Die Brötchen verkaufen sich nicht von selbst – zumindest noch nicht. Wenn es nach Christian Englert, Geschäftsführer der Familienbäckerei Brandstetter geht, dann bleibt es auch dabei. Dennoch steht er, wie viele andere aus seiner Branche vor einem Problem: Fachkräftemangel. Neue Lösungen und Wege müssen her. Doch die Tradition und hohe Handwerkskunst sollen darunter nicht leiden. Kann das klappen?
Englert wird in den kommenden Jahren Lösungen finden müssen, denn fest steht: "Es ist schwer geworden, Personal zu finden – sehr schwer", erklärt der gelernte Bäcker und Konditormeister. Im Sommer sei der Personalmangel besonders schwerwiegend gewesen. Urlaubszeit, Krankheitsstand und Kündigungen sorgten dafür, dass Englert die Öffnungszeiten einiger Filialen anpassen und einzelne Läden früher schließen musste.
Doch damit steht die Bäckerei Brandstetter nicht allein da. Auch andere Bäckerei-Filialen verkürzten die Öffnungszeiten oder blieben vorübergehend ganz geschlossen. Max Bregenzer, Geschäftsführer der Bäckerei Maxl Bäck, bestätigt die Schilderungen von Englert: "Es sind keine einfachen Zeiten, um Personal zu finden." Auch er musste die Öffnungszeiten einzelner Filialen bereits anpassen.
Viele freie Stellen und wenig Nachwuchs durch demografischen Wandel
Die Ursachen lägen auf der Hand, Lösungen hingegen seien schwer zu finden. "Ein Grund ist der demografische Wandel", so Englert. Das werde sich in den kommenden Jahren nicht so leicht ändern lassen. Viele Verkaufsfachkräfte, aber auch Bäcker und Konditoren würden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Die vielen offenen Stellen ließen sich nur schwer füllen.
Hinzu komme, dass "einfache" Berufe wie Bäckerei-Fachverkäuferin/Fachverkäufer, Bäcker/Bäckerin oder Konditor/Konditorin immer häufiger als "unattraktiv" wahrgenommen würden, sagt Englert. Das zeige sich schon in der Schule. "Da geht es ab der zehnten Klasse nur noch darum, wie es danach weitergeht, mit Abitur oder Studium", fasst Englert die Erfahrungen bei seinen Kindern zusammen, die selbst zur Schule gehen. Der Wert der Ausbildung werde komplett aberkannt. "Das fällt uns hier natürlich auf die Füße."
Und dann nennt Englert noch einen weiteren Grund, der den Personalmangel weiter befeuert. Der Onlinehandel hätte dazu geführt, dass immer mehr Menschen die Erwartungshaltung hätten, dass alles rund um die Uhr verfügbar sein müsse. "Wenn es nach mir ginge, würde ich sonntags nicht öffnen", bekräftigt Englert. Doch das könnten sich Bäckereien heute nicht mehr leisten. Das führe dazu, dass Englert mindestens eine Personalstelle mehr schaffen müsse.
Bäckereien können mit Benefits das Gehalt der Beschäftigten deutlich aufstocken
Eine Grenze gäbe es aber für den Geschäftsführer der Familienbäckerei: "Unsere Filialen schließen alle spätestens 18 Uhr. Ich lasse meine Fachverkaufskräfte nicht bis 21 Uhr im Laden stehen." Er habe eine gewisse Verantwortung gegenüber seinen Beschäftigten. Denn eines ist dem Würzburger eine Herzensangelegenheit: Als Geschäftsführer eines Familienbetriebs müsse er dafür sorgen, dass Familienzeit für die Mitarbeitenden möglich sei.
Während in anderen Branchen unbequeme Arbeitszeiten am Wochenende oder Nachtschichten durch verlockende Gehälter ausgeglichen werden können, haben die Bäckereien auch hier ein Nachsehen. Max Bregenzer bringt das ziemlich deutlich auf den Punkt: "Unsere Branche ist nicht gerade bekannt dafür, die allergrößten Gehälter zu zahlen." Dennoch seien die Bäckereien bemüht, ihren Beschäftigten finanzielle Anreize zu bieten.
Höhere Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit beispielsweise seien steuerfrei und würden das Gehalt deutlich aufstocken. Hinzu kämen Benefits wie beispielsweise kostenlose Verpflegung während der Arbeitszeit oder die Bezuschussung von Kosten für die Kita-Betreuung. "Da hat man manchmal am Ende des Monats mehr übrig, als bei einer Brutto-Gehaltserhöhung", sagt Englert. Am Ende liege man bei der Bezahlung auf einem ähnlichen Niveau wie die Gastronomie oder der Einzelhandel, bestätigt Bregenzer.
Es muss mehr her in Zukunft
Doch ein Obstkorb oder eine kreative Stellenausschreibung allein werden die Bäckereien nicht retten. Deshalb überlegen sowohl Englert als auch Bregenzer, wie sie ihre Bäckerei weiterentwickeln können. "Wir werden in Zukunft neue Wege gehen", kündigt Englert an. Leicht falle ihm das jedoch nicht. Denn er schätze sowohl die Tradition, als auch die hohe Handwerkskunst, die die Berufe in den Bäckereien mit sich bringen.
"Ich will mich nicht in den Ruhestand verabschieden und einen Selbstbedienungsladen hinterlassen", macht der Geschäftsführer deutlich. Man müsse sich von der Industriebäckerei abheben und das Handwerk vor dem Qualitätsverlust bewahren. So gehöre es bei einem Handwerksbetrieb beispielsweise dazu, die Menschen selbst zu bedienen und zu beraten.
Kundenberatung und -verkauf ist fester Bestandteil des Handwerks
Dass der Spagat zwischen Technologisierung, Digitalisierung und traditionellem Handwerk kein einfacher ist, bestätigt auch Bregenzer vom Maxl Bäck. Dennoch müsse er gelingen. "Wir tun uns momentan schwer damit, beides zusammenzuführen, ohne Abstriche zu machen", sagt er. Bei Maxl Bäck überlege man aktuell, wie man den Verkaufsprozess entzerren könnte.
So stehe die Überlegung im Raum, einen Verkaufsautomaten einzuführen, der mit frischen vorbestellten Waren befüllt und zu einem späteren Zeitpunkt von der Kundschaft abgeholt werde. Auch über eine App sollen Kundinnen und Kunden künftig vorbestellen, bezahlen und die Backwaren dann nur noch abholen können. Trotz all der fortschrittlichen Ideen steht auch für den Maxl Bäck-Chef fest: "Bäckereien ohne Verkaufskräfte wollen wir nicht, denn wir sind immer noch ein Handwerksbetrieb."
Aber fangt bitte nicht mit Vorbestellung und anderen verkomplizierungen an.