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Würzburg
Wird Kiffen vom Staat subventioniert? Im Gegensatz zu Tabak und Alkohol wird Cannabis faktisch nicht besteuert
Hanf-Clubs können sogar Antrag auf Gemeinnützigkeit stellen. Welche Chancen sie da hätten, erläutert Gerhard Wipijewski von der Bayerischen Finanzgewerkschaft.
Gerhard Wipijewski ist seit 2013 Vorsitzender der Bayerischen Finanzgewerkschaft.
Foto: Thomas Obermeier | Gerhard Wipijewski ist seit 2013 Vorsitzender der Bayerischen Finanzgewerkschaft.
Folker Quack
 |  aktualisiert: 07.06.2024 02:41 Uhr

Der Vorsitzende der bayerischen Finanzgewerkschaft, Gerhard Wipijewski, erläutert im Interview, warum er das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung für skandalös hält. Und warum Deutschland ein Paradies für Geldwäscher ist.

Frage: Ab Mitte des Jahres können sich Hanf-Clubs gründen, um Cannabis anzubauen und zum Eigenbedarf an ihre Mitglieder abzugeben. Können diese Vereine einen Antrag auf Gemeinnützigkeit stellen?

Gerhard Wipijewski: Die ganze Gesetzgebung rund um die Cannabis-Legalisierung ist sehr ärgerlich und zeigt einmal mehr, dass der Gesetzgeber sich oft gar keine Gedanken macht, wie seine Gesetze in den Verwaltungen umgesetzt werden. Zu steuerlichen Fragen steht in dem ganzen Gesetz kein Wort. In Sachen Gemeinnützigkeit sehe ich aufgrund meiner Erfahrungen für diese Vereine keine Chance. Da müsste sich der Verein schon um weit mehr kümmern, als um die Versorgung seiner Mitglieder. Allerdings müssen wir damit rechnen, dass jetzt Tausende solcher Vereine sich mit einem Antrag auf Gemeinnützigkeit an ihr jeweiliges Finanzamt wenden, das dann aufgrund der Satzung aufwändig überprüfen und entscheiden muss.

Die Förderung von Pflanzenzucht wird in der Abgabenordnung als gemeinnütziger Zweck aufgeführt. Dann müssten die Finanzämter eingetragenen Cannabis-Vereinen die Gemeinnützigkeit doch zusprechen?

Wipijewski: Das zeigt, welch großer Aufwand da auf die Finanzämter zukommt, den der Gesetzgeber mit einem Federstrich hätte vermeiden können. Es geht dann eben auch um die Umsetzung der Satzung, die von den Finanzämtern überprüft werden muss. In der Geschichte sind sowohl die Raucher-Clubs, die sich nach dem Rauchverbot in der Gastronomie gründeten, als auch die Internetvereine, die ihren Mitgliedern Zugang zu Netzwerken und Datenkommunikation ermöglichen, mit Anträgen auf Gemeinnützigkeit gescheitert.

Wird der Cannabis-Konsum eigentlich vergleichbar mit Alkohol und Zigaretten auch besteuert?

Wipijewski: Ehrlich gesagt finde ich skandalös, dass der Gesetzgeber den Konsum legalisiert, aber keinerlei steuerlichen Rahmen geschaffen hat. Während der Raucher 70 Prozent Steuern auf seine Tabakwaren bezahlt, zahlt der Cannabis-Konsument maximal die Umsatzsteuer an den Staat. Und selbst die nur zum Teil, sollte die Gemeinnützigkeit entgegen jeder Wahrscheinlichkeit doch durchgehen. Hinzu kommt, dass diese Clubs wahrscheinlich im Bereich der Kleinunternehmer unterwegs sein werden. Aber Kleinunternehmen mit bis zu 22.000 Euro Jahresumsatz sind faktisch von der Umsatzsteuer befreit. 

Die Grundsteuerreform hat den Finanzämtern durch die nötige Neuveranlagung viel Arbeit beschert. Hatte das Auswirkungen auf die Bearbeitung anderer Steuersachen? 

Wipijewski: Während wir bislang nie mehr als zwei Steuer-Jahrgänge in Bearbeitung hatten, aktuell wären das 2022 und 2023, sind es jetzt drei Jahrgänge. Das hat mit der Neuveranlagung bei der Grundsteuer, aber auch mit der Verlängerung der Abgabefristen wegen Corona zu tun. Personell sind wir Land unter.

Was hat das für Auswirkungen, wird weniger kontrolliert?

Wipijewski: Kleinstbetriebe also selbstständige Ein-Mann-Betriebe müssen statistisch nur alle 200 Jahre mit einer Steuerprüfung rechnen. Kleinbetriebe, etwa Freiberufler mit einem Jahresgewinn von bis zu 170.000 Euro, nur alle 50 Jahre, mittlere Betriebe alle 30 und der Großbetrieb alle fünf Jahre. Zudem haben wir viel zu wenig Steuerfahnder. Wir sind weit davon entfernt, faire und für alle gleiche Bedingungen zu schaffen. Damit aber haben die Betrüger bei uns bessere Bedingungen als die, die sich an Recht und Gesetz halten.

Sie haben einmal gesagt, in der Gastronomie und anderen bargeldintensiven Bereichen werde betrogen, was das Zeug hält. Was würde helfen?

Wipijewski: Wir brauchen eine Registrierkassenpflicht. Und deren korrektes Funktionieren muss kontrolliert werden. Denn es gibt Betrugssoftware zu kaufen, um die Kassen zu manipulieren. Es sollte uns letztlich doch allen auch um einen fairen Wettbewerb unter den Gastronomen gehen. Deshalb kann ich nicht verstehen, warum einige Interessenvertreter seit Jahren so dagegen Sturm laufen. Womöglich geht es gar nicht so sehr um einen fairen Wettbewerb.

Sie haben in diesem Zusammenhang auch eine Bargeldobergrenze gefordert. Wie kann die helfen?

Wipijewski: Das war im Zusammenhang mit dem Steuerbetrug des Münchner Sternekochs Alfons Schuhbeck. In solchen Fällen bleibt nicht selten unklar, wo die Millionen, die hinterzogen wurden, geblieben sind. Deutschland ist ein Paradies für Geldwäscher. Geld verschwindet einfach, das wäre bei einer Bargeldobergrenze nicht möglich.

Wie hoch sollte die ihrer Meinung nach sein?

Wipijewski: Wir schlagen 1000 Euro vor, alles darüber müsste dann über eine Bank laufen. Dann könnten Millionen nicht einfach verschwinden, sondern hinterließen Spuren.

75 Jahre Bayerische Finanzgewerkschaft

Mit einem Festakt in Würzburg feiert die bayerische Finanzgewerkschaft am 17. Juni ab 15 Uhr ihr 75-jähriges Bestehen im Würzburger Congress-Centrum. Mit dabei sind unter anderem Ministerpräsident Markus Söder und der bayerische Finanzminister Albert Füracker. Die Festansprache hält der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio. 
Quelle: bfg
 
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Kommentare
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  • Christiane Schmitt
    Es kann doch nicht sein, dass Verkauf von Cannabis nicht versteuert wird oder Verkäufer keine Sozialversicherung zahlen müssen. Auf jedes Genuss-, Lebens- und Arzneimittel werden Steuern erhoben. Die Anbauer und Inhaber der Verkaufsstellen wollen ja auch dran verdienen. Wer verantwortungsvoll eine private Altersvorsorge abgeschlossen hat, muss den vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag nach Auszahlung zahlen (oberhalb einer Freigrenze), das sind rund 20 % der Auszahlsumme, also schrumpft das Erwartete. Und dann soll man so was mitfinanzieren. Angeblich gäbe es keine Todesfälle wg. Cannabiskonsums, wurde das denn schon genau erforscht? Jedenfalls kann er aber zu Ausfällen führen, die Betroffene und Unbeteiligte gefährdet und es stinkt hundserbärmlich aus jeder Ecke.
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  • Peter Bartosch
    Bevor ich sowas wie Sie schreiben würde, würde ich mich erstmal schlau machen.
    Alles vollkommener Unsinn. Es darf nichts verkauft werden. Nur mal eine Falschbehauptung von vielen was Sie schreiben.
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  • Peter Bartosch
    Was für ein dummer Kommentar.
    Die allermeisten rauchen Cannabis mit Tabak und der ist sehr wohl hoch versteuert. Und die paar wo daraus sich ein Kuchen backen oder was auch immer, dann sehe ich das wie Bärlauch oder was für Gemüse auch immer.
    So gesehen wieder einmal ein Interview von der Seite der Gegner für die Legalisierung.
    Nichts neues aus dem Land der zu gesoffenen.
    Wieviel von den sogenannten Experten wollt ihr noch zu Wort kommen lassen, @ MP.
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  • Dietmar Eberth
    Jährlich gibt es mehr als 20.000 Tode durch Alkohol und mehr als 120.000 Tode durch Tabakkonsum in Deutschland. Durch Cannabis (mehr als 2000 Tode durch härtere Drogen) ist nichts bekannt.

    Steuerbefreiung wäre also gerechtfertigt? 🤔
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  • Roland Rösch
    Schädlich Substanzen werden nicht oder gering besteuert und wer Nutzen bringt wie die Bauern bringt man mit Besteuerung in immer größere Existenznot. Ist zum Glück nur eine Periode von der schlechtesten Regierung nach Kriegsende.
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  • Waldemar Thurn
    Sowas kommt zustande wenn nur Schlaustudierte in der Regierung sitzen.
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  • georg ruettiger
    Die Adiposidas Fördervereine bewerben und vermarkten ihre Suchtprodukte ja durchaus steuerbegünstigt und verhelfen damit mehr als der Hälfte der vorwiegend nicht Schlaustudierten zum gesundheitlichen und seelischen Elend mittels Fett und Zucker.
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