Für Jahrzehnte waren die eigenen vier Wände der Lebensmittelpunkt. An der Wohnung oder dem Haus hängen viele Erinnerungen. Das eigene Zuhause bietet Geborgenheit und das Gefühl, den Alltag selbst gestalten zu können. Diese Selbstständigkeit zu verlieren, ist eine Angst von vielen Senioren. Oft ist daher die Bereitschaft, die eigene Wohnung aufzugeben, bei älteren Menschen eher gering. Auch dann, wenn der Pflegebedarf steigt. Aber wenn man bei der Auswahl des Pflegeheims auf einige Dinge achtet, fällt der Umzug allen Beteiligten leichter.
"Da würde ich immer auf die Pflegestützpunkte vor Ort verweisen", sagt Tobias Konrad, Wohnberater beim Pflegestützpunkt in Würzburg. "Die Stützpunkte sind eine Anlaufstelle für Senioren und Pflegebedürftige, wo sie sich rund ums Thema Pflege im Allgemeinen informieren können." Eine unabhängige Wohnberatung sei Teil ihres Angebots. "Dort kommen die Leute an die Informationen vor Ort, sozusagen an die Adressen", erklärt Konrad.
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In fünf Landkreisen in Unterfranken gibt es bereits Pflegestützpunkte. Der jüngste eröffnete vergangenen Juli in Kitzingen. "Das ist eine glückliche Fügung", sagt der Wohnberater. "Denn bayernweit schaut das ganz anders aus." Im gesamten Freistaat sind aktuell nur zehn Pflegestützpunkte in Betrieb.
"Es ist nie zu früh, darüber nachzudenken", sagt Eva von Vietinghoff-Scheel, Vorstand des Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg. Sobald im Ansatz zu erkennen sei, dass man sich zuhause schwer tut, solle man sich umschauen. "Das macht es den Angehörigen leichter", erklärt von Vietinghoff-Scheel. Denn dann könne man noch leichter selbst entscheiden, in welches Haus man will. Außerdem bestünde so die Möglichkeit, sich frühzeitig auf die Warteliste setzen zu lassen, damit es mit dem Wunsch-Pflegeheim auch sicher klappt.
Derzeit sei es allerdings schwer einen Platz zu bekommen: "Die Einrichtungen sind voll", berichtet Eva von Vietinghoff-Scheel. Coronabedingt habe es einen Aufnahme-Stop gegeben. "Man merkt, dass sich das jetzt angestaut hat." Aber auch sonst seien die Plätze begehrt und die Wartelisten mitunter lang. Daher empfiehlt sie prinzipiell, sich frühzeitig Gedanken zu machen, was im Pflegefall passieren soll.
"Es gibt nicht die eine Einrichtung, wo wir hin empfehlen würden", sagt Wohnberater Tobias Konrad. Alle Heime hätten gesetzliche Standards, die sie erfüllen müssen. "Es ist immer eine völlig individuelle Entscheidung." Dabei spielten die Pflegebedürfnisse eine wichtige Rolle. "Wenn man beispielsweise einen Pflegebedürftigen mit starker Hinlauftendenz hat, kann es sein, dass man vielleicht eine Einrichtung mit richterlichem Beschluss braucht", so Konrad. Diese Art der Unterbringung kommt vor allem für Menschen mit einer Demenzerkrankung in Frage. Zu ihrem eigenen Schutz können sie das Heim dann nicht selbstständig verlassen.
Prinzipiell rät Konrad, dass sich Angehörige und der oder die Pflegebedürftige die Einrichtungen gemeinsam anschauen und auf sich wirken lassen. "Die weichen Faktoren spielen da eine ganz wichtige Rolle", sagt der Wohnberater. Passt das Zwischenmenschliche? Wie ist das Pflegekonzept? Gefällt dem Pflegebedürftigen das Mobiliar?
Seine Kollegin Ina Semmel merkt dazu an: "Es gibt durchaus Heime, die wirken modern." Andere Einrichtungen seien dagegen eher mit schwerem, altmodischem Mobiliar ausgestattet. "Es kann aber sein, dass so etwas jemandem gefällt und ihn anspricht, weil er es so gewohnt ist", so die Wohnberaterin vom Würzburger Pflegestützpunkt.
Außerdem empfiehlt Semmel zu schauen, wie variabel die Einrichtungen mit ihren Pflege- und Essenszeiten sind und dies mit den Bedürfnissen des Pflegebedürftigen abzugleichen. Mag er oder sie starre Vorgaben? Ist es wichtig, dass viel Programm läuft, an dem man teilnehmen kann – oder eher nicht? Auch auf diese Fragen gilt es laut der Wohnberaterin zu achten.
Eva von Vietinghoff-Scheel vom Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg empfiehlt, vor dem Gespräch mit der Heimleitung den Alltag des Pflegebedürftigen durchzugehen und sich zu fragen: Was mache ich da, was ist mir wichtig? Soll vielleicht auch mal ein Ausflug oder ein Konzert organisiert werden? Wie ist es mit dem Friseur, muss ich da mit dem Taxi hin oder kommt der ins Haus? "Das sind so Kleinigkeiten", sagt von Vietinghoff-Scheel. "Die vergisst man, wenn man sich erst im Gespräch darüber Gedanken macht."
"Die reine Pflege wird von der Pflegekasse finanziert", erklärt von Vietinghoff-Scheel. Dazu kommen Unterbringung und Verpflegung, wofür der Pflegebedürftige selbst oder – wenn die Rente nicht reicht – die Angehörigen aufkommen müssen.
Preisunterschiede würden sich hauptsächlich aus den Investitionskosten ergeben, die auf die Bewohner umgelegt werden, erklärt von Vietinghoff-Scheel. "Da ist es schon ein Unterschied, ob man in einem alten Haus wohnt, wo nicht mehr so viel investiert wurde, oder in einem frisch renovierten." Die Kostenunterschiede würden sich aber prinzipiell eher auf hundert, als auf Hunderte Euros belaufen. Ob ein Pflegeheim zentral gelegen ist oder nicht, spiele dagegen keine Rolle beim Preis einer Einrichtung.