücken, wenn er konkret den 25-Jährigen belasten soll.
Auch einige der Angeklagten hatten vor dem Verhandlungstag erkennen lassen, dass sie "auspacken" wollen. Doch jetzt kommt ein Rückzieher nach dem anderen: "Wir sind noch am Überlegen", sagt Verteidiger Jochen Bauer. "Mein Mandant wird nun doch keine Einlassung abgeben", erklärt Anwalt Christian Mulzer. Leise staunend fragt der Richter: "Hat es über Nacht Bedenken geregnet?"
Dokument der Brutalität: Handy-Video erschüttert
Hätten die angeklagten Dealer die Folteraktion auf dem Fußballplatz nicht gefilmt, gäbe es noch größere Zweifel. Das Handy-Video wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezeigt. Danach verlassen Beteiligte mit angeekelten Mienen den Sitzungssaal.
Es wird nicht der einzige Film bleiben, den sich das Gericht anschauen muss. Der Prozess wird am 3. April fortgesetzt.
Verteidiger? Einer ist bei solchen Anlässen und Angeklagten immer vorne dabei!
Zynismus aus.
Mich wundert, dass noch nicht so oder ähnlich über die Justiz hergezogen wurde!!