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Würzburg/Schweinfurt
Fachkräftemangel in Unterfranken immer schlimmer: Wie die Lage ist und was helfen könnte
Eine neue Studie zeigt, dass der Region immer mehr ausgebildete Arbeitskräfte ausgehen. Das hat wirtschaftlichen Sprengstoff. Was das im Detail heißt.
Unter anderem in der Transportbranche fehlen in Unterfranken Fachkräfte. Auch in anderen Berufen wird der Mangel bis 2035 massiv zunehmen, behaupten Fachleute.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa (Symbolbild) | Unter anderem in der Transportbranche fehlen in Unterfranken Fachkräfte. Auch in anderen Berufen wird der Mangel bis 2035 massiv zunehmen, behaupten Fachleute.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 15:27 Uhr

In Mainfrankens Wirtschaft schrillen die Alarmglocken immer lauter: Bis 2035 wird der Fachkräftemangel um 34 Prozent im Vergleich zu heute zunehmen. Dann werden 51.600 ausgebildete Menschen in den Betrieben der Region fehlen.

Das hat eine Analyse des Umfrageinstituts Prognos im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) ergeben, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Fachkräftemangel: Wie ist generell die Lage in der Region?

Der vbw-Studie zufolge gibt es in Mainfranken schon jetzt 38.500 Fachkräfte zu wenig. Dieser Mangel ist seit Jahren ein Top-Thema in Unternehmen, der manche von ihnen in eine heikle Lage gebracht hat.

Der Höhepunkt der Misere werde bereits 2031 erreicht, heißt es in der vbw-Studie "Regionale Arbeitslandschaften". Dann gebe es in Mainfranken 63.600 Fachkräfte zu wenig. In Unterfranken werden es 86.500 sein. Das entspricht in der Summe ungefähr der Einwohnerzahl von Aschaffenburg und Bad Neustadt.

Wie brisant die Lage ist, darauf hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt schon vor fünf Jahren hingewiesen. Mainfranken entstehe durch den Fachkräftemangel pro Jahr ein volkswirtschaftlicher Schaden von 1,7 Milliarden Euro.

Wie sieht der Fachkräftemangel in den unterfränkischen Landkreisen aus?

Die vbw sieht in Bayern einen deutlichen Unterschied zwischen Ballungszentren mit eher günstiger Entwicklung und ländlichen Gegenden wie etwa dem Landkreis Rhön-Grabfeld, wo 2035 die Nachfrage nach Arbeitskräften mit rund 17 Prozent deutlich über dem Angebot liegen werde.

Der Kreis Bad Kissingen zum Beispiel wird hier der Studie zufolge auf einen ähnlichen Wert kommen, während die Landkreise Main-Spessart und Schweinfurt jeweils bei 15 Prozent landen werden. In der Uni-Stadt Würzburg hingegen wird in zwölf Jahren die Nachfrage nach Fachpersonal "nur" zehn Prozent größer sein als das Angebot. Generell falle dieser Saldo "in Unterfranken sehr stark aus", urteilte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Donnerstag.

Zum Vergleich: Ähnliche Werte wie Würzburg hat Bamberg, während der Großraum Nürnberg/Fürth/Erlangen zwischen fünf und sieben Prozent deutlich darunter liegt. Eine größere Fachkräftelücke haben hingegen dünner besiedelte Teile Oberfrankens.

So werden beispielsweise Lichtenfels, Wunsiedel und Kulmbach 2035 bis zu 20 Prozent mehr Nachfrage nach Fachkräften haben als das Angebot hergibt. In München wiederum stuft die vbw die Lage als rosig ein: Eine Fachkräftelücke sei dort 2035 kaum zu erwarten.

Wie sieht es in Unterfranken bei bestimmten Berufen aus?

Prognos untersuchte für die vbw 36 Berufsgruppen in Bayern. Besonders ausgeprägt wird in Unterfranken demnach der Fachkräftemangel bis 2035 bei Lkw-Fahrern, in nicht-medizinischen Gesundheitsberufen, der Metallbranche, der Fahrzeugtechnik sowie in der Mechatronik sein.

Ganz anders sieht es in Berufen der Werbung und des Marketings aus: Hier skizziert die vbw-Analyse einen regionalen Überschuss an Arbeitskräften. Auch in der Informationstechnik (IT) zeichne sich trotz der ausgeprägten Digitalisierung der Wirtschaft Ähnliches ab, so Brossardt. Die oft gepriesene IT "ist nicht mehr der Überbrüller". Diese Branche sei gesättigt.

Was kann gegen den Fachkräftemangel in Unterfranken getan werden?

Hierzu gab Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer am Donnerstag nur eine generelle Antwort: Fachkräfte "fehlen in ganz Bayern". Die Lücke sei entstanden, weil das Angebot an ausgebildetem Personal stärker zurückgehe als die Nachfrage. "Es fehlen überall die Menschen", fasste Böhmer zusammen.

vbw-Chef Brossardt sieht eine Lösung im Kampf gegen den Fachkräftemangel darin, vor allem Ältere im Berufsleben zu halten. Wer vorzeitig in Rente gehen wolle, müsse dazu gebracht werden, statt an den Berufsausstieg an einen "Überstieg" in eine neue Beschäftigungsform zu denken.

Das sieht IHK-Hauptgeschäftsführer Sascha Genders ähnlich. Neben einer gezielten Zuwanderung von mehr Arbeitskräften aus dem Ausland sei "ein späteres tatsächliches Renteneintrittsalter als das von aktuell etwas über 64 Jahren" sowie "mehr freiwillige Erwerbstätigkeit von Rentnern" anzustreben. Auch die Ganztagesbetreuung von Kindern müsse verbessert werden, um Eltern den Rücken für mehr Arbeit freizuhalten, so Genders auf Anfrage.

vbw-Hauptgeschäftsführer Brossardt wiederholte in diesem Zusammenhang eine gängige Forderung seines Verbandes: Um den Fachkräftemangel zu beseitigen, müsse die Politik flexiblere Arbeitszeiten zulassen. Maximal zehn Stunden am Tag arbeiten zu dürfen, "das muss abgeschafft werden". Brossardt schlug dagegen vor, die Höchstarbeitszeit auf 48 Stunden pro Woche festzulegen, sodass Unternehmen Tag für Tag flexibler handeln könnten.

 
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  • Siegfried Thorwarth
    Ist doch kein Problem siehe Rexroth. Da gabs mal über 6000 Beschäftigte jetzt mittlerweile nur noch 5200. Die neuen Werke werden schon längst im Ausland eröffnet. Die ausufernden (Sozial)Abgaben und Bürokratiewahnsinn kann sich keiner mehr im Wettbewerb leisten.
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  • Matthias Braun
    Betriebe und Institutionen sollten nicht immer nur Änderungen von GesetzenRegelungen usw. (z.B. Renteneintrittsalter, 10h Regelung , Steueränderungen usw ......) einfordern. Firmen und Betriebe sollten hier zunächst selbst die Initiative ergreifen und Lösungsansätze ausarbeiten. Ein gutes Beispiel ist hier Siemens in Erlangen. Hier wurden z.B. ab 2020 15 Erwachsene ungelernte Mitarbeiter aus der Fertigung welche sich für eine Ausbildung interessiert haben in einer 2,5 jährigen Ausbildung in der eigenen Ausbildungswerkstatt zu Elektroniker für Automatisierungstechnik ausgebildet. Alle 15 Azubis haben die IHK Prüfung auch bestanden und werden als Elektrofachkräfte EFK eingesetzt. Lebenslanges lernen kennt keine Altersgrenze und es benötigt oftmals die Initiative von Firmen und Betrieben die Mitarbeiter zu motivieren und dadurch zu Fachkräften auszubilden.
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  • Robert Hippeli
    Ich glaube an den so genannten "Fachkräftemangel" nur bedingt. Was die Wirtschaft meines Erachtens sucht sind billige Fachkräfte.

    Ein Beleg hier für sind für mich die Ländern in den man Fachkräfte sucht. Diese sind überwiegend Billiglohnländer.

    In Europa gibt es aktuell 7 Länder die eine Erwerbslosenquote > 7% haben. Zwei davon sogar > 10 %! (https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/EUArbeitsmarktMonat.html#:~:text=EU%2Dweit%20waren%20im%20Mai,Griechenland%20(11%2C3%20%25).)
    Diese europäischen Länder sind aus dem gleichen Kulturkreis und es gibt keine Einreisehürden. Aber, hier ist wohl das Lohngefüge zu gleich mit dem bei uns.

    Hier wäre auch das Ausbildungsniveau ähnlich wie bei uns und es führt nicht so schnell zu Diskreditierungen von deutschen Arbeitskräften die mühevoll und regelkonform sich aus- und weitergebildet haben!
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  • Helga Scherendorn
    wo früher ein Hauptschulabschluss gereicht hat, braucht man heute mindestens einen Realabschuss und es wird den Leuten viel zu einfach gemacht nichts zu arbeiten, das muss aufhören! Wer nichts arbeitet, sollte auch kein Geld bekommen
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  • Matthias Braun
    Das sind veraltete Ansichten Frau Scherendorn . Man kann eine Elektriker/Elektroniker Ausbildung auch mit einem Hauptschulabschluss machen. Wer Ausbildung und Meisterprüfung hat kann heutzutage auch studieren und Meister werden z.B. auch in Berufsschulen eingesetzt. Was sie meinen und ansprechen war vielleicht mal in der Vergangenheit anders, hat sich aber zum Glück geändert. Entscheidend ist heutzutage der Wille etwas erlernen zu wollen und nicht die Schulnoten aus der Vergangenheit.
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  • Marion Both
    Viele ältere Mitarbeiter steigen so schnell wie möglich aus dem Job aus. Immer mehr Beschäftigte in vielen Branchen sind schon im Tagesgeschäft, das man von Ihnen erwartet, über der Leistungsgrenze. Nicht genug Personal für Urlaubs- und Krankheitsvertretungen, ständig steigende Anforderungen durch immer mehr interne Prozesse, fehlende Wertschätzung für geleistete Arbeit, Vorgesetzte, die nicht mehr führen können und vieles mehr. Auf Beschäftigte, die nach schweren Krankheiten zurück kommen, wird keine Rücksicht genommen. Entweder volle Leistung oder man will sie loswerden. Trotz langjähriger Erfahrung und Routine im Geschäft. Man handelt, wie wenn es Fachkräfte regnen würde und verschleißt bereits den Nachwuchs, der noch Jahrzehnte arbeiten muss. Man beachte die Zunahme der psychischen Erkrankungen. Herr Brossardt, schaffen Sie Arbeitsplätze, bei denen die Leute nicht ihre Gesundheit aufs Spiel setzen müssen. Dann wird auch länger gearbeitet.
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  • Matthias Kemmer
    Der Hype um das Überthema "Kommunikation" treibt mich in die Verzweiflung. Die Energie wird allzu oft darauf verwendet drüber zu reden anstatt das Problem zu lösen. Bei aller Notwendigkeit den Mitarbeiter mitzunehmen: er würde es auch zu schätzen wissen, wenn die Schwierigkeiten an seinem Arbeitsplatz einfach mal beseitigt würden.

    Für meinen Bereich kann ich noch dazu sagen, dass die Digitalisierung völlig aus dem Ruder läuft: anstatt die Arbeitsprozesse schneller und geräuschloser ablaufen zu lassen, muss ich mich als ungelernter Endanwender noch mit den Funktionalitäten der Programmierung herumschlagen.
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  • Hubert Endres
    Einführung einer Arbeitspflicht und neue Steuerklassen, welche gerade im Niedrigsektor dem Arbeitnehmer viel mehr übrig lassen. Außerdem die Staatsquote ändern. Wir haben ca. 50 % Arbeitnehmer, welche " unproduktiv " sind, also durch aufgeblähte Verwaltungen, Bürokratie usw. entstanden sind. Auch sollte eine 30 Stunden für die Wohlfühlgeneration zum vollen Lohnausgleich nur noch Fantasie sei. Außerdem Schritte einleiten, welche gerade Griechenland wieder zu einem Musterschüler gemacht hat. Wir sind in unserem Land gerade am absteigen, in jeder Hinsicht.
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  • Andreas Neinhardt
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  • Matthias Braun
    Eine Erhöhung der Arbeitszeit auf 12 h wie Herr Brosshard fordert löst das Problem auch nicht. Längere Arbeitszeiten sind für mich direkt proportional zu höheren gesundheitlichen Problemen, mehr Arbeitsunfällen... 12h kann man nur kurzfristig arbeiten aber nicht über einen längeren Zeitraum.
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  • Matthias Braun
    Fachkräfte Mangel heißt in allen Bereichen. Wenn jetzt weniger studieren und stattdessen einen Beruf erlernen löst es das Problem vermutlich auch nicht. Es entsteht dann ggf. ein Mangel bei den höher qualifizierten Berufen. Man muss es auch schaffen jüngere Menschen ohne Qualifikationen oder mit geringen Qualifikationen entsprechend auszubilden und in den Arbeitsmarkt zu integrieren . Ich bin mir sicher,dass ein bestimmter Teil hier durchaus qualifiziert werden kann.Das halte ich ggf. für sinnvoller als ältere Menschen länger zu beschäftigen. Wer 45 Jahre gearbeitet hat, der hat sich seinen Ruhestand auch verdient.
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